Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen einer unverheirateten Frau für eine heterologe Befruchtung keine außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Aufwendungen einer unverheirateten Frau für die Durchführung einer heterologen Befruchtung sind - anders als bei einer verheirateten Frau - mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

2) Eine künstliche Befruchtung stellt keine Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer psychischen Erkrankung dar.

 

Normenkette

GG Art. 6; SGB V § 27a; EStG § 33

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.07.2005; Aktenzeichen III R 30/03)

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob Aufwendungen für eine heterologe Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sind.

Nach Angaben der Klägerin (Klin.) kennt sie ihren jetzigen Lebenspartner, mit dem sie nicht verheiratet ist, seit dem Jahr 1995. Seit dem Jahr 1996 wünschten sich beide ein gemeinsames Kind. Ab März 1997 lebten sie in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Im November 1999 wurde die bisherige Ehe der Klin. geschieden.

In den Jahren 1999 und 2000 unterzog sich die Klin. mehrerer ärztlicher Behandlungen, da sie auf natürlichem Wege kein Kind erlangen konnte. Diese Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung machte sie mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2000 als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG geltend. Diesem Antrag entsprach das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung für das Kalenderjahr 2000 durch Bescheid vom 31.01.2001 nicht.

Der hiergegen eingelegte Einspruch der Klin. blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung des Finanzamtes vom 26.10.2001 ist im Wesentlichen ausgeführt, gem.

§ 33 Abs. 1 EStG werde die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwüchsen. Krankheitsbedingte Maßnahmen und die dadurch veranlassten Aufwendungen seien regelmäßig aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, soweit sie entweder der Heilung dienten oder den Zweck verfolgten, die Krankheit erträglich zu machen und ihre Folgen zu lindern. Die Empfängnisunfähigkeit einer unverheirateten Frau sei keine Krankheit in diesem Sinne. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setze eine Krankheit einen anormalen, regelwidrigen (körperlichen, geistigen oder seelischen) Zustand voraus. Der Begriff der Krankheit erschöpfe sich darin jedoch nicht. Ob eine Krankheit in diesem Sinne vorliege, hänge auch von der Auffassung der Gesellschaft und der jeweiligen Rechtskultur ab, die regelwidrige körperliche Zustände oder Erscheinungen in einer dem geschichtlichen Wandel unterworfenen Weise unterschiedlich bewerte. Die Empfängnisunfähigkeit einer verheirateten Frau sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als Krankheit anzusehen, da sie diese an der Entfaltung ihrer Persönlichkeit in der Ehe in erheblichem Umfang hindere. Die Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung einer unverheirateten empfängnisunfähigen Frau entstünden dagegen nicht zwangsläufig. Der Bundesfinanzhof stütze seine steuerrechtliche Bewertung der Empfängnisunfähigkeit einer verheirateten Frau auf Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Das Recht, Nachkommen zu gebären, gehöre zum Kernbereich des Grundrechtes der freien Entfaltung der Persönlichkeit und werde in erster Linie im Rahmen der Ehe verwirklicht, die durch Artikel 6 Abs. 1 GG dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung unterstellt sei. Während sich die verheiratete empfängnisunfähige Frau in einer durch die Ehe begründeten tatsächlichen Zwangslage befinde, sei dies bei einer unverheirateten Frau nicht der Fall, die freiwillig auf die unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes stehende Ehe verzichtet habe. Die Kinderlosigkeit unverheirateter Paare führe daher nicht zu einer behandlungsbedürftigen Krankheit im steuerrechtlichen Sinne. Diese Auffassung werde gestützt durch die Tatsache, dass Maßnahmen einer künstlichen Befruchtung von den gesetzlichen Krankenkassen nur dann getragen würden, wenn die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollten, miteinander verheiratet seien. Da die Empfängnisunfähigkeit einer unverheirateten Frau steuerrechtlich nicht als Krankheit anzusehen sei, stellt die Maßnahme einer künstlichen Befruchtung keine Heilbehandlung dar.

Die Aufwendungen seien der Klin. auch nicht aus anderen – psychischen Krankheitsgründen – zwangsläufig erwachsen. Die Klin. habe ihre Behauptung, die konkrete psychische Erkrankung habe schon während der Sterilitätstherapie vorgelegen, nicht nachgewiesen.

Gegen diese Einspruchsentscheidung hat die Klin. Klage erhoben. Hiermit macht sie weiterhin die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG geltend. Zur Begründung trägt sie vor, der Bundesfinanzhof habe in seiner bisherigen R...

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