Leitsatz (amtlich)

Kosten für die krankheitsbedingte Unterbringung in ein Alters(wohn)heim sind -abzüglich der Haushaltsersparnis und der Pflegezulage nach § 35 BVG - als außergewöhnliche Belastung abziehbar (Fortführung des Senatsurteils vom 29.9.1989, IIIR 129/86, BStBl II1990, S. 418 = INF 1990, S. 114).

 

Sachverhalt

Der 1922 geborene Kläger bezog im Streitjahr 1997 als Pensionär Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er ist im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit den Merkmalen "G", "aG" und "H". In seiner ESt-Erklärung für 1997 machte er Aufwendungen für seine Unterbringung in einem Wohnstift von 30 060 DM (42 060 DM ./. 12 000 DM Haushaltsersparnis) als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend. Die Heimkosten betrugen rd. 3 500 DM monatlich. Zusätzlich fielen Nebenkosten an.

Eine staatliche Beihilfe wurde dem Kläger nicht gezahlt. Im Einspruchsverfahren legte er einen Bescheid des Versorgungsamts vom 17.8.1990 vor, in dem ihm ab dem 1.6.1990 wegen verstärkter Hilflosigkeit eine Pflegezulage nach Stufe II bewilligt wurde. Er brachte vor, er sei 1991 nicht aus Altersgründen in das Wohnstift gezogen, sondern ausschließlich, um seine Behinderung bzw. Krankheit erträglicher zu gestalten. Als Kriegsbeschädigtem mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 % komme ihm die Struktur des Wohnstifts sehr entgegen. Als Gesundem wären ihm die angefallenen Kosten nie entstanden. Das Finanzamt gewährte lediglich den Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG für hilflos Behinderte von 7 200 DM sowie einen Pflegepauschbetrag gemäß § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG von 1 800 DM. Eine Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen nach § 33 Abs. 1 EStG lehnte das Finanzamt ab. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen[2]. Zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung rechnen regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim[3]. Allerdings kann auch im Falle der Heimunterbringung der Tatbestand des § 33 EStG ausnahmsweise erfüllt sein, wenn der dortige Aufenthalt ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist. Denn zu den Krankheitskosten gehören nicht nur die Aufwendungen für medizinische Leistungen im engeren Sinn, sondern auch solche für eine krankheitsbedingte Unterbringung. Hat sich ein Steuerpflichtiger aus Altersgründen für eine Heimunterbringung entschieden und ist er nur in dem bei Personen seines Alters üblichen Umfang pflegebedürftig, sind nur die Aufwendungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen, die für die Unterbringung in der Pflegestation eines Heims anfallen oder die dem Steuerpflichtigen zusätzlich zu dem Pauschalentgelt für die Unterbringung und eine eventuelle Grundpflege infolge Krankheit oder Pflegebedürftigkeit entstehen. Eine Aufteilung des Pauschalpreises in übliche, als Kosten der Lebensführung zu behandelnde Unterbringungskosten und außergewöhnliche Krankheits- bzw. Pflegekosten kommt nicht in Betracht. Bei Übersiedlung in ein Altenwohnheim infolge einer Krankheit gelten diese Einschränkungen hingegen nicht.

Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Kläger leidet i.S. des § 33 EStG an einer Krankheit; denn die Oberarm- und Unterschenkelamputation stellt einen regelwidrigen körperlichen Zustand dar, der im Übrigen auch zur Anerkennung der Merkmale "H" und "aG" im Schwerbehindertenausweis geführt hat. Ob ausschließlich die Krankheit für den Einzug des Klägers in das Wohnstift 1991 maßgebend war, hat das FG nicht geprüft. Insoweit wird es die notwendigen tatsächlichen Feststellungen nachzuholen haben. Sind die dem Kläger entstandenen Aufwendungen für die Heimunterbringung danach als Krankheitskosten nach § 33 EStG zu berücksichtigen, so ist zu beachten, dass diese nur insoweit als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, als dem Steuerpflichtigen zusätzliche Aufwendungen erwachsen. Es sind lediglich die gegenüber der normalen Lebensführung entstehenden Mehraufwendungen abziehbar, d.h. ersparte Aufwendungen mindern den im Rahmen des § 33 EStG anzusetzenden Betrag. Entsprechend sind Unterbringungskosten um eine Haushaltsersparnis, die der Höhe nach den ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten entspricht, zu kürzen[4]. Zudem sind die Aufwendungen um die dem Kläger gewährte Pflegezulage nach § 35 BVG zu mindern, da die Zulage mit den geltend gemachten Aufwendungen insoweit zusammenhängt, als die Ersatzleistung durch den Aufwand ausgelöst wird[5]. Wesentliche Ursache für die Entstehung der Kosten für die Unterbringung im Altersheim ist die kriegsfolgenbedingte Hilflosigkeit des Klägers, die wiederum Voraussetzung für die Zahlung einer Entschädigung nach § 35 Abs. 1 BVG ist...

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