Leitsätze (amtlich)

  1. Ob zwischen dem Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen und der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ein konkreter Zusammenhang besteht, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.
  2. Aufwendungen für einen Sprachkurs können insbesondere dann beruflich veranlasst sein, wenn bereits die nächste Stufe des beruflichen Fortkommens des Steuerpflichtigen Fremdsprachenkenntnisse erfordert.
  3. Auch wenn der Sprachkurs nur Grundkenntnisse vermittelt, die vom Steuerpflichtigen angestrebte berufliche Tätigkeit jedoch qualifizierte Fremdsprachenkenntnisse erfordert, können die Aufwendungen für den Sprachkurs Werbungskosten sein.
 

Sachverhalt

Der Kläger war als Maschinenbautechniker bei einer Tochtergesellschaft eines französischen Konzerns mit Konstruktions- und Produktionsstätten in Deutschland tätig. In seiner ESt-Erklärung für 1991 machte er u.a. 1 811 DM als Werbungskosten für einen bei einer Sprachschule absolvierten Französisch-Grundkurs bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Aufwendungen für einen Lehrgang, durch den Grundkenntnisse einer Fremdsprache vermittelt werden, sind als Werbungskosten abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Dazu bedarf es der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls[1]. Aufwendungen zum Erwerb von Grundkenntnissen in einer Fremdsprache können dann als Werbungskosten anzuerkennen sein, wenn die angestrebte berufliche Tätigkeit - gegebenenfalls qualifizierte - Fremdsprachenkenntnisse erfordert und der Erwerb von Grundkenntnissen die Vorstufe zum Erwerb qualifizierter Fremdsprachenkenntnisse darstellt oder für die angestrebte berufliche Tätigkeit Grundkenntnisse der betreffenden Fremdsprache ausreichen. Dies gilt jedenfalls in dem Fall, in dem bereits für die nächste Stufe des beruflichen Fortkommens des Steuerpflichtigen Kenntnisse einer bestimmten Fremdsprache erforderlich sind, unabhängig davon, ob es sich um eine gängige oder um eine weniger gebräuchliche Fremdsprache handelt.

Der Senat[2] hat angenommen, ein ausreichender Bezug des Erwerbs von Sprachkenntnissen zur Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen könne solange nicht angenommen werden, als der subjektive Wunsch nach einer beruflichen Veränderung sich nicht durch eine Bewerbung hinreichend konkretisiert habe. Daran hält der Senat nicht mehr fest. Einer Bewerbung kann zwar eine indizielle Bedeutung dafür zukommen, dass das Erlernen einer Fremdsprache im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit erfolgt ist, für die sich der Steuerpflichtige beworben hat. Einer -vorangegangenen - Bewerbung bedarf es jedoch zumindest dann nicht, wenn diese mangels der erforderlichen Sprachkenntnisse von vornherein erfolglos wäre. Zudem kommt einem Indiz dann keine ausschlaggebende Bedeutung zu, wenn ein Sachverhalt bereits aus anderen Gründen mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann.

Hätte der Kläger bei einem für ihn möglichen beruflichen Aufstieg vom Maschinenbautechniker zum qualifizierten CAD-Techniker - wie behauptet - an wöchentlich mindestens einmal stattfindenden Besprechungen in französischer Sprache teilnehmen müssen, bestünde ein konkreter sachlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Französischkenntnisse und der vom Kläger in seinem bisherigen Betätigungsfeld als nächstes angestrebten höher qualifizierten beruflichen Tätigkeit. Es würde sich somit bei den fraglichen Aufwendungen um Werbungskosten handeln. Dem stünde nicht entgegen, dass das vom Kläger angestrebte berufliche Fernziel, Leiter der Logistik zu werden, eine vorübergehende Auslandstätigkeit und damit auch französische Sprachkenntnisse vorausgesetzt hätte. Macht bereits die nächste Stufe des in Deutschland angestrebten beruflichen Fortkommens die Teilnahme an Besprechungen in französischer Sprache erforderlich, wird die berufliche Veranlassung der Teilnahme an dem Französisch-Sprachkurs nicht dadurch verdrängt, dass der Kläger bei dem von ihm darüber hinaus angestrebten beruflichen Aufstieg zum Leiter der Logistik eine vorübergehende Auslandstätigkeit hätte in Kauf nehmen müssen, bei der er in Deutschland nicht steuerbare oder zumindest steuerfreie Einnahmen erzielt hätte.

Das FG wird danach Feststellungen dazu zu treffen haben, ob der Kläger seinerzeit bei einer für ihn möglichen Höherqualifikation im bisherigen Betätigungsfeld zum CAD-Techniker an Besprechungen in französischer Sprache hätte teilnehmen müssen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 10.4.2002 – VI R 46/01

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen