Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die berufliche Veranlassung der Aufwendungen für einen Sprachkurs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ob zwischen dem Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen und der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ein konkreter Zusammenhang besteht, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.

2. Aufwendungen für einen Sprachkurs können insbesondere dann beruflich veranlasst sein, wenn bereits die nächste Stufe des beruflichen Fortkommens des Steuerpflichtigen Fremdsprachenkenntnisse erfordert.

3. Auch wenn der Sprachkurs nur Grundkenntnisse vermittelt, die vom Steuerpflichtigen angestrebte berufliche Tätigkeit jedoch qualifizierte Fremdsprachenkenntnisse erfordert, können die Aufwendungen für den Sprachkurs Werbungskosten sein.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) für einen im Inland absolvierten Französisch-Sprachkurs als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.

Der Kläger war als Maschinenbautechniker bei der Firma S tätig. Die Firma gehört zu einem französischen Konzern, der in Deutschland über Konstruktions- und Produktionsstätten verfügt. In seiner Einkommensteuererklärung für 1991 machte der Kläger u.a. Aufwendungen in Höhe von 1 811 DM für einen bei einer Sprachschule absolvierten Französisch-Grund-Kurs als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) versagte den Werbungskostenabzug mit der Begründung, eine berufliche Veranlassung der Aufwendungen sei nicht erkennbar bzw. nicht nachgewiesen.

Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus, Aufwendungen für einen Sprachkurs beträfen grundsätzlich die allgemeine Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG― (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 22. Juli 1993 VI R 103/92, BFHE 171, 552, BStBl II 1993, 787). Viele Menschen erlernten Grundkenntnisse einer gängigen Fremdsprache, ohne diese Kenntnisse beruflich zu verwenden, sondern um eine persönliche Bereicherung zu erfahren und ihre Bildung zu erweitern. Beim Erwerb von Grundkenntnissen in einer gängigen Fremdsprache könne deshalb typisierend nur und erst dann angenommen werden, dass die beruflichen Interessen diejenigen der allgemeinen Lebensführung bei weitem überwögen, wenn zwischen der jeweiligen Fremdsprache und der beruflichen Tätigkeit ein konkreter sachlicher und ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehe (Hinweis auf BFH-Urteile vom 26. November 1993 VI R 67/91, BFHE 172, 574, BStBl II 1994, 248; vom 24. April 1992 VI R 141/89, BFHE 167, 525, BStBl II 1992, 666). Im Streitfall sei die Einstellung des Klägers nicht unter der Voraussetzung erfolgt, dass er über Französisch-Kenntnisse verfüge oder diese zu erwerben habe. Der Arbeitgeber habe zu den Kosten des Anfängersprachkurses auch keinen Zuschuss gezahlt.

Der vom Kläger angestrebte Aufstieg zum Leiter der Logistik in einem deutschen Werk sei zudem lediglich über eine vorübergehende Tätigkeit im Ausland, etwa in Belgien oder Frankreich, erreichbar gewesen. Die Ausgaben für den Sprachkurs stünden deshalb mit in Belgien oder in Frankreich zu erzielenden und deshalb nicht steuerbaren oder zumindest steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang. Sie dürften somit nicht als Werbungskosten abgezogen werden (Hinweis auf BFH-Urteil vom 20. Juli 1973 VI R 198/69, BFHE 110, 47, BStBl II 1973, 732).

Ein hinreichend konkreter sachlicher Zusammenhang zwischen dem Besuch des Französisch-Grundkurses und der vom Kläger für die ferne Zukunft angestrebten Tätigkeit als Leiter der Logistik in einem deutschen Werk sei nicht gegeben. Soweit für das berufliche Weiterkommen des Klägers eine Teilnahme an mindestens einmal wöchentlich stattfindenden Besprechungen in französischer Sprache erforderlich gewesen sein sollte, fehle es deshalb an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Besuch des Französisch-Grundkurses und der Berufstätigkeit des Klägers, weil dessen Wunsch nach einer beruflichen Veränderung sich nicht bereits durch eine Bewerbung hinreichend konkretisiert habe.

Die Aufwendungen für den Sprachkurs könnten auch nicht als Ausbildungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abgezogen werden. Wegen des konkreten Zusammenhangs mit der vorrangig ins Auge gefassten Auslandstätigkeit seien diese Kosten als nicht abziehbare Fortbildungskosten zu werten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 167, 525, BStBl II 1992, 666).

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision, mit der er u.a. die Verletzung materiellen Rechts rügt. Der Kläger trägt vor, für die Weiterqualifikation vom Maschinenbautechniker zum CAD-Techniker und ggf. Gruppenleiter habe es eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes nicht bedurft, wohl aber französischer Sprachkenntnisse. Schon für die ersten Zwischenschritte des beruflichen Fortkommens, die Höherqualifikation im Betätigungsfeld, seien Französischkenntnisse erforderlich gewesen. Bereits die Position eines qualifizierten CAD-Technikers mache es erforderlich, Gespräche, Besprechungen und Korrespondenz in französischer Sprache zu führen.

Der Kläger beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1991 vom 13. Januar 1993 sowie der Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 1994 weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 1 811 DM anzuerkennen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, die Aufwendungen des Klägers für den Französisch-Sprachkurs seien auch dann nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn der Kläger bei einem beruflichen Aufstieg zum CAD-Techniker an mindestens einmal wöchentlich stattfindenden Besprechungen in französischer Sprache hätte teilnehmen müssen.

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nach der Rechtsprechung des BFH liegen Werbungskosten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht (BFH-Urteil vom 1. Oktober 1982 VI R 192/79, BFHE 136, 488, BStBl II 1983, 17; Beschlüsse vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105; vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213, 216). Es muss objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit bestehen und die Aufwendungen müssen subjektiv zur Förderung dieser Tätigkeit gemacht werden.

2. Aufwendungen für einen Lehrgang, durch den Grundkenntnisse einer Fremdsprache vermittelt werden, sind demnach dann als Werbungskosten abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht (BFH-Urteile in BFHE 172, 574, BStBl II 1994, 248, und in BFHE 167, 525, BStBl II 1992, 666). Dazu bedarf es der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. BFH-Urteile vom 16. Januar 1998 VI R 46/87, BFH/NV 1998, 851, und vom 31. Juli 1980 IV R 153/79, BFHE 131, 361, BStBl II 1980, 746, jeweils in Bezug auf die berufliche Veranlassung eines Auslandssprachkurses).

Aufwendungen zum Erwerb von Grundkenntnissen in einer Fremdsprache können dann als Werbungskosten anzuerkennen sein, wenn die angestrebte berufliche Tätigkeit ―ggf. qualifizierte― Fremdsprachenkenntnisse erfordert und der Erwerb von Grundkenntnissen die Vorstufe zum Erwerb qualifizierter Fremdsprachenkenntnisse darstellt oder für die angestrebte berufliche Tätigkeit Grundkenntnisse der betreffenden Fremdsprache ausreichen. Dies gilt jedenfalls in dem Fall, in dem bereits für die nächste Stufe des beruflichen Fortkommens des Steuerpflichtigen Kenntnisse einer bestimmten Fremdsprache erforderlich sind, unabhängig davon, ob es sich um eine gängige oder um eine weniger gebräuchliche Fremdsprache handelt.

3. Der Senat hat im Urteil in BFHE 172, 574, BStBl II 1994, 248 angenommen, ein ausreichender Bezug des Erwerbs von Sprachkenntnissen zur Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen könne jedenfalls solange nicht angenommen werden, als der subjektive Wunsch nach einer beruflichen Veränderung sich nicht durch eine Bewerbung hinreichend konkretisiert habe. Daran hält der Senat nicht mehr fest. Einer Bewerbung kann zwar eine indizielle Bedeutung dafür zukommen, dass das Erlernen einer Fremdsprache im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit erfolgt ist, für die sich der Steuerpflichtige beworben hat. Einer ―vorangegangenen― Bewerbung bedarf es jedoch zumindest dann nicht, wenn diese mangels der erforderlichen Sprachkenntnisse von vornherein erfolglos wäre.

Zudem kommt einem Indiz dann keine ausschlaggebende Bedeutung zu, wenn ein Sachverhalt bereits aus anderen Gründen mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, Deutsches Steuerrecht 2002, 489).

4. Hätte der Kläger bei einem für ihn möglichen beruflichen Aufstieg vom Maschinenbautechniker zum qualifizierten CAD-Techniker ―wie behauptet― an wöchentlich mindestens einmal stattfindenden Besprechungen in französischer Sprache teilnehmen müssen, bestünde ein konkreter sachlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Französischkenntnisse und der vom Kläger in seinem bisherigen Betätigungsfeld als nächstes angestrebten höherqualifizierten beruflichen Tätigkeit. Es würde sich somit bei den fraglichen Aufwendungen um Werbungskosten handeln. Dem stünde nicht der Umstand entgegen, dass das vom Kläger angestrebte berufliche Fernziel, Leiter der Logistik in einem inländischen Werk seines Arbeitgebers zu werden, eine vorübergehende Auslandstätigkeit und damit auch französische Sprachkenntnisse vorausgesetzt hätte. Macht bereits die nächste Stufe des in Deutschland angestrebten beruflichen Fortkommens die Teilnahme an Besprechungen in französischer Sprache erforderlich, wird die berufliche Veranlassung der Teilnahme an dem Französisch-Sprachkurs nicht dadurch verdrängt, dass der Kläger bei dem von ihm darüber hinaus angestrebten beruflichen Aufstieg zum Leiter der Logistik eine vorübergehende Auslandstätigkeit hätte in Kauf nehmen müssen, bei der er in Deutschland nicht steuerbare oder zumindest steuerfreie Einnahmen erzielt hätte.

5. Die Vorentscheidung ist von anderen Voraussetzungen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird Feststellungen dazu zu treffen haben, ob der Kläger seinerzeit bei einer für ihn möglichen Höherqualifikation im bisherigen Betätigungsfeld zum CAD-Techniker an Besprechungen in französischer Sprache hätte teilnehmen müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 749312

BFH/NV 2002, 1088

BStBl II 2002, 579

BFHE 198, 563

BFHE 2003, 563

BB 2002, 1470

DB 2002, 1418

DStR 2002, 1126

DStRE 2002, 863

HFR 2002, 788

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