Leitsätze (amtlich)

  1. Sowohl der Handel mit Grundstücken als auch derjenige mit Rechten unterfallen nicht dem Begriff "Lieferung von Waren" 1. S. des § 5 Satz 1 AIG.
  2. "Gewerbliche Leistungen" i.S. des § 5 Satz 1 AIG können nur solche Leistungen sein, die nicht "Lieferungen" sind.
 

Sachverhalt

Die Kläger, in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen, beteiligten sich in den Streitjahren 1984 und 1985 mit unterschiedlichen Einlagen an der S. Bei S handelte es sich um eine mit einer KG vergleichbare US-amerikanische Personengesellschaft. Die Kläger hatten in ihr die Stellung von Kommanditisten. S erwarb - wie vorgesehen - mit dem von den Gesellschaftern eingebrachten Kapital Immobilien in den USA. Sie renovierte diese Immobilien, wandelte sie in Eigentumswohnungen um und teilte sie überdies in "time-sharing-Einheiten" von jeweils 52 Wochen auf. Diese "time-sharing-Einheiten" veräußerte sie anschließend an in den USA ansässige Interessenten. Die Käufer erwarben hierbei ein befristetes Nutzungsrecht an einer Wohnung, das sie entweder selbst ausüben oder in einen Pool einlegen und verwerten lassen konnten. Der S gelang es jedoch nicht, Gesellschafterkapital in dem ursprünglich vorgesehenen Umfang zu werben. 1988 wurde S aufgelöst, nachdem sämtliche Anleger gegen eine Abfindung aus der Gesellschaft ausgeschieden waren. Die Kläger beantragten beim Finanzamt, ihre in den Streitjahren 1984 und 1985 entstandenen Verluste an der S einheitlich und gesondert festzustellen. Das Finanzamt lehnte dies ab. Die Klage blieb im Wesentlichen erfolglos[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

  1. Das FG ist stillschweigend davon ausgegangen, dass die Einkünfte der Kläger aus ihrer Beteiligung an der S nach dem DBA-USA 1954/65[2] von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer auszunehmen sind und dass deshalb Verluste aus dieser Beteiligung nicht in die Steuerbemessungsgrundlage eingehen. Das ist zutreffend, da es sich bei diesen Einkünften entweder um solche aus unbeweglichem Vermögen[3] oder um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt, die einer Betriebsstätte der Kläger in den USA[4] zuzurechnen sind. In beiden Fällen dürfen sie nach dem DBA-USA in den USA besteuert werden, was zur Folge hat, dass sie in Deutschland nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden dürfen[5].
  2. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG können bis zum VZ 1989 unter bestimmten Voraussetzungen Verluste aus einer ausländischen Betriebs stätte (auch dann) bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden, wenn die Einkünfte aus der betreffenden Betriebsstätte nach einem DBA von der Einkommensteuer zu befreien sind.

Nach § 5 AIG in der für die Streitjahre geltenden Fassung ist § 2 AIG nur dann anwendbar, wenn es um Einkünfte aus einer Betriebsstätte im Ausland geht, die ausschließlich oder fast ausschließlich bestimmte, vom Gesetzgeber als förderungswürdig angesehene Tätigkeiten zum Gegenstand hat. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.

§ 5 Satz 1 AIG zählt zu den begünstigten Tätigkeiten u.a. die "Herstellung oder Lieferung von Waren". Um beides handelt es sich indessen bei der Tätigkeit der S nicht. Der Begriff "Ware" ist durch die Definition in § 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB a.F. geprägt. Hiernach sind Waren nur die beweglichen Sachen, also körperliche Gegenstände[6], die nicht Grundstücke sind. An diese Begriffsbestimmung hat sich der Gesetzgeber in § 5 AIG angelehnt. Hieraus folgt, dass sowohl der Handel mit Grundstücken als auch derjenige mit Rechten vom Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 AIG ausgenommen sind. Der Senat vermag nicht der Ansicht der Kläger zu folgen, dass diese Beurteilung nach InKraft-Treten des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22.6.1998[7] in Zweifel zu ziehen sei.

Die Tätigkeit der S hätte deshalb nur dann zu nach § 2 AIG begünstigten Einkünften der Kläger geführt, wenn es sich hierbei um eine "Bewirkung gewerblicher Leistungen" i.S. des § 5 Satz 1 AIG gehandelt hätte. Das ist jedoch ebenfalls nicht der Fall. "Bewirkung gewerblicher Leistungen" in diesem Sinne ist nicht jegliche Tätigkeit, die zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt. Vielmehr meint das Gesetz hiermit nur solche Tätigkeiten, die nicht in der Herstellung oder Lieferung von Wirtschaftsgütern bestehen.

Im Streitfall stellt sich die Tätigkeit der S als Handelstätigkeit i.S. von "Liefergeschäften" dar. S hat die erworbenen Immobilien lediglich aufgeteilt und weiter veräußert. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie darüber hinaus -entweder den Erwerbern oder Dritten gegenüber - zusätzliche, von den Lieferungen abzugrenzende Leistungen erbracht hätte.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 18.7.2001 – I R 70/00

[2] BStBl I1965, S. 219
[3] Vgl. Art IX Abs. 1 DBA-USA 1954/65
[4] Vgl. Art. III Abs. 1 Satz 2 DBA-USA 1954/65
[5] Vgl. Art. XV Abs. 1 Buchst b Nr. 1 Doppelbuchst. aa Sätze 1 und 2 DBA-USA 1954/65
[6] Vgl. § 90 BGB
[7] BGBl I1998, S. 1474

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