Leitsatz

Wird ein Grundstück schenkungsweise übertragen und verpflichtet sich der Beschenkte dabei, an einen Dritten ein sog. Gleichstellungsgeld zu zahlen, liegt bezüglich des Grundstücks eine gemischte Schenkung zugunsten des Beschenkten und bezüglich des Gleichstellungsgeldes eine Forderungsschenkung zugunsten des Dritten vor.

 

Sachverhalt

T war Eigentümerin zweier Grundstücke. Eines der Grundstücke übertrug sie am 14.12.1994 auf ihren Neffen (N 1), der verpflichtet war, an seinen Bruder (N 2) ein Gleichstellungsgeld von 400 000 DM zu zahlen. Mit gleichlautendem Vertrag vom 7.2.1995 übertrug T das andere Grundstück auf N 2 mit der Maßgabe, dass dieser ebenfalls ein gleich hohes Gleichstellungsgeld an N 1 zu zahlen hatte. Das Finanzamt sah in den Übertragungen der Grundstücke gegen Zahlung von Gleichstellungsgeldern jeweils gemischte Schenkungen und in den Begünstigungen durch die Leistungsauflagen jeweils weitere Schenkungen der T gegenüber dem jeweils nicht am Vertragsabschluss beteiligten Bruder. Dieser Auffassung sind das FG und der BFH gefolgt.

 

Entscheidung

T hat ihren Neffen die Grundstücke jeweils zu Alleineigentum übertragen. Deren dabei eingegangene Verpflichtung, ein Gleichstellungsgeld zu zahlen, ändert daran nichts. Eine möglicherweise abweichende ertragsteuerrechtliche Beurteilung[1] wäre schenkungsteuerrechtlich unbeachtlich. Schenkungsteuerrechtlich ist eine Vermögensübertragung, die mit der Verpflichtung des Übernehmers verbunden ist, anderen ein Gleichstellungsgeld zu zahlen, das hinter dem Wert des übertragenen Vermögens zurückbleibt, als gemischte Schenkung zu beurteilen. Der schenkungsteuerrechtlich relevante Wert gemischter Schenkungen ist nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Beschenkten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers zu berechnen.

Zusätzlich hat T durch die Auflage, ein Gleichstellungsgeld zu zahlen, weitere freigebige Zuwendungen an den dadurch jeweils Begünstigten bewirkt. Gegenstand dieser weiteren Zuwendungen ist der jeweils für den Bruder begründete Anspruch auf dieses Geld. Zivilrechtlich liegen wegen des Gleichstellungsgeldes Verträge zu Gunsten Dritter gemäß § 328 BGB vor. Der begünstigte Bruder erwirbt dabei gemäß § 330 Satz 2 BGB unmittelbar das Recht, das Gleichstellungsgeld vom Versprechenden zu fordern.

 

Praxishinweis

Soweit T steuerlich beraten wurde, ist sie falsch beraten worden. Erbschaftsteuerrechtlich zählt nicht das wirtschaftlich Gewollte oder der wirtschaftliche Erfolg. Maßgebend ist vielmehr allein die zivilrechtliche Gestaltung. Diese schließt die Annahme aus, die beiden innerhalb weniger Wochen abgeschlossenen Verträge seien als wirtschaftliche Einheit anzusehen. Hätte T ihren beiden Neffen die Grundstücke ohne die Auflage, ein Gleichstellungsgeld zu zahlen, geschenkt, hätte sie nicht nur das wirtschaftlich identische Ergebnis herbeigeführt, sondern zudem ihren Neffen erhebliche Steuerzahlungen erspart.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.10.2002, II R 71/00

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen