Gegenseitige Abhängigkeit

Häufig treffen Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament ihre Verfügungen jeweils im Hinblick auf die Verfügung des anderen. Hierdurch soll eine so starke Abhängigkeit der Verfügungen voneinander geschaffen werden, dass beide Verfügungen "miteinander stehen und fallen". Der Bestand der Verfügung des einen ist dann von der Wirksamkeit der Verfügung des anderen abhängig: Die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung hat die Unwirksamkeit der anderen zur Folge (§ 2270 Abs. 1 BGB).

Was bedeutet "Wechselbezüglichkeit"?

Wechselbezüglich ist eine Verfügung nach § 2270 Abs. 3 BGB nur dann, wenn es um Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen geht. Ferner bestimmt Art. 16 IntErbRVG[1], dass sich eine Wechselbezüglichkeit auch auf die Wahl des anzunehmenden Erbrechts erstrecken kann.

Auslegungsregel

Fehlt es an einer eindeutigen Festlegung der Wechselbezüglichkeit, muss durch Auslegung ermittelt werden, ob und welche Verfügungen wechselbezüglich sein sollen. Dabei sind der Inhalt der Erklärungen und alle Nebenumstände in die Prüfung mit einzubeziehen. Entscheidend ist der übereinstimmende Wille beider Ehegatten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung.[2] Bleibt auch nach dem Versuch der Auslegung nach allgemeinen Regeln unklar, was gewollt ist, ist die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB heranzuziehen: Eine Wechselbezüglichkeit der Verfügungen zueinander ist danach im Zweifel anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahesteht.[3]

 
Hinweis

Änderbarkeit durch überlebenden Ehegatten

Der überlebende Ehegatte, der im gemeinschaftlichen Testament zum Alleinerben eingesetzt war, hat häufig den Wunsch und meist auch berechtigte Gründe, später noch einmal abweichend vom darin geäußerten Willen zu testieren. Doch hier bestehen Grenzen. Die Ehegatten sollten sich daher bei der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments stets der erbrechtlichen Bindungswirkung gemäß §§ 2270, 2271 BGB bewusst sein und daher auch Regelungen zur Änderbarkeit durch den überlebenden Ehepartner erwägen.[4]

[1] Gesetz zum internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie Änderung sonstiger Vorschriften v. 29.6.2015, BGBl 2015 I S. 1042.
[3] Ausführlich dazu Goldkamp, ErbR 2023, 828; Keim, DNotZ 2020, 805; Zimmer, ZEV 2015, 450.

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