Anspruch auf Sicherung

Hier geht es – im Gegensatz zu § 131 InsO – um eine Sicherung oder Befriedigung, auf genau die der Gläubiger einen Anspruch hatte, die also mit dem Anspruch übereinstimmend ("kongruent") war. Die – mitunter schwierige – Abgrenzung zwischen kongruenter und inkongruenter Deckung ist deswegen wichtig, weil der Gläubiger bei der kongruenten Deckung schutzwürdiger und die Insolvenz­anfechtung daher erschwert ist.

 
Praxis-Beispiel

Kongruente Deckung

Um eine kongruente Deckung handelt es sich etwa, wenn der Gläubiger einen Vorschuss verrechnet, den er seinerzeit zur Sicherung einer bereits entstandenen, aber noch nicht fälligen Forderung erhalten hat.[1] Verrechnungen im Bankkontokorrent sind kongruent, soweit die Bank ihren Kunden (den späteren Insolvenzschuldner) vereinbarungsgemäß wieder über die Eingänge verfügen lässt, insbesondere eine Kreditlinie offen hält.[2] Auch hinreichend klar gefasste Globalzessionen werden als kongruente Deckungen angesehen[3], ebenso erweiterte und verlängerte Eigentumsvorbehalte.[4]

Vorsicht bei "Druckzahlungen"

Anders kann die Lage jedoch sein, wenn der Schuldner zur Abwendung eines vom Gläubiger angedrohten Insolvenzverfahrens zahlt: In einem solchen Fall nimmt der BGH[5] eine inkongruente Deckung und damit auch ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und eine Kenntnis des Gläubigers hiervon an.[6] Wurde die Zahlung einer Geldstrafe durch Androhung von Zwangsmaßnahmen erzwungen, so handelt es sich um eine inkongruente Deckung.[7]

Unterschieden wird bei § 130 InsO zwischen Rechtshandlungen vor und nach Insolvenzantragstellung:

Voraussetzungen

Anfechtbar ist danach eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht,

  1. wenn sie in den letzten 3 Monaten vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und der Gläubiger dies wusste

    oder

  2. wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

Die Anfechtung ist hier also lediglich beim Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit möglich.

Kenntnis vermutet

Die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen, genügt als subjektive Voraussetzung für die Anfechtung (§ 130 Abs. 2 InsO). Dabei kann der Gläubiger auch aufgrund von Presseberichten den Umständen nach gehalten sein, sich nach der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu erkundigen.[8] Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (z. B. Ehegatte, Verwandte, Lebensgefährte, vgl. § 138 InsO[9]), wird sogar vermutet, dass sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte (§ 130 Abs. 3 InsO). Der nichteheliche Partner des Schuldners gehört nicht zu den nahestehenden Personen.[10]

[1] BGH, Urteil v. 22.12.1982, VIII ZR 214/81, NJW 1983 S. 887.
[6] Umfassend dazu Rendels, ZIP 2004, S. 1289.
[7] BGH, Urteil v. 14.10.2010, IX ZR 16/10, NZI 2011 S. 189, dazu Schmidt, JuS 2011, S. 268.
[9] Vgl. dazu ausführlich Biehl, FamRZ 2001, S. 745.

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