Leitsatz

Langjährige Verluste aus selbständiger Arbeit lassen bei einem bildenden Künstler, der als solcher sowohl selbständig als auch nichtselbständig tätig ist und aus seiner künstlerischen Tätigkeit insgesamt positive Einkünfte erzielt, noch nicht auf eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht schließen.

 

Sachverhalt

Der an Hochschulen ausgebildete Maler und Grafiker war durchgehend selbständig tätig; darüber hinaus über längere Zeiten im Angestelltenverhältnis bei gemeinnützigen Vereinen mit künstlerischen Projekten u.ä. befasst. Von 1984 bis 1995 erzielte er Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit von rd. 616 000 DM (ohne Arbeitslosengeld) und aus selbständiger Tätigkeit von rd. 59 800 DM (netto). Seine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit waren – mit Ausnahme eines Gewinns im Jahr 1988 von 1 322 DM – negativ. Im Streitjahr 1995 betrugen der Verlust aus selbständiger Arbeit 22 593 DM und die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit 89 561 DM. Finanzamt und -gericht erkannten die Verluste wegen Liebhaberei nicht an.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH steht dem Künstler dem Grunde nach der Ausgleich seines Verlusts aus selbständiger Arbeit mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu. Wegen der Eigenart künstlerischen Schaffens fehlt die Einkünfteerzielungsabsicht nicht schon wegen mehrjähriger Verluste. Vielmehr sprechen der Abschluss eines Kunststudiums an Hochschulen, die sich daran anschließende Tätigkeit auf dem Gebiet der Malerei und Grafik sowie die Teilnahme an mehr als 100 Ausstellungen für die Absicht, aus der Tätigkeit als selbständiger und nichtselbständiger Künstler Einkünfte zu erzielen. Dass der Kläger mit seiner selbständigen Tätigkeit keinen Totalgewinn erwirtschaftete, beruhte wesentlich auch darauf, dass die steuerrechtliche Einstufung seiner Einnahmen – teils aus selbständiger, teils aus nichtselbständiger Arbeit – von der Art der Beauftragung durch die jeweiligen Auftraggeber abhing, so dass insgesamt eine Einkünfteerzielungsabsicht im Streitfall nicht zu verneinen war.

 

Praxishinweis

Kriterien für die Abgrenzung der selbständigen künstlerischen Tätigkeit i. S.d. § 18 EStG von der Liebhaberei sind nach der Rechtsprechung:

  • Art der künstlerischen Berufsausbildung und Ausbildungsabschluss[1],
  • künstlerische Tätigkeit als alleinige Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen, gegebenenfalls seiner Familie[2],
  • berufstypische professionelle Vermarktung, z.B. Teilnahme an Ausstellungen[3],
  • besondere betriebliche Einrichtungen, z.B. Atelier[4],
  • Erwähnung in einschlägiger Literatur[5],
  • Erzielung gelegentlicher Überschüsse[6],
  • Schaffung von Werken, die für erwerbswirtschaftliche Verwertung bestimmt sind und daher bei entsprechender Nachfrage verkauft werden können[7].
 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 06.03.2003, XI R 46/01

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