Leitsatz

Der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft unterliegt der Gewerbesteuer, soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Mitunternehmer sind.

 

Sachverhalt

Die V-GmbH (V) war als Kommanditistin zu 70 % an Vermögen und Gewinn der X-GmbH & Co. KG (X) beteiligt. Zum 1.1.1995 verkaufte V die Beteiligung an die T-GmbH & Co. KG, an deren Vermögen und Gewinn sie ebenfalls als Kommanditistin zu 50 % beteiligt war. Das Finanzamt behandelte den Veräußerungsgewinn zur Hälfte als laufenden Gewinn. Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage machte X geltend, der Veräußerungsgewinn dürfe bei der Gewerbesteuer nicht erfasst werden, denn die Fiktion des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG 1995, nach der ein Veräußerungsgewinn insoweit als laufender Gewinn gelte, als auf der Seite des Veräußerers und des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer seien, ändere nichts am Rechtscharakter des Gewinns. Die einkommensteuerliche Fiktion wirke sich nicht auf die Gewerbesteuer aus; Veräußerungsgewinne gehörten nicht zum Gewerbeertrag. Erstinstanzlich hatte die Klage Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Nach seiner Auffassung ist der Veräußerungsgewinn nur zur Hälfte steuerfrei und unterliegt im Übrigen der Gewerbesteuer. Nach § 7 GewStG entspricht der der Gewerbesteuer zu Grunde zu legende Gewerbeertrag, abgesehen von den gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen, grundsätzlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der für die Bemessung der Einkommensteuer maßgeblich ist. Davon ist nur abzuweichen, als sich unmittelbar aus dem GewStG etwas anderes ergibt oder soweit die Vorschriften des Einkommensteuerrechts mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang stehen[1]. Im Streitfall sah der BFH keine Veranlassung, von diesen Grundsätzen abzuweichen. Gewinne eines Einzelgewerbetreibenden oder einer Personengesellschaft aus der Veräußerung eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zwar außer Betracht zu lassen[2]. Anders ist die Rechtslage aber, wenn Erwerberin des Anteils eine Personengesellschaft ist, an der der veräußernde Gesellschafter selbst beteiligt ist. Das ergibt sich aus dem mit § 16 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 EStG sowie § 7 GewStG verfolgten Zweck. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese mit Wirkung für Veräußerungen nach dem 31.12.1993 eingefügten Bestimmungen darauf angelegt waren, die mit dem sog. Aufstockungsmodell angestrebten Rechtsfolgen zu verhindern[3]. Ziel des Gesetzgebers war es, die durch die Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven einkommen- und gewerbesteuerlich zu erfassen. Dabei war die Überlegung ausschlaggebend, dass der Veräußerer wirtschaftlich betrachtet "an sich selbst veräußert", soweit Veräußerer und Erwerber identisch sind. Im Ergebnis wird in solchen Fällen der Gewerbebetrieb vom Veräußerer im Umfang seiner Beteiligung an der erwerbenden Gesellschaft faktisch nicht beendet, sondern unter Auflösung der stillen Reserven fortgeführt. Ein solcher Vorgang ist mit der einkommensteuerrechtlich begünstigten und nach Gewerbesteuerrecht steuerbefreiten Veräußerung an Dritte nicht vergleichbar. Der BFH folgert daraus, dass sich der Veräußerer eines Mitunternehmeranteils nicht auf die Gewerbesteuerfreiheit des von ihm erzielten Veräußerungsgewinns berufen kann, soweit er an der erwerbenden Gesellschaft beteiligt ist. Der Veräußerungsgewinn ist daher quotal als laufender Gewinn zu qualifizieren.

 

Praxishinweis

Der BFH stellt klar, dass ein Veräußerungsgewinn insoweit als laufender Gewinn gilt, als auf Seiten des Veräußerers und Erwerbers dieselben Personen Unternehmer bzw. Mitunternehmer sind. Das danach maßgebliche Beteiligungsverhältnis bestimmt sich entsprechend dem Zweck des Gesetzes nach dem Anteil des veräußernden Gesellschafters am Aufwand, der aufgrund des zusätzlich geschaffenen Abschreibungsvolumens künftig auf ihn entfällt, bei Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens also nach dem für den Erwerber geltenden Gewinnverteilungsschlüssel.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 15.6.2004, VIII R 7/01

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