Leitsatz

Eine "Beteiligung am Kapital der Gesellschaft" i.S. von § 17 EStG liegt bei eingeräumten Genussrechten nicht schon dann vor, wenn diese eine Gewinnbeteiligung gewähren, sondern nur dann, wenn sie auch eine Beteiligung am Liquidationserlös der Gesellschaft vorsehen. Die Vereinbarung, dass das Genussrechtskapital erst nach der Befriedigung der übrigen Gesellschaftsgläubiger zurückzuzahlen ist (sog. Nachrangvereinbarung), verleiht dem Genussrecht noch keinen Beteiligungscharakter.

 

Sachverhalt

X war von 1988 bis 1991 mit 25,5 % am Stammkapital der O-GmbH von zuletzt 700000 DM beteiligt. Seit 1988 hielt die S-GmbH an der O-GmbH eine typisch stille Beteiligung von 500000 DM, ab 1990 von einer Mio. DM. Zudem hatte die O-GmbH von einer Vorgängergesellschaft Genussscheine in Höhe von 152400 DM übernommen, die sie als sonstige Verbindlichkeiten bilanzierte. Die zu zahlenden Zinsen und Gewinnanteile zog sie als Betriebsausgaben ab. Die Genussrechte gewährten keine Beteiligung am Liquidationserlös der O-GmbH; vielmehr war im Falle der Liquidation der GmbH nach Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger der Rückkaufswert der Genussscheine auszuzahlen. Der Rückkaufswert entsprach grundsätzlich dem Nennwert, erhöhte sich aber nach Ablauf einer Sperrfrist um jährlich 2 %, begrenzt auf 110 % des Nennwerts. Nach Ablauf der Sperrfrist konnte jederzeit der Rückkauf vom Genussrechtsinhaber verlangt werden.

1991 veräußerte X die für 303004 DM erworbenen Anteile an der O-GmbH für 994500 DM. Das Finanzamt setzte einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG von 691496 DM fest. Der Ansicht des X, ein Veräußerungsgewinn sei nicht zu erfassen, weil er unter Berücksichtigung der stillen Beteiligung und des Genussrechtskapitals, die dem Stammkapital hinzuzurechnen seien, in keinem Jahr zu mehr als 25 % beteiligt gewesen sei, folgte das Finanzamt nicht. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision zurückgewiesen. X war seit 1989 mit 25,5 % und damit wesentlich i.S. von § 17 EStG am Kapital der O-GmbH beteiligt, weil das Genussrechtskapital das Kapital der Gesellschaft i.S. von § 17 EStG nicht erhöht hat.

Die "Beteiligung am Kapital der Gesellschaft" richtet sich bei einer GmbH grundsätzlich nach dem nominellen Geschäftsanteil an deren Stammkapital. Genussscheine sind nur dann "Anteile an einer Kapitalgesellschaft" i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG, wenn mit ihnen das Recht am Gewinn und am Liquidationserlös verbunden ist. Das ergibt sich bereits aus der in § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG enthaltenen Formulierung "Beteiligung". Beteiligungen sind indes dadurch gekennzeichnet, dass sie die für einen Anteilsinhaber typische Teilhabe an den stillen Reserven gewährleisten. Da die Genussrechte den Inhabern im Streitfall keine Beteiligung am Liquidationserlös der O-GmbH gewähren, sondern lediglich mit einer garantierten Verzinsung und einer Gewinnbeteiligung ausgestattet sind, liegt keine Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG vor. Zwar ist für den Fall der Liquidation vorgesehen, dass der Rückkaufswert nach Befriedigung der übrigen Gesellschaftsgläubiger ausgezahlt wird. Eine derartige Nachrangvereinbarung i.V.m. einer Verlustteilnahme macht die Genussrechte indes nicht zu einer GmbH-Anteilen "ähnlichen Beteiligung"[1]; insoweit gilt nichts anderes als für andere Finanzierungsmaßnahmen mit Rangrücktritt, wie etwa für eigenkapitalersetzende Darlehen.

 

Praxishinweis

Der BFH verdeutlicht, dass Genussrechte nur dann zu einer "Beteiligung am Kapital der Gesellschaft" i.S. von § 17 EStG führen, wenn auch eine Beteiligung an den stillen Reserven, d.h. am Liquidationserlös, vorgesehen ist. Die bloße Vereinbarung, dass das Genussrechtskapital erst nach der Befriedigung der übrigen Gläubiger zurückzuzahlen ist, reicht dem BFH für eine Beteiligung nicht aus. Dass eine typische stille Einlage nicht geeignet ist, das Kapital einer GmbH i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erhöhen, war für den BFH nicht zweifelhaft. Das gilt selbst für den Fall, dass die typische stille Gesellschaft kapitalersetzenden Charakter haben sollte[2].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 14.6.2005, VIII R 73/03

[1] Vgl. auch BMF-Schreiben vom 8.12.1986, IV B 7 –S 2742 – 26/86, BB 1987, S. 667; vom 27.12.1995, IV B 7 – S 2742 – 76/95, BStBl I 1996, S. 49

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