Leitsätze (amtlich)

  1. Die für die Nutzungsüberlassung eines partiarischen Darlehens gezahlte erfolgsabhängige Vergütung kann gewinn-, aber auch umsatzabhängig sein.
  2. Diese Vergütung unterfällt dem Begriff "Zinsen" i.S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG und damit auch der Kapitalertragsteuer (Bestätigung des Senatsurteils vom 25.3.1992, I R 41/91, BStBl II 1992, S. 889 = INF 1993, S. 94).
  3. Gibt der Steuerpflichtige keine Anmeldung zur Kapitalertragsteuer ab, kann das FA anstelle eines Haftungsbescheides einen Nachforderungsbescheid gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 erlassen. Das ändert aber nichts daran, dass es sich materiell um die Geltendmachung eines Haftanspruchs handelt, so dass die Voraussetzungen gemäß § 44 Abs. 5 EStG erfüllt sein müssen (Abgrenzung vom Senatsurteil vom 24.3.1998, I R 120/97, BStBl II1999, S. 3).
 

Sachverhalt

Der Klägerin war durch einen in der Schweiz Ansässigen ein Darlehen über 630 000 DM zum Kauf einer Rollenrichtmaschine gewährt worden. Das Darlehen hatte nach dem Vertrag vom 9.4.1991 eine Laufzeit von 14 Jahren und war mit mindestens 45 000 DM p.a. zu tilgen. Der Zins betrug 6 % p.a. Daneben erhält "der Darlehensgeber … zusätzlich zum Zins eine Vergütung von 5 DM pro Tonne als Entschädigung für die Darlehensgewährung für die nächsten 14 Jahre", wobei "diese Zusatzentschädigung … einerseits für die günstige Finanzierung und andererseits für die Vermittlung der … Maschine zu verstehen" sein sollte. KapErSt wurde nicht einbehalten, weshalb das Finanzamt die Klägerin für 1991 bis 1995 gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG mittels Nachforderungsbescheiden[1] in Anspruch nahm. Die Steuernachforderungen berechnete das Finanzamt mit 33 1/3 % der gesamten Kapitalerträge (Zins zuzüglich Tonnagezins) und nach § 51a EStG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 4 SolZG. Die Klage blieb erfolglos[2]. Der BFH wies die Revision der Klägerin für die Streitjahre 1991 und 1992 als unbegründet zurück. Für die weiteren Streitjahre 1993 bis 1995 hob er die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

  1. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG unterliegen Zinsen aus partiarischen Darlehen der KapErSt. Die Voraussetzungen eines partiarischen Darlehens sind im Streitfall erfüllt. Die Umsatzabhängigkeit der vereinbarten Tonnagevergütung ändert daran nichts. Ausschlaggebend für Begriff und Wesen eines partiarischen Rechtsverhältnisses ist, dass die Vergütung nicht - oder nicht nur - in einem festen periodischen Betrag besteht, sondern in einem Anteil an dem vom Darlehensempfänger erwirtschafteten Erfolg. Soweit sich aus dem Senatsurteil vom 25.3.1992[3] Gegenteiliges entnehmen ließe, wird dies hiermit korrigierend klargestellt.
  2. Der Klägerin kann nicht darin beigepflichtet werden, dass es sich bei der tonnageabhängigen Zusatzvergütung nicht um Entgelt für die Kapitalüberlassung, sondern für die günstige Finanzierung und für die Vermittlung der Maschine gehandelt habe, wodurch sich Einkünfte aus sonstigen Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ergäben. Eine derartige Abrede lässt sich dem Vertrag vom 9.4.1991 nicht entnehmen. Hiervon ausgehend unterfielen nicht nur die Festzinsen, vielmehr auch die tonnageabhängigen Vergütungen der KapErSt. Der Senat hat den in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG verwendeten Zinsbegriff in seinem Urteil vom 25.3.1992[4] weit verstanden. Einzubeziehen seien nicht nur nach der Laufzeit bemessene, erfolgsunabhängige Vergütungen für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Kapitals[5], vielmehr alle irgendwie durch die Nutzung von Kapitalvermögen veranlassten geldwerten Vorteile[6]. Daran wird festgehalten. Die hierzu in der Literatur geübte Kritik ist unbegründet.
  3. Die Klägerin ist ihrer danach bestehenden Steuerabzugspflicht nicht nachgekommen. Sie konnte deswegen für die nicht einbehaltene und nicht abgeführte KapErSt in Anspruch genommen werden, und zwar - wie sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 AO in der seit 1990 geltenden Fassung des StRefG 1990[7] sowie im Umkehrschluss aus § 44 Abs. 5 Satz 3 EStG ergibt - auf zweierlei Weise: zum einen durch Erlass eines Haftungsbescheides gemäß § 191 AO, zum anderen mittels eines Nachforderungsbescheides gemäß § 155 i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 AO. Das Finanzamt hat sich im Streitfall für den letzteren Weg entschieden. Das ist nicht zu beanstanden. Der Vergütungsschuldner wird bei Inanspruchnahme durch Nachforderungsbescheid formal nicht in seiner Funktion als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Vielmehr geht es um die Geltendmachung der durch § 44 Abs. 1 EStG bestimmten und durch die Steueranmeldung gemäß § 45a EStG i.V.m. § 150 Abs. 1 AO ausgelösten – eigenen - Entrichtungssteuerschuld des Vergütungsschuldners[8].
  4. Dieses Vorgehen über den Erlass von Nachforderungsbescheiden ändert jedoch nichts daran, dass es sich in materiellrechtlicher Hinsicht nicht nur um die Geltendmachung der durch § 44 Abs. 1 EStG bestimmten Entrichtungssteuerschuld des Vergütungsschuldners handelt, sondern um die Geltendmachung eines Haftungsanspruchs. Das aber hat zur...

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