Leitsatz (amtlich)

Überlässt der Arbeitgeber Wertpapiere an seine Arbeitnehmer gegen einen fest und unabänderlich bezifferten Preisnachlass, so bemisst sich der geldwerte Vorteil nach diesem im Überlassungsangebot bezifferten Preisnachlass. § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG findet in diesem Fall keine Anwendung.

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, fasste am 28.8.1990 den Beschluss, ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit einzuräumen, Aktien der B-AG verbilligt zu erwerben. Der Preisabschlag betrug 30 DM vom amtlich festgestellten Einheitskurs der B-Aktie an der Börse in Düsseldorf am Ausgabetag (19.10.1990). Die Aktien, die die Arbeitnehmer erwerben konnten, unterlagen keiner Sperrfrist. Die Klägerin unterwarf den geldwerten Vorteil aus der verbilligten Überlassung der B-Aktien der Lohnsteuer. Dabei setzte sie entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG als sonstigen Bezug je Aktie 30 DM an. Das Finanzamt meinte dagegen, dieser Vorteil sei nicht nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG, sondern nach § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG zu ermitteln. Dementsprechend sei nicht auf den Wert der Aktie am Tag der Überlassung an die Arbeitnehmer (221,70 DM), sondern auf den niedrigsten für die B-Aktien im amtlichen Handel notierten Kurs am Tag der Beschlussfassung der Klägerin über die Überlassung (246,50 DM) abzustellen; der Vorteil betrage danach 54,80 DM je Aktie. Das Finanzamt erließ einen entsprechenden LSt-Pauschalie-rungsbescheid. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[1]. Die Revision hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat den geldwerten Vorteil aus der verbilligten Überlassung der B-Aktien zutreffend mit 30 DM je Aktie ermittelt. Steht der den Arbeitnehmern aus der verbilligten oder unentgeltlichen Überlassung von Wertpapieren i.S. des § 15a Abs. 3 Nr. 1 bis 3 EStG im Zeitpunkt der Überlassung tatsächlich erwachsende Vorteil bereits endgültig und unabänderlich in dem Zeitpunkt fest, in

dem der Arbeitgeber den Überlassungsbeschluss fasst, findet § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG keine Anwendung. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist auf die Fälle der verbilligten oder unentgeltlichen Überlassung von Wertpapieren i.S. des § 19a Abs. 3 Nr. 1 bis 3 EStG durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu beschränken, in denen im Zeitpunkt des Überlassungsbeschlusses der geldwerte Vorteil noch nicht feststeht. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG. Dieser besteht darin, es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, bereits in dem Überlassungsangebot dem Arbeitnehmer die steuerlichen Auswirkungen einer unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung der Wertpapiere i.S. des § 19a Abs. 3 Nr. 1 bis 3 EStG mitteilen zu können. Dies zeigt auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

§ 19a Abs. 8 Satz 2 EStG greift nach seinem Regelungszweck nur dann ein, wenn der aus der verbilligten oder unentgeltlichen Überlassung von Wertpapieren i.S. des Abs. 3 Nr. 1 bis 3 dem Arbeitnehmer erwachsende geldwerte Vorteile zwischen dem Tag des Überlassungsbeschlusses und dem Tag der Überlassung an den Arbeitnehmer - wie im Regelfall - Veränderungen unterliegt. Im Regelfall ist dem Arbeitgeber im Zeitpunkt des Überlassungsbeschlusses der dem Arbeitnehmer aus der verbilligten oder unentgeltlichen Überlassung von Wertpapieren i.S. des § 19a Abs. 3 Nr. 1 bis 3 EStG erwachsende tatsächliche Vorteil im Zeitpunkt der Überlassung nicht bekannt, da die Wertpapiere Kursschwankungen unterliegen. Deshalb ordnet § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG für die Wertpapiere i.S. des § 19a Abs. 3 Nr. 1 bis 3 EStG an, dass auf den Kurswert des Wertpapiers im Zeitpunkt des Überlassungsbeschlusses abzustellen ist.

Beziffert der Arbeitgeber in seinem Überlassungsangebot den Vorteil mit einem feststehenden Betrag (im Streitfall: 30 DM je Aktie), bedarf es für die Ermittlung des geldwerten Vorteils nicht der Heranziehung des § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG. In diesem Fall ist deshalb - abweichend von § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG - der geldwerte Vorteil entsprechend dem im Überlassungsangebot genau bezifferten Preisvorteil zu ermitteln.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 4.4.2001 – VI R 96/00

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