Leitsatz

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG vorgelegt:

  1. Dürfen oder müssen die Mitgliedstaaten, die die in Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene gemeinsame Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger in ihr innerstaatliches Recht übernommen haben, die Pauschallandwirte im Ergebnis von der Zahlung von Umsatzsteuer freistellen?
  2. Falls Frage 1 bejaht wird: Gilt dies nur für die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und für landwirtschaftliche Dienstleistungen oder auch für sonstige Umsätze des Pauschallandwirts oder unterliegen die sonstigen Umsätze der allgemeinen Regelung der Richtlinie 77/388/EWG?

Was folgt daraus für die Verpachtung einer Jagd durch einen Pauschallandwirt?

 

Sachverhalt

Eine Gemeinde mit eigenen Forstflächen erzielte u.a. Einnahmen aus Holzverkäufen und Forstbenutzung sowie aus der Verpachtung von Eigenjagdbezirken. Die Einnahmen aus der Jagdverpachtung beliefen sich von 1994 bis 1999 auf jährlich rd. 34 000 DM und wurden zunächst als Umsätze nach § 24 UStG behandelt, d.h. insoweit keine Umsatzsteuer erklärt. Das Finanzamt wandte auf die Jagdverpachtung die Grundsätze des BFH-Urteils vom 11.2. 1999[1] und damit statt § 24 UStG die allgemeinen Vorschriften an.

Das FG gab der Gemeinde im Ergebnis Recht. Es sah in der Jagdverpachtung eine nach § 2 Abs. 3 UStG nicht steuerbare Tätigkeit, weil sie weder in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb noch in einem Betrieb gewerblicher Art ausgeübt werde und über eine bloße Vermögensverwaltung nicht hinausgehe.

 

Entscheidung

Der BFH legt dem EuGH die im Leitsatz genannten Fragen zur Vorabentscheidung vor. Er geht zwar davon aus, dass die Jagdverpachtung als steuerpflichtige entgeltliche Leistung, nicht als "hoheitliche Tätigkeit" der Gemeinde nach § 2 Abs. 3 UStG anzusehen ist. Zweifel bestehen jedoch daran, ob die Nichtbesteuerung der Jagdverpachtung bei richtlinienkonformer Auslegung des § 24 UStG nach Art. 25 der 6. RL in Betracht kommt, wenn die Grundstücke, mit denen das Jagdrecht verbunden ist, zu einem land- bzw. forstwirtschaftlichen Betrieb eines Pauschallandwirts i.S.v. § 24 (hier: die Gemeinde) UStG gehören.

Soweit der Pauschallandwirt außer Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und außer landwirtschaftlichen Dienstleistungen noch andere Umsätze im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes ausführt, dürfen diese nach Art. 25 der 6. RL nicht zu einem Pauschalausgleich führen. Dies gilt z.B. für die Veräußerung gebrauchter Maschinen, die Verpachtung von Grundstücken mit Zubehör, die Beherbergung und Beköstigung von Feriengästen auf dem Bauernhof, die zeitweise Abgabe von Speisen und Getränken in sog. Buschwirtschaften oder bei "Hoffesten" und für Dienstleistungen eines Reiterhofs. Hieraus könnte gefolgert werden, dass die Jagdverpachtung – entgegen der herkömmlichen Auslegung des § 24 UStG – der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegt. Dann wäre zu prüfen, ob die Jagdverpachtung eine derartige landwirtschaftliche Dienstleistung ist.

 

Praxishinweis

Die Vorlage betrifft den Bereich der Landwirtschaft, der auch bei der Umsatzsteuer kompliziert ist, aber i.d.R. kein Steueraufkommen bringt. Es geht darum, ob das von der Richtlinie vorgegebene System der Pauschalregelung so umzusetzen ist, dass alle mit Mitteln des landwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Leistungen von der Pauschalregelung erfasst werden oder ob darauf die Regelbesteuerung anzuwenden ist, was zu einem zusätzlichen Betriebsteil mit Regelbesteuerung führt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 27.11.2003, V R 28/03

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen