Sturz mit Folgen

Ein Arbeitnehmer des Klägers war von seinem Kollegen auf einer schnee- und eisglatten Parkplatzzufahrt abgesetzt worden und dort ausgerutscht. Zu dem Winterdienst auf dem insgesamt schnee- und eisglatten öffentlichen Parkplatz und den ebenso glatten und ungestreuten angrenzenden Gehwegen war die Beklagte, das Land Berlin, gesetzlich verpflichtet, wobei sie mit der Durchführung ein Unternehmen beauftragt hatte. Mit seiner Klage hat der Kläger im Regresswege die Aufwendungen für Lohnfortzahlungen an seinen aufgrund des Sturzes mehrere Wochen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil den Arbeitnehmer an dem Sturz ein ganz überwiegendes Mitverschulden getroffen habe.

Die Berufung des Klägers wurde im Ergebnis zurückgewiesen. Doch stellte das Kammergericht insoweit klar:

  • Kein überwiegendes Mitverschulden

    Ansprüche scheiden nicht etwa bereits deswegen aus, weil den Arbeitnehmer der Klägerin ein überwiegendes Mitverschulden daran getroffen hätte, dass er auf dem von den Beklagten nicht gestreuten schnee- und eisglatten Boden ausgerutscht ist. Wie der Bundesgerichtshof (MDR 2013 S. 970) deutlich gemacht hat, lassen sich Amtshaftungsansprüche, die sich aus Verkehrspflichtverletzungen der öffentlichen Hand herleiten, in aller Regel im Hinblick auf den mit der Verkehrssicherungspflichtverletzung gesetzten maßgeblichen Verursachungsbeitrag nicht unter Hinweis auf ein Mitverschulden des Geschädigten verneinen. So liegt es auch hier schon deswegen, weil der Arbeitnehmer des Klägers überhaupt keine Möglichkeit hatte, sicher zu dem Eingang seines Wohnhauses zu gelangen, da die von der Beklagten 1) mit der Schnee- und Eisbeseitigung beauftragte vormalige Beklagte zu 2) nirgendwo gestreut hatte und es überall schnee- und eisglatt war.

  • Winterdienstpflicht verletzt

    Die winterdienstpflichtige Beklagte habe auch ihre gegenüber dem Arbeitnehmer des Klägers bestehenden Verkehrssicherungspflichten verletzt. Zwar habe genau an der Stelle, an der der Arbeitnehmer des Klägers von seinem Kollegen abgesetzt worden war und an der er ausgeglitten ist, keine Verpflichtung zum Streuen bestanden, sodass es insoweit an einer Pflichtverletzung der Beklagten fehlt. Jedoch war die Beklagte verpflichtet, auf dem Parkplatz gestreute Pfade anzulegen, die ein gefahrloses Betreten und Verlassen des Parkplatzes erlaubt hätten, und auch auf den an den Parkplatz angrenzenden Fußwegen zu streuen.

  • Fehlende Kausalität

    Die Haftung der Beklagten scheitert aber an der erforderlichen Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der von der Beklagten zu 1) verletzten Verkehrssicherungspflicht und dem durch den Sturz des Arbeitnehmers des Klägers entstandenen Schadens lässt sich nicht feststellen. Es ist insoweit zu fragen, welchen Verlauf die Dinge bei amtspflichtgemäßem Verhalten des Schädigers, hier also bei ordnungsgemäßer Durchführung des Winterdienstes, genommen hätten. Bei einem Unterlassen des Winterdienstes muss mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass der Schaden auch bei amtspflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Der Geschädigte hat darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, in welcher für ihn günstigen Weise das Geschehen bei Vornahme der gebotenen Amtshandlung verlaufen wäre. Auf Beweiserleichterungen kann sich der Kläger in der vorliegenden Fallgestaltung nicht mit Erfolg berufen. Allerdings können dem Geschädigten die Grundsätze des Anscheinsbeweises zugutekommen, wenn er an einer Stelle, die bei Beachtung der Verkehrssicherungspflicht zu streuen gewesen wäre, zu Fall kommt. Daran fehlt es hier aber. An der Stelle, an der der Mitarbeiter des Klägers gestürzt ist, bestand gerade keine Streupflicht.

(KG, Urteil v. 19.4.2016, 9 U 56/14, MDR 2016 S. 709)

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