Leitsätze (amtlich)

  1. Die Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw, den ein Unternehmer von einem Nichtunternehmer und damit ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben hat, unterliegt nach Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG nicht der Umsatzbesteuerung, soweit keine "Bestandteile" (mit Berechtigung zum Vorsteuerabzug) eingefügt wurden. Dienstleistungen (sonstige Leistungen) einschließlich derjenigen, für die zusätzlich kleinere Lieferungen von Gegenständen erforderlich sind (z.B. Karosserie- und Lackarbeiten an einem Pkw) führen nicht zu "Bestandteilen" des Gegenstandes (Anschluss an die Vorabentscheidung des EuGH vom 17.5.2001, Rs. C-322/99 im Streitfall Fischer).
  2. Eine Eigenverbrauchsbesteuerung der Pkw-Entnahme nach der Differenz-Regelung des § 25a Abs. 1 UStG 1991 scheidet aus, wenn der Entnahmewert den Einkaufspreis nicht übersteigt.
  3. Eine in der Vorabentscheidung erwogene Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, soweit die Entnahme nicht gemäß Art. 5 Abs. 6 Satz 1 dieser Richtlinie der Besteuerung unterliegt und der Wert der betreffenden Arbeiten nicht im Rahmen der beruflichen Tätigkeiten des Klägers vor der Überführung des Fahrzeugs in sein Privatvermögen vollständig verbraucht worden ist, kann nicht auf § 15a UStG gestützt werden, wenn der entnommene Pkw kein Investitionsgut, sondern Gegenstand des Umlaufvermögens des Unternehmens ist.
 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb einen Handel mit Oldtimern. Zum 31.12.1992 gab er den Betrieb auf und übernahm die beiden noch vorhandenen Oldtimer, u.a. einen Bentley, in sein Privatvermögen. Den Bentley hatte der Kläger 1989 von einer Privatperson ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit für sein Unternehmen für 28 800 DM erworben und 1990 mit umfangreichen Karosserie- und Lackarbeiten renovieren lassen (Rechnung vom 14.5.1990: 10 800 DM zuzüglich 1 512 DM USt). Die in der Rechnung ausgewiesene USt machte der Kläger 1990 als Vorsteuerbetrag geltend. Das Finanzamt beurteilte die Entnahme des Bentley als Eigenverbrauch, nahm als Bemessungsgrundlage einen Teilwert von 20 000 DM an und setzte insoweit USt von 2 800 DM fest. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Im Revisionsverfahren legte der BFH dem EuGH Fragen zur Auslegung von Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG zur Besteuerungsgrundlage und zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs vor[2]. Aufgrund der Vorabentscheidung[3] des EuGH hielt das Finanzamt nicht mehr an seiner Ansicht fest, die Entnahme des Bentley unterliege der Eigenverbrauchsbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG 1991, und beantragte nun, die Klage abzuweisen, soweit die Entnahme zu einer Vorsteuerberichtigung führe. Der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück.

 

Entscheidungsgründe

  1. Das im Streitjahr 1992 geltende UStG 1991 unterwarf Entnahmevorgänge als Eigenverbrauch der USt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG 1991 "liegt Eigenverbrauch vor, wenn ein Unternehmer Gegenstände aus seinem Unternehmen für Zwecke entnimmt, die außerhalb des Unternehmens liegen". Die Vorschrift knüpft die Besteuerung zwar nicht - wie Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG - an die Voraussetzung, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben (Besteuerungsverbot bei fehlender Berechtigung zum Vorsteuerabzug); die deutsche Finanzverwaltung beachtet diese Voraussetzung des Gemeinschaftsrechts aber jedenfalls dem Grunde nach. Diese richtlinienkonforme Anwendung des Eigenverbrauchstatbestands ist - wie die Vorabentscheidung bestätigt - gemeinschaftsrechtlich geboten. Da der EuGH in der Vorabentscheidung klargestellt hat, dass Dienstleistungen einschließlich derjenigen, für die zusätzlich kleinere Lieferungen von Gegenständen erforderlich sind, "keine Bestandteile" i.S. von Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG sind, kommt die Besteuerung der Entnahme bei richtlinienkonformer Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG 1991 im Streitfall nicht in Betracht. Die Karosserie- und Lackarbeiten an dem Pkw sind sonstige Leistungen (Dienstleistungen) i.S. der Vorabentscheidung.
  2. Die angefochtene Steuerfestsetzung kann auch nicht auf § 25a UStG 1991 gestützt werden. Die zum 1.7.1990 eingeführte Fassung des § 25a UStG betraf eine sog. Differenzbesteuerung der Umsätze von "Gebrauchtfahrzeugen". Der Umsatz wurde gemäß § 25a Abs. 2 UStG damaliger Fassung "beim Eigenverbrauch nach dem Betrag, um den der Wert nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 den Einkaufspreis für das Fahrzeug übersteigt", bemessen. Im Streitfall ergab sich jedenfalls keine Bemessungsgrundlage i.S. der Vorschrift. Der Entnahmewert war mit 20 000 DM anzusetzen, der den Einkaufspreis von 28 800 DM nicht überstieg.
  3. Eine - in der Vorabentscheidung für möglich gehaltene - Vorsteuerberichtigung kommt im Streitfall nicht zum Tragen. Nach der Vorabentscheidung ist der in Anspruch genommene Vorsteuerabzug "aufgrund von Arbeiten, die nach Anschaffung ...

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