Besonders schwierig im Rahmen der nachträglichen Werbungskosten gestaltet sich der Umgang mit Schuldzinsen, die nach der Veräußerung des zuvor vermieteten Objekts anfallen, weil das ursprüngliche Darlehen aus dem erhaltenen Kaufpreis nicht oder nicht vollständig getilgt wurde. Der BFH hat folgendermaßen entschieden (Urteil v. 8.4.2014, IX R 45/13, juris): Im Streitfall ging es um den Gesellschafter einer vermögensverwaltenden, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beziehenden Personengesellschaft, die Ausführungen sind aber ohne Einschränkungen auf Einzelpersonen oder Bruchteilsgemeinschaften übertragbar:

  • Schuldzinsen für Verbindlichkeiten, die der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Grundstücks dienten – im Urteilsfall, aber nicht zwingend: Wohngrundstück –, können auch nach einer Veräußerung der Immobilie grundsätzlich weiter als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.
  • Dies gilt auch dann, wenn die Veräußerung der Immobilie außerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfolgte, wenn also die Veräußerung selbst nicht steuerbar ist.
  • Auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können im Einzelfall durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein.

Damit wurde (endlich) ein ewig währendes Tauziehen um diese Frage zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden; jahrzehntelang hatte der BFH dies anders gesehen (vgl. z. B. BFH, Urteile v. 25.4.1995, IX R 114/92, BFH/NV 1995 S. 966, v. 7.8.1990, VIII R 67/86, BFHE 162 S. 148 und v. 21.12.1982, VIII R 48/82, BStBl. 1983 II S. 373).

Im entschiedenen Fall reichte der Erlös aus der außerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfolgten Veräußerung nicht aus, um die im Zuge der Herstellung des Objekts aufgenommenen Darlehensverbindlichkeiten vollständig auszugleichen. Das verbliebene Restdarlehen wurde daher anteilig durch den Kläger getilgt, dafür musste er ein neues (Umschuldungs-)Darlehen aufnehmen. Die auf dieses Darlehen gezahlten Schuldzinsen erkannte der BFH als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an.

Im Einzelnen sind noch folgende Ausführungen aus dem Urteil v. 8.4.2014 (IX R 45/13, juris) von Interesse: Ein einmal begründeter und zwischenzeitlich auch nicht aus anderen Gründen weggefallener wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit Einkünften i. S. d. § 2 Abs. 1 EStG, somit auch mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, entfällt nicht allein deshalb, weil die mit den Darlehensmitteln angeschaffte Immobilie veräußert wird. Vielmehr setzt sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus der Vermietung – unabhängig von der Veräußerung, mithin auch unabhängig von der Frage ihrer Steuerbarkeit – am Veräußerungspreis fort (BFH, Urteil v. 8.4.2014, a. a. O., Rn. 17).

Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften i. S. d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist daher maßgeblich, was mit dem Veräußerungspreis geschieht (BFH, Urteil v. 8.4.2014, a. a. O., Rn. 18 ff.):

  • Schafft der Steuerpflichtige damit eine neue Einkunftsquelle an – etwa ein zur Vermietung bestimmtes Immobilienobjekt –, besteht der Zusammenhang, ggf. anteilig in Höhe des verwendeten Erlöses, am neuen Objekt fort (sog. Surrogationsbetrachtung; BFH, Urteil v. 8.4.2014, a. a. O., Rn. 14 und 19).

    Falls also insbesondere mit dem Erlös aus der Veräußerung ein neues Objekt erworben wird, können die Aufwendungen bei diesem als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn es ebenfalls der Einkünfteerzielung dient. Einen solchen Vorgang hat der BFH (deutlich Urteil v. 1.10.1996, BStBl. 1997 II S. 454) schon früher als "Umschuldung" angesehen, die "Surrogationsrechtsprechung" ist also längst gesichert. Das entsprechende Darlehen, das ursprünglich für das alte (veräußerte) Gebäude aufgenommen wurde, wird jetzt den Surrogatzwecken zugeordnet, was insoweit zur Abziehbarkeit der Schuldzinsen führt, als mit den Surrogatzwecken Einnahmen erzielt werden; die Schuldzinsen sind nunmehr durch diese andere Einkunftsquelle veranlasst. Voraussetzung für die Berücksichtigung ist aber, dass die entsprechenden Zahlungsflüsse eindeutig nachvollziehbar sind, sodass die Zuordnung zu einem anderen Objekt einwandfrei feststeht.

     
    Wichtig

    Für den erhaltenen Kaufpreis aus der "Altimmobilie" müssen in solchen Fällen unbedingt ein gesondertes (!) Konto eingerichtet und die zu vermietende "Neuimmobilie" – allgemein: die neue "Einkunftsquelle" –von diesem Konto gezahlt werden.

  • Wird kein neues Objekt und auch keine anderweitige Einkunftsquelle angeschafft, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen.

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