Leitsatz

  1. Kontrollbesuche der Steuerfahndung in Räumlichkeiten, die an Prostituierte zur Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit vermietet worden sind, sind grundsätzlich – in angemessener und zumutbarer Häufigkeit – zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle i.S. des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO hinreichend veranlasst. Der mögliche (Neben-)Effekt, die Prostituierten zu veranlassen, ihre steuerlichen Pflichten zu erfüllen bzw. am "Düsseldorfer Verfahren" teilzunehmen, ist mit dem Ermittlungsauftrag der Steuerfahndung nicht unvereinbar.
  2. Der Vermieter kann sich gegenüber den Kontrollbesuchen nicht auf ein Abwehrrecht als Inhaber des Hausrechts an den vermieteten Räumen bzw. an den gemeinschaftlich zu nutzenden Bereichen berufen, da die Kontrollbesuche bei den Mieterinnen selbst nicht als "Eingriffe und Beschränkungen" i.S. des Art. 13 Abs. 7 GG zu qualifizieren sind.
 

Sachverhalt

Die Steuerfahndung hatte in einem Bordell tätige Prostituierte aufgesucht, um diese nach Namen, Anschrift, Aufenthaltsdauer und Tätigkeitsumfang sowie deren Kunden nach ihrem Namen zu befragen. Der Vermieter der Zimmer in dem Bordell hatte dem erfolglos widersprochen. Er wandte sich an das FG, um dem Finanzamt im Wege einstweiliger Anordnung zu untersagen, solche Besuche zu wiederholen. Das FG erließ eine entsprechende Anordnung.

 

Entscheidung

Der BFH hat den Beschluss des FG aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Steuerfahndung hat grundsätzlich die Aufgabe und die Befugnis, solche Besuche in Geschäftsräumen durchzuführen, um steuererhebliche Sachverhalte zu ermitteln[1]. Sie hat auch nicht ermessensfehlerhaft gehandelt; denn Besuche vor Ort könnten ihr Erkenntnisse vermitteln, die sie so leicht und zuverlässig sonst nicht und anders unter Umständen überhaupt nicht erlangt.

 

Praxishinweis

Eine Beschwerde zum BFH ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung ebenso wie im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung nur gegeben, wenn sie vom FG zugelassen wurde; eine Nichtzulassungsbeschwerde, mit der bei Nichtzulassung einer solchen Beschwerde durch das FG der Weg zum BFH frei gemacht werden könnte, gibt es nicht!

Die Ermittlungsbefugnisse der Finanzämter, insbesondere der Steuerfahndung, sind dem Grunde nach sehr weitgespannt. Umso größere Bedeutung kommt einer kritischen Prüfung der Ermessenserwägungen des Finanzamts zu, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, ob dieses nicht ein schonenderes Mittel hätte wählen müssen. Zu denken wäre beispielsweise an ein Auskunftsersuchen. Hierin hat der BFH allerdings kein Hindernis für die (rigorose?) Vorgehensweise des Finanzamts gesehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 22.12.2006, VII B 121/06

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