Leitsatz

  1. Die Umsatzsteuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) kommt gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG nicht in Betracht für Lieferungen, die der Differenzbesteuerung unterliegen.
  2. Der Gesetzeszweck des § 6a UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Die Frage des Nachweises des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG.
  3. Umsatzsteuersonderprüfungen sind zwar Außenprüfungen i.S. des § 173 Abs. 2 AO, eine Änderungssperre lösen sie aber nur aus, wenn die daraufhin ergangenen Bescheide endgültigen Charakter haben.
 

Sachverhalt

Ein Gebrauchtwagenhändler erklärte für das Streitjahr 2000 steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Das Finanzamt verneinte für elf Lieferungen an den spanischen Autohändler X das Vorliegen der Voraussetzungen für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen, weil es sich bei X nach Auskunft der spanischen Steuerbehörde um eine Scheinfirma gehandelt habe. Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das FG führte aus, sechs der streitigen elf Lieferungen seien steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen; insoweit habe der Händler den erforderlichen Buch- und Belegnachweis ordnungsgemäß erbracht. Das Finanzamt legte Revision ein. Die Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

 

Entscheidung

Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen kommt für Lieferungen, die der Differenzbesteuerung unterliegen, nicht in Betracht; diese sind steuerpflichtig1. Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Gebrauchtwagenhändler die streitbefangenen Lieferungen im Rahmen der Differenzbesteuerung ausgeführt hat. Ferner ist noch festzustellen, ob der Händler den gemäß § 17c UStDV erforderlichen Buchnachweis erbracht hat, d.h., ob und wie er die Lieferungen an X in seiner Buchführung behandelt hat.

Sollten die Lieferungen nicht der Differenzbesteuerung unterliegen und die Buchnachweise erbracht sein, ist die Würdigung des Sachverhalts durch das FG, dass bei sechs Lieferungen die übrigen Voraussetzungen innergemeinschaftlicher Lieferungen vorliegen, revisionsrechtlich nachvollziehbar:

  • Diese Fahrzeuge wurden nach Spanien befördert. Ihr innergemeinschaftlicher Erwerb unterliegt nach Art. 28 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie in Spanien den Vorschriften der Umsatzsteuer. Auf die Frage, ob die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Spanien tatsächlich durchgeführt wurde, kommt es nicht an.
  • An der Unternehmereigenschaft von X bestehen keine Zweifel. Die Annahme der spanischen Finanzbehörden, es handle sich um eine Scheinfirma, beruht (lediglich) auf nicht ordnungsgemäßer Erfüllung von Steuererklärungspflichten. Auch die Löschung der X im Unternehmerverzeichnis führt zu keiner anderen Beurteilung; sie erfolgte nach Ausführung der streitbefangenen Lieferungen.
  • Rechtsfehlerfrei ist die Würdigung, der Händler habe für diese Lieferungen den nach § 17a UStDV erforderlichen Belegnachweis erbracht: Es handelt sich um eine Sollvorschrift. Das Fehlen einer der in § 17a Abs. 2 UStDV genannten Voraussetzungen führt deshalb nicht zwangsläufig dazu, dass der Belegnachweis als nicht geführt zu beurteilen ist.

In Abholfällen – wie hier – erfordert der Gesetzeszweck des § 6a UStG, dass der Bestimmungsort nachgewiesen wird, weil nur damit sichergestellt ist, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist, wo der Erwerb in dem "anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt". Hier wurde bei jeder Fahrzeugübernahme der Ausweis des Geschäftsführers der X erneut kopiert und die Kopie mit dem Firmenstempel und dem Vermerk "Abholer" oder einem ähnlichen Vermerk versehen. Der Bestimmungsort ergab sich aus der auf den Rechnungen ausgewiesenen Anschrift der X, für die deren Geschäftsführer R die Fahrzeuge abgeholt hat.

Die Voraussetzungen des Gutglaubensschutzes i.S. von § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG liegen nicht vor. Die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, stellt sich aber erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach den §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist. Das war aber gerade nicht der Fall.

 

Praxishinweis

Es handelt sich um das erste einer Reihe von BFH-Verfahren zu Nachweisfragen bei innergemeinschaftlichen Erwerben. Vorgreiflich wird die Voraussetzung eines "Scheinunternehmers" als Lieferungsempfänger abgelehnt. Die Behauptung der spanischen Finanzbehörden waren nach den Feststellungen des FG rechtlich nicht haltbar. Damit konzentrierte sich die Beurteilung auf die Frage des Nachweises der Befreiungsvoraussetzung. In erster Linie kommt es bei Abholfällen darauf an, dass der Bestimmungsort der Lieferung nachgewiesen wird. Diese Voraussetzung...

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