Leitsatz (amtlich)

§ 24 Nr. 1 Buchst. c EStG ist auf Ausgleichszahlungen, die in entsprechender Anwendung des § 89b HGB an Kfz-Vertragshändler (Eigenhändler) geleistet werden, analog anwendbar.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war Kfz-Vertragshändlerin der F-AG. Am 14.9.1977 schloss sie mit der F-AG einen Händlervertrag, aufgrund dessen sie Fahrzeuge der F-AG zu verkaufen hatte und zum Kundendienst innerhalb des ihr zugewiesenen Verkaufsund Betreuungsgebiets berechtigt und verpflichtet war. Die Klägerin sollte alle Vertragsgeschäfte im eigenen Namen und für eigene Rechnung abschließen. Eine Tätigkeit außerhalb des zugewiesenen Gebiets war ihr nicht gestattet. Bezüglich der Geschäftsführung der Klägerin waren der F-AG verschiedene Beratungs-, Ein-sichts- und Überwachungsrechte eingeräumt. Die Klägerin war verpflichtet, der F-AG Bericht über Verkaufsergebnisse und Auftragslage zu erstatten. Am 17.1.1984 schlossen die Klägerin und die F-AG einen sog. Datenverarbeitungsvertrag, der die Klägerin verpflichtete, der F-AG ihre Kundendaten zwecks Durchführung von Kundenkontaktprogrammen, Erstellung von Verkäuferinformationslisten sowie für Werbemaßnahmen und etwaige Rückrufaktionen zur Verfügung zu stellen. Die F-AG kündigte zum 31.12.1985 den Händler- und den Datenverarbeitungsvertrag. Die Klägerin verpachtete ihren gesamten Betrieb im Januar 1986 an einen anderen Vertragshändler der F-AG. Am 25.4.1986 vereinbarten die Klägerin und die F-AG, dass die F-AG der Klägerin 300 000 DM zuzüglich USt "zur Abgeltung eines Ausgleichsanspruches aus dem Händlervertrag gemäß § 89b HGB" zu zahlen hatte. Das Finanzamt versagte für diese Ausgleichszahlung die von der Klägerin begehrte Tarifbegünstigung nach § 24 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Das FG gab der Klage statt[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

§ 24 Abs. 1 Buchst. c EStG ist auf Ausgleichszahlungen, die in entsprechender Anwendung des § 89b HGB an Vertragshändler geleistet werden, analog anwendbar. Der Senat schließt sich damit der in der Literatur vertretenen Auffassung an[2]. § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG enthält eine für eine Analogie unabdingbare Regelungslücke, indem die Vorschrift nur Ausgleichzahlungen gemäß § 89b HGB an Handelsvertreter, nicht aber Ausgleichszahlungen, die Vertragshändler in entsprechender Anwendung des § 89b HGB erhalten, erfasst. Aus den Wertungen des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG - insbesondere aus seiner Entstehungsgeschichte - ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Vorschrift durch das StÄndG 1961 die unbillige Härte beseitigen wollte, die mit der nicht tarifbegünstigten Versteuerung von Ausgleichszahlungen gemäß § 89b HGB an Handelsvertreter verbunden war[3]. Erhält ein Vertragshändler in entsprechender Anwendung des § 89b HGB eine Ausgleichszahlung, so ist dieser Sachverhalt mit dem im Gesetz ausdrücklich geregelten Fall der Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter in einem solchen Maße vergleichbar, dass nach den dem Gesetz zugrunde liegenden Wertungen eine unterschiedliche Tarifbelastung nicht gerechtfertigt werden kann und eine Gleichbehandlung geboten ist.

Ein Vertragshändler kann einen Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn er in wirtschaftlicher Hinsicht dem Handelsvertreter gleichgestellt ist. Dies setzt nach der Rechtsprechung des BGH voraus, dass das Rechtsverhältnis zwischen Hersteller und Händler derart ausgestaltet ist, dass es sich nicht in einer bloßen Verkäufer-Käufer-Beziehung erschöpft, sondern der Händler so in die Absatzorganisation des Herstellers bzw. Lieferanten eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang einem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat und der Händler verpflichtet ist, dem Hersteller bzw. Lieferanten bei Vertragsende seinen Kundenstamm zu übermitteln, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann[4]. Erfüllt ein Vertragshändler - wie hier - diese Voraussetzungen und erhält er infolge dessen entsprechend § 89b HGB eine Ausgleichszahlung wie ein Handelsvertreter, so wäre die nicht tarifbegünstigte Versteuerung dieser Ausgleichszahlung eine steuerliche Ungleichbehandlung, die nach den dem Gesetz zugrunde liegenden Wertungen nicht durch die zwischen einem Vertragshändler und einem Handelsvertreter bestehenden Unterschiede gerechtfertigt werden könnte. Zwar handelt der Vertragshändler im Gegensatz zum Handelsvertreter nicht in fremdem Namen und auf fremde Rechnung, sondern in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Die Entscheidung über die Gewährung einer Tarifermäßigung gemäß § 24 i.V.m. § 34 EStG ist nach den dem § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG zugrunde liegenden Wertungen aber nicht davon abhängig zu machen, ob die Verkäufe in eigenem Namen oder bzw. und auf eigene Rechnung getätigt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 12.10.1999 - VIII R 21/97

[2] Statt V...

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