Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen des Erwerbers eines Grundstücks für eine von einem Dritten zu errichtende Privatstraße stellen auch dann Anschaffungskosten eines selbstständigen abnutzbaren Wirtschaftsgutes dar, wenn die Straße der erstmaligen Erschließung des Grundstücks dient.

 

Sachverhalt

Die Kläger erwarben 1981 ein Baugrundstück sowie einen Miteigentumsanteil an einem weiteren Grundstück, auf dem zur Anbindung des Grundstücks der Kläger und weiterer Baugrundstücke an das öffentliche Straßennetz eine Privatstraße errichtet werden sollte. Der Verkäufer verpflichtete sich gegenüber den Klägern, die (Erst-) Erschließung auf seine Kosten durchzuführen. Dafür zahlten die Kläger 35 000 DM. Die Kläger errichteten dann auf ihrem Baugrundstück ein Zweifamilienhaus, das 1982 bezugsfertig wurde. Die Privatstraße wurde 1983 fertiggestellt. Bei den ESt-Veranlagungen für die Streitjahre 1983 bis 1985 begehrten die Kläger die Berücksichtigung des Betrages von 35 000 DM als Abschreibung bei ihren Vermietungseinkünften, da die Erschließungskosten den Herstellungskosten des Gebäudes zuzuordnen seien. Das Finanzamt behandelte die streitigen Aufwendungen dagegen als Anschaffungskosten des Grund und Bodens des Baugrundstücks. Die Klage blieb erfolglos[1]. Die Revision der Kläger hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Aufwendungen der Kläger für die vom Veräußerer zu errichtende Privatstraße einschließlich deren Entwässerung und Beleuchtung dienten dem Erwerb eines selbstständig abnutzbaren Wirtschaftsgutes, das nach seiner Nutzungsdauer anteilig abzuschreiben ist. Straßenzufahrten stellen ebenso wie Hof- und Platzbefestigungen selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter dar[2]. Dasselbe gilt für die von den Klägern (anteilig) erworbene, auf dem gesonderten Grundstück angelegte Privatstraße, die als selbstständiges Wirtschaftsgut sowohl vom Grund und Boden des Straßengrundstücks als auch vom Grund und Boden des erschlossenen Grundstücks sowie vom darauf errichteten Gebäude zu trennen ist[3]. Das grundsätzlich selbstständige Wirtschaftsgut "Privatstraße" verliert seine Selbstständigkeit nicht dadurch, dass es im Zusammenhang mit der beabsichtigten Bebauung der anliegenden Grundstücke hergestellt und von den Anliegern erworben wird. Zwar dient die Anliegerstraße der erstmaligen Erschließung der anliegenden Grundstücke. Hieraus folgt aber kein derartig enger Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit den erschlossenen Grundstücken, dass die Aufwendungen für die Anliegerstraße dem Grund und Boden der Anliegergrundstücke zuzuordnen wären. Hiergegen spricht auch, dass das im Miteigentum der Anlieger stehende, zivilrechtlich selbstständige Straßengrundstück selbstständig veräußert werden kann. Entsprechend hat sich die Gemeinde das Recht vorbehalten, die Straße später als öffentliche Straße auszubauen und hierzu von den Eigentümern die Abtretung entsprechender Grundstücksflächen zu verlangen.

Insoweit unterscheidet sich die steuerrechtliche Beurteilung von Aufwendungen von Grundstückseigentümern für die

Erschließung ihrer Grundstücke durch eine Privatstraße von derjenigen einer Beitragsleistung von Anliegern zur Finanzierung einer erstmaligen Erschließung ihrer (Anlieger-)Grundstücke durch eine öffentliche Straße, bei der die Beiträge nach ständiger Rechtsprechung als Anschaffungskosten von Grund und Boden der Anliegergrundstücke zuzurechnen sind[4]. Während im Streitfall die Kläger die zur Erschließung ihres Grundstücks zu errichtende Straße (anteilig) als selbstständiges Wirtschaftsgut erwerben und deren Unterhaltung übernehmen, stellt in den Fällen einer öffentlichen Erschließung die betreffende Gemeinde das Wirtschaftsgut "Straße" her, übernimmt regelmäßig deren Unterhaltung und beteiligt die Anlieger lediglich im Wege eines Beitrages an ihren Kosten.

Die strittigen Aufwendungen für den Erwerb des Wirtschaftsgutes "Privatstraße" stehen auch in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung und sind daher nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG anteilig im Wege der Absetzung abziehbar. Der Umstand, dass die Herstellungskosten der Privatstraße auch den Wert des Straßengrundstücks erhöht haben, ändert nichts daran, dass das "auslösende Moment" für die streitigen Aufwendungen der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 19.10.1999 - IX R 34/96

[2] Vgl. BFH-Urteil vom 4.3.1998, X R 151/94, BFH/ NV 1998, S. 1086
[3] Vgl.BFH-Urteilvom30.1.1996,IXR 18/91,BStBl II1997, S. 25 = INF 1996, S. 475, betr. eine Gartenanlage

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