Überblick

Der unermüdliche Gesetzgeber hat wieder einmal das Vollstreckungsrecht im Visier – wie so häufig ausgelöst durch ein EU-weites Gesetzesvorhaben.

Die Europäische Union hat am 15.5.2014 die Europäische Kontenpfändungsverordnung[1] (EuKoPfVO) erlassen, die ab dem 18.1.2017 in allen EU-Mitgliedstaaten[2] Anwendung findet. Hierdurch sollen Gläubiger in allen EU-Mitgliedstaaten unter denselben Bedingungen Beschlüsse zur vorläufigen Kontenpfändung erwirken können.

Die EuKoPfVO gilt in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar, bedarf jedoch einiger ergänzender Durchführungsvorschriften. Hierzu hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der darin "versteckt" zahlreiche andere Neuerungen im Vollstreckungsrecht enthält, insbesondere betreffend den Vollstreckungsauftrag sowie die Reform der Sachaufklärung.

Das Inkrafttreten der einzelnen Vorschriften ist nach Art. 14 EuKoPfVODG unterschiedlich gestaffelt.

Europaweite Kontenpfändung ab 18.1.2017

Dem Buch 8 der ZPO wird der Abschnitt 6 "Grenzüberschreitende vorläufige Kontenpfändung" (§§ 946 – 959) angefügt.

Die EuKoPfVO sieht den Erlass eines einheitlichen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung vor, der gemäß den Artikeln 23 ff. EuKoPfVO von der Bank umzusetzen ist.

Das deutsche Recht sieht hingegen 2 gerichtliche Entscheidungen vor: Es unterscheidet zwischen dem Verfahren auf Anordnung des Arrests (§§ 916 ff. ZPO) und der Vollziehung des Beschlusses (§§ 928930 ZPO i. V. m. den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung). Hat der Antragsteller in einem ersten Schritt einen Arrestbeschluss (oder Arresturteil) erwirkt, muss er alsdann einen Kontopfändungsbeschluss des zuständigen Gerichtes gemäß § 930 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 829 ff. ZPO beantragen.

Reform der Sachaufklärung

Darüber hinaus sieht der Entwurf gesetzliche Klarstellungen und Ergänzungen zivilprozessualer Regelungen vor, die mit dem am 1.1.2013 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung im Zusammenhang stehen. Sie treten an dem Tag nach Verkündung des Gesetzes in Kraft.

Das Wichtigste

Die wichtigsten Änderungen:

  • § 755 ZPO: Die Ermittlungsmöglichkeiten des Gerichtsvollziehers werden erweitert. Ferner wird klargestellt, dass in den Grenzwertbetrag von 500 EUR auch titulierte Nebenforderungen und Kosten einzubeziehen sind, ferner dass die erhobenen Daten unter bestimmten Voraussetzungen auch in anderen Vollstreckungsverfahren gegen den betreffenden Schuldner verwendet werden dürfen.
  • § 802d ZPO: Klarstellung, dass der Gläubiger auf die Zuleitung des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses nicht verzichten kann, da andernfalls der Zweck des neuen Schuldnerverzeichnisses, Auskunft über die Kreditunwürdigkeit einer Person zu geben, nicht erreicht werden könnte.
  • § 802f ZPO: Die Neufassung des Absatzes 5 Satz 1 soll sicherstellen, dass der Gerichtsvollzieher Vermögensverzeichnis in Gegenwart des Schuldners anhand dessen Angaben elektronisch errichtet und nicht – wie bislang gelegentliche Praxis – dem Schuldner vorab einen Vordruck zum Ausfüllen überreicht.
  • § 802g ZPO: Die Übergabe des Haftbefehls bei der Verhaftung des Schuldners ist (auch kostenrechtlich) nicht als Parteizustellung zu behandeln. Sie erfolgt von Amts wegen.
  • § 802l ZPO: Die erhobenen Daten dürfen unter bestimmten Voraussetzungen auch einem weiteren Gläubiger übermittelt werden (Abs. 4 und 5 neu).
  • § 882c ZPO: Klarstellung, dass der Gerichtsvollzieher die Eintragungsanordnung von Amts wegen, also gebührenfrei zustellt und auch über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung zu entscheiden hat.
  • § 882d ZPO: Wird dem Gerichtsvollzieher vor der Übermittlung der Eintragungsanordnung bekannt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung nicht oder nicht mehr vorliegen, so kann er – wie nunmehr klargestellt – selbst die Anordnung aufheben. Ein Widerspruchsverfahren kann so vermieden werden.

Sonstige Änderungen

Im Übrigen ermöglicht § 754a ZPO n. F. den vereinfachten Vollstreckungsauftrag bei Vollstreckungsbescheiden, sofern näher bezeichnete Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vorschrift ist § 829a ZPO nachgebildet. Inkrafttreten: am Tag nach der Verkündung.

Ferner wurde die Gerichtsvollzieherformular-Verordnung modifiziert: Das durch diese Verordnung eingeführte Formular für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher, das nach § 753 Abs. 3 ZPO verbindlich zu benutzen ist, wird im Hinblick auf die erweiterten Ermittlungsbefugnisse des Gerichtsvollziehers (lediglich) in den Modulgruppen L und M neu gefasst. Das bisherige Formular darf noch innerhalb der ersten 3 Monate nach dem Inkrafttreten der Änderung verwendet werden. Inkrafttreten: am 1. Tag des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats.

Hinweis

Wir werden Sie über den weiteren Gesetzgebungsstand informieren.

(Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer Vorschriften (EuKoPfVODG), BT-Dr. 18/7560, dazu Schmidt, JurBüro 2015, S. 395)

[1] Verordnung (EU) Nr. 655/2014 zu...

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