Leitsatz (amtlich)

Übernimmt der mit einem Grundstück unter Vorbehaltsnießbrauch Beschenkte auch die persönliche Haftung für die auf dem Grundstück abgesicherten Verbindlichkeiten, verpflichtet sich aber der Schenker und Vorbehaltsnießbraucher, diese Verbindlichkeiten für die Dauer des Nießbrauchs weiter zu tilgen und zu verzinsen, liegt keine gemischte, sondern eine reine Schenkung vor. Die Schuldübernahme durch den Beschenkten steht unter einer aufschiebenden Bedingung und ist daher gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. den §§ 8, 6 Abs. 1 BewG bis zum Eintritt der Bedingung nicht zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

Am 21.12.1994 wendete die Mutter der Klägerin mehrere Grundstücke mit Einheitswerten von zusammen 845 600 DM und Verkehrswerten von zusammen 3 Mio. DM zu. Die Klägerin übernahm die Belastungen der Grundstücke einschließlich der diesen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten von rd. 1 Mio. DM "mit schuldbefreiender Wirkung" für die Mutter ab dem Übergabestichtag. Die Mutter behielt sich den lebenslänglichen Nießbrauch an den Grundstücken vor und verpflichtete sich gegenüber der Klägerin, während der Dauer des Nießbrauchs sämtliche grundstücksbezogenen Belastungen einschließlich der Zinsen und Tilgungsleistungen auf die von der Klägerin übernommenen Schulden zu tragen. Das Finanzamt setzte die Schenkungsteuer ohne Berücksichtigung der von der Klägerin übernommenen Verbindlichkeiten fest. Die Klage, mit der die Klägerin begehrte, die übernommenen Verbindlichkeiten abzuziehen, blieb im Wesentlichen ohne Erfolg[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Ob einer freigebigen Zuwendung eine Gegenleistung mit der Folge gegenübersteht, dass eine gemischte Schenkung gegeben ist, bestimmt sich zunächst nach zivilrechtlichen Grundsätzen. Soweit die Gegenleistung in der Übernahme von Verbindlichkeiten des Zuwendenden bestehen soll, ist dabei nicht maßgebend, ob der Bedachte die Verbindlichkeiten im Außenverhältnis zu den Gläubigern übernommen hat, sondern darauf abzustellen, ob er den Zuwendenden im Innenverhältnis von seinen Verbindlichkeiten zu befreien hat[2]. Dies ist trotz einer dahin gehenden ausdrücklichen Erklärung dann nicht der Fall, wenn sich in einer gleichzeitig getroffenen gegenläufigen Vereinbarung der Zuwendende dem Bedachten gegenüber verpflichtet, die auf die Verbindlichkeiten zu entrichtenden Zins- und Tilgungsleistungen bis zur vollständigen Erfüllung aufzubringen. Dann heben sich nämlich die das Innenverhältnis betreffenden Vereinbarungen auf Dauer mit der Folge auf, dass im Innenverhältnis nach wie vor der Zuwendende die Schuldenlast trägt und sich insoweit an dem Zustand vor der Zuwendung nichts geändert hat. Im Streitfall hat sich die Mutter als Zuwendende in der gegenläufigen Vereinbarung zwar nur für die Dauer ihres lebenslänglichen Nießbrauchs verpflichtet, die Verbindlichkeiten weiter zu verzinsen und zu tilgen. Jedoch bewirkt auch diese Vereinbarung, dass sie im Innenverhältnis zur Klägerin zunächst zur Verzinsung und Tilgung der Verbindlichkeiten verpflichtet bleibt und die Schuldübernahme durch die Klägerin insoweit im Innenverhältnis leer läuft. Allerdings ist diese gegenläufige Vereinbarung auflösend bedingt. Dem Erlöschen des Nießbrauchs[3] durch den Tod der Mutter kommt bezüglich dieser Vereinbarung gemäß § 163 i.V.m. § 158 Abs. 2 BGB die Bedeutung einer auflösenden Bedingung zu. Korrespondierend damit wirkt dasselbe Ereignis für die zunächst vereinbarte Schuldübernahme durch die Klägerin gemäß den §§ 163, 158 Abs. 1 BGB als aufschiebende Bedingung. Diese aufschiebende Bedingung steht ungeachtet ihrer Bedeutung für die zivilrechtliche Annahme einer gemischten Schenkung jedenfalls schenkungsteu-errechtlich einer gemischten Schenkung entgegen. Selbst wenn zivilrechtlich von einer hinsichtlich der Gegenleistung aufschiebend bedingten gemischten Schenkung gesprochen werden könnte, könnte dies schenkungsteuerrechtlich nicht nachvollzogen werden. Dies ergibt sich aus § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. den §§ 8, 6 Abs. 1 BewG, wonach aufschiebend bedingte Lasten nicht zu berücksichtigen sind. Der vereinzelt vertretenen gegenteiligen Ansicht[4] ist nicht zu folgen, weil sie mit der Verweisung des § 12 Abs. 1 ErbStG auf § 6 Abs. 1 BewG nicht vereinbar ist.

Ist zumindest schenkungsteuerrechtlich eine reine Schenkung anzunehmen, scheidet vorliegend auch ein sog. Mischfall[5] aus. Bei der Ermittlung der durch die Schenkung abgetretenen Bereicherung i.S. des § 10 Abs. 1 ErbStG ist das Nießbrauchsrecht der Mutter nicht zu berücksichtigen. Es stellt zwar eine sog. Nut-zungs- oder Duldungsauflage dar[6]. Sie kann jedoch nicht als Last abgezogen werden, weil dem § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG entgegensteht.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 17.10.2001 – II R 60/99

[1] Vgl. FG Münster, Urteil vom 22.7.1999, 3 K 5779/96 Erb, EFG 1999, S. 1194
[3] Vgl. § 1061 BGB
[4] Vgl. z.B. Streck/Schwedhelm, Grundstücksübertragung zur vorweggenommenen Er...

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