Überblick

Die Vorsteueraufteilung bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei Gebäuden war seit 2006 zwischen BFH und Finanzverwaltung umstritten. Während der BFH eine Aufteilung sämtlicher Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach einem einheitlichen Aufteilungsmaßstab vornehmen wollte, wollte die Finanzverwaltung bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten jede einzelne Aufwendung dahingehend untersuchen, ob sie nicht einem vorsteuerabzugsberechtigend oder vorsteuerabzugsschädlich verwendeten Gebäudeteil direkt zuzurechnen ist. Nach einem weiteren Urteil des BFH vom November 2007 gibt die Finanzverwaltung nunmehr ihren Widerstand auf und akzeptiert die einheitliche Aufteilungsmethode des BFH.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

Soll ein Gebäude sowohl für vorsteuerabzugsberechtigende wie auch für vorsteuerabzugsschädliche Ausgangsleistungen verwendet werden, muss der Unternehmer die mit diesem Gebäude im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG nach einem wirtschaftlich vertretbaren Aufteilungsmaßstab aufteilen; die Aufteilung kann auch im Rahmen einer sachgerechten Schätzung erfolgen. Allerdings sind nur die Aufwendungen in die Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG einzubeziehen, die nicht direkt einem vorsteuerabzugsberechtigend oder vorsteuerabzugsschädlich verwendeten Gebäudeteil zuzurechnen sind.

Strittig war die Vorsteueraufteilung bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AHK). Der BFH[1] hatte 2006 entschieden, dass Aufwendungen, die den Gegenstand selber betreffen (also AHK oder nachträgliche AHK) für die Vorsteueraufteilung anders zu beurteilen sind als die Aufwendungen, die die Erhaltung, Nutzung oder den Gebrauch des Gebäudes betreffen. Die AHK oder nachträglichen AHK müssten nach Auffassung des BFH nach einem einheitlichen Aufteilungsmaßstab für das gesamte Gebäude aufgeteilt werden, während die Aufwendungen für die Erhaltung, Nutzung oder den Gebrauch des Gebäudes soweit wie möglich den jeweiligen Gebäudeteilen zugeordnet werden sollten.

Die Finanzverwaltung reagierte auf dieses BFH-Urteil mit einem Nichtanwendungserlass[2] und wollte auch die AHK soweit wie möglich erst einmal den unterschiedlich für den Vorsteuerabzug verwendeten Gebäudeteilen zuordnen. Diese Rechtsauffassung wurde dann auch in Abschn. 208 Abs. 2 UStR 2008 mit aufgenommen. In seinem Urteil v. 22.11.2007 blieb der BFH[3] jedoch bei seiner Rechtsauffassung und verwarf die Auffassung der Finanzverwaltung. Mit Schreiben vom 30.9.2008 hat die Finanzverwaltung ihren Widerstand gegen die Rechtsprechung des BFH aufgegeben und akzeptiert die einheitliche Aufteilung der Vorsteuerbeträge.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Bei Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Gebäude muss zuerst geprüft werden, ob es sich um

  • Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder um
  • Aufwendungen für die Erhaltung (Instandsetzungskosten), Nutzung oder den Gebrauch des Grundstücks

handelt. Dabei erfolgt eine Abgrenzung jeweils nach ertragsteuerrechtlichen Kriterien.

Wichtig

Die ertragsteuerrechtliche Qualifizierung gilt aber nicht bei dem sog. anschaffungsnahen Aufwand. Instandsetzungsaufwendungen, die in zeitlicher Nähe zu einem Anschaffungsvorgang angefallen sind und ertragsteuerrechtlich in Anschaffungskosten umqualifiziert werden, bleiben für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung Instandsetzungsaufwendungen.

Bei Aufwendungen, die die Erhaltung, Nutzung oder den Gebrauch des Grundstücks betreffen, bleibt es bei dem alten Grundsatz der Zuordnung vor der Aufteilung. Der Unternehmer muss somit zuerst prüfen, ob diese Aufwendung einem bestimmten Gebäudeteil direkt zuzurechnen ist. Nur die Aufwendungen, die nicht direkt zuzuordnen sind, können nach § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden.

Praxis-Beispiel

Der Immobilienbesitzer I lässt an einem Gebäude die Fassade streichen. Außerdem wird in einer Mietwohnung das Bad neu gefliest. Das Gebäude wird zum Zeitpunkt der Ausführung der Leistungen zu 50 % für vorsteuerabzugsberechtigende Ausgangsleistungen verwendet.

Die Vorsteuer aus der Instandsetzung des Bades ist direkt der steuerfreien Vermietung der Wohnung zuzuordnen – der Vorsteuerabzug ist insoweit nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen (Vorsteuerabzug/Ausschluss). Das Streichen der Fassade kann hingegen nicht einer bestimmten Ausgangsleistung zugeordnet werden, sodass eine Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG erfolgen muss. Der I kann aus der Rechnung des Malers 50 % Vorsteuer abziehen.

Praxis-Tipp

Bei dem Umbau eines Gebäudes muss nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen unterschieden werden, ob es sich um nachträgliche Herstellungskosten oder um Instandhaltungskosten handelt.

Anschaffungs- oder Herstellungskosten wie auch nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind hingegen nach der Rechtsprechung des BFH nach einem für das gesamte Gebäude geltenden einheitlichen Aufteilungsmaßstab aufzuteilen. Da im Regelfall bei der Anschaffung oder Herstellung eines...

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