Kommentar

Zum 1.1.2010 treten erhebliche Veränderungen bei der Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung in Kraft. Die Finanzverwaltung hatte schon in einem ausführlichen Schreiben v. 4.9.2009[1] zur Anwendung dieser Vorschriften Stellung genommen. In einem weiteren Schreiben präzisiert die Verwaltung jetzt zwei Aussagen des Einführungsschreibens und ergänzt diese Aussagen.

Wird eine Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt, ist der Ort der sonstigen Leistung dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt oder eine die Leistung empfangende Betriebsstätte unterhält (§ 3a Abs. 2 UStG). Unerheblich für diese Rechtsfolge ist, ob die Leistung für steuerbare Ausgangsleistungen oder für nicht steuerbare Ausgangsleistungen (z. B. für nicht steuerbare Geschäftsveräußerungen) verwendet wird.

Wichtig

Die Finanzverwaltung stellt jetzt außerdem klar, dass diese Regelung auch dann gilt, wenn der Leistungsempfänger die Leistung sowohl zum Teil für sein Unternehmen als auch für seinen nichtunternehmerischen Bereich bezieht.

Bei Beförderungsleistungen von Gegenständen, die gegenüber einem Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt werden, bestimmt sich der Ort der Leistung ab dem 1.1.2010 unabhängig von der zurückgelegten Beförderungsstrecke nach § 3a Abs. 2 UStG. Die Finanzverwaltung hatte in ihrem Einführungsschreiben v. 4.9.2009[2] – abweichend von der gesetzlichen Regelung – festgestellt, dass es in den Fällen, in denen eine Beförderungsleistung ausschließlich im Drittlandsgebiet ausgeführt wird, nicht beanstandet wird, wenn eine Umsatzsteuer dafür in Deutschland beim Leistungsempfänger nicht erhoben wird. Diese Ausnahmeregelung setzte aber voraus, dass die Leistung von einem im Ausland ansässigen Unternehmer ausgeführt wird, damit der Leistungsempfänger im Inland zum Steuerschuldner nach § 13b UStG wird. Ergänzend dazu wird jetzt festgestellt, dass es ebenfalls nicht beanstandet wird, wenn die ausschließlich im Drittlandsgebiet ausgeführte Beförderungsleistung durch einen inländischen Unternehmer ausgeführt wird, der die Umsatzsteuer nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG schulden würde.

Praxis-Beispiel

Unternehmer U aus Stuttgart beauftragt den Frachtführer F aus München, für ihn einen Gegenstand aus Moskau nach St. Petersburg zu transportieren.

Die Beförderungsleistung wird an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt. Der Ort der Leistung ist nach § 3a Abs. 2 UStG in Stuttgart, da der Leistungsempfänger dort ansässig ist. Die Beförderungsleistung ist in Deutschland auch nicht steuerbefreit. Da die Leistung von einem im Inland ansässigen Unternehmer ausgeführt wird, wäre der F der Steuerschuldner für diese Beförderungsleistung. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist es aber nicht zu beanstanden, wenn die Umsatzsteuer für die steuerbare und steuerpflichtige Leistung nicht erhoben wird.

Darüber hinaus wird die Nichterhebung der Umsatzsteuer auch auf die folgenden Leistungen ausgedehnt, soweit sie ausschließlich im Drittlandsgebiet ausgeführt worden sind:

  • Leistungen im Zusammenhang mit einer Güterbeförderung (z. B. Beladen, Entladen, Umschlagen).
  • Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen.
  • Reisevorleistungen nach § 25 Abs. 1 UStG.
Praxis-Tipp

Nicht unter die Ausnahmeregelung fallen die Leistungen, die in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten (Freihäfen, Küstenstreifen zwischen Strandlinie und Hoheitsgrenze) ausgeführt werden.

Konsequenzen für die Praxis

Es ist sicher gut gemeint von der Finanzverwaltung. Es bleibt aber die Frage, ob es der Finanzverwaltung zusteht, angesichts der eindeutigen und klaren gesetzlichen Regelung – selbst wenn sie von den wirtschaftlichen Ergebnissen her nicht überzeugend ist und zu Doppelbesteuerungen führt – auf die Erhebung der Umsatzsteuer zu verzichten. Nicht überzeugende gemeinschaftsrechtliche Regelungen, die in nationales Recht zu übernehmen sind, können nicht "contra legem" von der Verwaltung per Schreiben außer Kraft gesetzt werden.

Praxis-Tipp

Zu beachten ist, dass Gerichte nicht an solche "Vereinfachungsregelungen" gebunden sind und damit immer ein Restrisiko bestehen bleibt.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

BMF, Schreiben v. 8.12.2009, IV B 9 – S 7117/08/10001

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