Überblick

Der BFH[1] hatte im November in einem Aussetzungsverfahren festgestellt, dass noch nicht abschließend geklärt ist, welche Anforderungen an den Nachweis für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu stellen sind und wie weit die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG reicht. Das Bundesministerium der Finanzen stellt jetzt in einem Schreiben klar, dass eine Berufung auf dieses Urteil nur in den Fällen möglich ist, in denen der BFH nicht schon über die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 6a UStG in anderen Fällen entschieden hat. Insbesondere werden die schon geklärten Problemfälle aufgezählt.

 

Die rechtliche Problematik

Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei. Voraussetzung ist dabei vor allem, dass der leistende Unternehmer nachweisen kann, dass der Gegenstand tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat gelangt ist (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Darüber hinaus muss nachgewiesen werden, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat, eine juristische Person ist oder es sich um die Lieferung eines neuen Fahrzeugs handelt (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 UStG) und die Besteuerung eines innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsland sichergestellt ist (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Diese Voraussetzungen werden durch die Aufzeichnung der zutreffenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Leistungsempfängers nachgewiesen.

Hat der leistende Unternehmer eine Lieferung nach § 6a UStG steuerfrei behandelt, obwohl die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, so greift nach § 6a Abs. 4 UStG eine Vertrauensschutzregelung, nach der die Lieferung dennoch als steuerfrei behandelt werden kann, wenn der leistende Unternehmer dieses bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Umstritten ist die Reichweite der Vertrauensschutzregelung.

 

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Der BFH hatte in einem Verfahren zu einer Aussetzung der Vollziehung festgestellt, dass noch nicht abschließend geklärt ist, wie der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung zu führen sei und wie weit die Vertrauensschutzregelung nach § 6a Abs. 4 UStG reichen kann. Hierzu sind diverse Verfahren beim Europäischen Gerichtshof und beim BFH anhängig.

In dem zu beurteilenden Fall lieferte ein deutscher Unternehmer hochwertige Fahrzeuge nach Spanien. Die von den Erwerbern verwendeten USt-IdNrn. waren zum Zeitpunkt der Lieferung gültig und auch vom Bundesamt für Finanzen (jetzt: Bundeszentralamt für Steuern) nach § 18e UStG bestätigt. Die Finanzverwaltung verwehrte jedoch die Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung mit dem Hinweis, dass es sich lediglich um rechtlich existente, wirtschaftlich jedoch inaktive Scheinunternehmen handeln würde. Der BFH gewährte die Aussetzung der Vollziehung, da die Rechtslage ungeklärt ist.

Eine Aussetzung der Vollziehung kann aber nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen in Streitfällen über die Gewährung der Steuerfreiheit nach § 6a UStG nicht grundsätzlich gewährt werden. Insbesondere die folgenden Streitpunkte sind aus Sicht der Finanzverwaltung schon höchstrichterlich geklärt und können somit nicht zu einer Aussetzung der Vollziehung führen:

  • In einem Abholfall hat der liefernde Unternehmer keine Kenntnis über das tatsächliche Gelangen des Gegenstands in einen anderen Mitgliedstaat und die schriftliche Abnehmerbestätigung liegt im Zeitpunkt der Geltendmachung der Steuerbefreiung nicht vor[2].
  • Der liefernde Unternehmer hat eine unrichtige USt-IdNr. des Leistungsempfängers aufgezeichnet[3].
  • Die vom Abnehmer angegebene USt-IdNr. ist im Zeitpunkt der Lieferung nicht mehr gültig[4].
  • Bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung tritt für den leistenden Unternehmer erkennbar eine andere Person als Abnehmer auf als sein Vertragspartner, sodass der liefernde Unternehmer mit der Nichtbesteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs rechnen muss[5].
  • Der liefernde Unternehmer ist seinen Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG und §§ 17a ff. UStDV nicht oder nicht vollständig nachgekommen; die Vertrauensschutzregelung nach § 6a Abs. 4 UStG kann nicht angewendet werden[6].
  • Der liefernde Unternehmer wusste, dass zumindest ein Teil der von ihm gelieferten Gegenstände im Inland verblieben ist[7].
 

Konsequenzen für die Praxis

Es ist erstaunlich, dass über 13 Jahre nach Einführung der Binnenmarktregelungen eine so weitreichende Frage wie der Nachweis der Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung und die Anwendung einer Vertrauensschutzregelung weitestgehend ungeklärt ist. Erfahrungsgemäß legt die Finanzverwaltung die vorhandenen Vorschriften eng aus.

Mit dem Aussetzungsverfahren beim BFH ist jedoch für Unternehmer das Problem noch nicht entschärft. Wie der BFH und letztlich der EuGH entscheiden wird, ist noch offen. Der EuGH[8] hat sich zwar in der Vergangenheit häufiger auf die Seite der gutgläubigen Unternehmer gestellt. Allerdings hat...

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