Anwaltshaftung

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts ist regelmäßig auf die Erbringung einer Dienstleistung in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages gerichtet. Der Anwalt schuldet dabei zwar nicht den Eintritt eines bestimmten Erfolges. Er haftet dem Mandanten gegenüber aber für die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstleistung.  

Was ist Anwaltshaftung: Definition

Wenn von Anwaltshaftung die Rede ist, geht es um die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten oder anderen Personen zum Schadensersatz verpflichtet ist. Ein gesetzlich kodifiziertes Anwaltshaftungsrecht existiert nicht, sieht man von vereinzelten gesetzlichen Regelungen wie § 44 Satz 2 BRAO oder § 52 BRAO ab. Grundlegende Bedeutung kommt daher dem Richterrecht und hier vor allem der Rechtsprechung des für die Anwaltshaftung (wie auch für die Haftung der Rechtsbeistände und Steuerberater) zuständigen neunten Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu.

Rechtsnatur des Anwaltsvertrages

Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum ist der typische Anwaltsvertrag regelmäßig als Dienstvertrag einzuordnen, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§§ 611, 675 Abs. 1 BGB). Dies gilt auch für den Vertrag eines anwaltlichen Mediators mit einer einzelnen Konfliktpartei. Je nach Inhalt der übernommenen Leistungen kann der Anwaltsvertrag aber auch ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Werkvertrag (§§ 631, 675 Abs. 1 BGB) sein oder ausnahmsweise den Charakter eines Garantievertrages haben. 

Die Abgrenzung zwischen Anwaltsdienstvertrag und Anwaltswerkvertrag ist ungeachtet der zentralen Haftungsnorm des § 280 Abs. 1 BGB und der übereinstimmenden Pflichten von Bedeutung. Das Werkvertragsrecht sieht verschuldensunabhängige Nacherfüllungsansprüche vor, die sich auch auf die Vergütung auswirken können; auch der Verjährungsbeginn (Abnahme) kann abweichen. Ob ein Anwaltsvertrag als Dienst- oder als Werkvertrag einzuordnen ist, muss stets im Einzelfall ermittelt werden. Die Tätigkeit eines Rechtsanwalts ist im Regelfall, insb. bei Beauftragung zur Prozessführung oder zur Besorgung von sonstigen Rechtsangelegenheiten, als Dienstvertrag zu qualifizieren.

Umfangreiche Rechtsprechung zur Anwaltshaftung

Die Rechtsprechung zur Anwaltshaftung ist umfangreich, die Gerichte müssen sich immer wieder mit Regressfällen geschädigter Mandanten befassen. Die an die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gestellten Anforderungen sind hoch. Die Kenntnis der aktuellen Gesetzeslage und der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird vorausgesetzt. Nicht selten passieren daher Fehler. Dennoch suchen Mandanten oft vergeblich nach einem Schuldigen für den erfolglosen Ausgang eines geführten Rechtsstreits. Denn eine Haftung besteht nur dann, wenn der Rechtsuchende ohne den Fehler des Anwalts den Rechtsstreit gewonnen hätte.

Anwaltshaftung und Pflichten des Rechtsanwaltes

Der Rechtsanwalt ist im Rahmen der Mandatsbearbeitung nicht verpflichtet, den Sachverhalt selbst zu erforschen, sondern kann von den Angaben seines Mandanten ausgehen. Er muss lediglich geeignete Fragen stellen, um den Sachverhalt so zu ermitteln, dass eine Prüfung der Rechtslage möglich ist. Er hat zu prüfen, ob und gegebenenfalls auf welchem Weg das vom Mandanten gewünschte Ziel erreicht werden kann. Dabei hat er grundsätzlich den sichersten Weg zu wählen. Dieser muss nicht notwendigerweise der kostengünstigste sein. Er hat den Mandanten umfassend rechtlich zu beraten und vor vorhersehbaren und vermeidbaren Risiken zu warnen. Kommt er diesen Pflichten nicht nach und entsteht dem Mandanten dadurch ein Schaden, so haftet der Anwalt.

Verjährung der Anwaltshaftung

Ein Schadensersatzanspruch des Mandanten oder eines geschützten Dritten aus einem berufstypischen (echten) Anwaltsvertrag verjährt grundsätzlich nach § 199 BGB innerhalb von 3 Jahren, unabhängig davon, ob es sich nach dem Regelfall um einen Dienstvertrag oder ausnahmsweise um einen Werkvertrag handelt; für Mängelansprüche des Bestellers aus einem Werkvertrag gilt allerdings die Sonderverjährung des § 634a BGB.

Die Verjährungsfrist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Mandant Kenntnis von der Pflichtverletzung des Anwalts hat oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte haben müssen.

News 23.08.2023 BGH-Urteil

Die laufende rechtliche Beratung eines Unternehmens kann bei erkennbarer Insolvenzreife eine Hinweis- und Warnpflicht des Anwalts gegenüber der Unternehmensleitung auslösen. Bei Verletzung drohen Regressansprüche.mehr

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News 16.08.2023 Videocast

Bei Recht Kompakt, Ihrem wöchentlichen Rechtsbriefing, fassen wir die wichtigsten Entscheidungen des BGH der letzten Woche zusammen. Darüber hinaus informieren wir Sie über aktuelle Themen und geben Ihnen einen Ausblick auf die Beiträge, die Sie diese Woche auf unserem Rechtsportal erwarten.mehr

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News 04.07.2023 BGH

Die Ankündigung eines Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist enthält weder unmittelbar noch konkludent den angekündigten Antrag auf Fristverlängerung.mehr

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News 25.05.2023 BGH-Beschluss

Eine Berufung ist trotz falscher Angaben in der Berufungsschrift zum Aktenzeichen, zum Verkündungstermin und zur Zustellung des Urteils wirksam eingelegt, wenn zweifelsfrei bestimmbar ist, welches Urteil angefochten werden soll.mehr

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News 02.05.2023 Rechtsanwaltspflichten

Ein Anwalt darf die Angaben seines Mandanten zum Zeitpunkt der Zustellung eines Widerspruchsbescheids nicht ungeprüft übernehmen, sondern muss den Zeitpunkt der Zustellung selbst eigenverantwortlich überprüfen.mehr

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News 26.04.2023 Anwaltshaftung

Bei vorübergehendem Funktionsausfall eines Computers bedarf es für einen Wiedereinsetzungsantrag substantiierter Darlegungen zur Art des Defekts. Verbleibt die Möglichkeit eines Anwaltsverschuldens, scheidet eine Wiedereinsetzung aus.mehr

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News 21.02.2023 Anwaltshaftung

Bei Zweifeln an der Richtigkeit einer von einem Anwalt abgegebenen eidesstattlichen Versicherung zu den Gründen für eine Fristversäumnis, hat die vertretene Partei ein Recht auf Vernehmung des Anwalts als Zeugen zum Aussageinhalt.mehr

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News 07.04.2022 Anwaltshaftung

Rechtsanwälte haben in Fällen einer Vertragsberatung die Pflicht, den Mandanten auf ein mögliches Beurkundungserfordernis hinzuweisen. Die Belehrungspflicht umfasst aber nicht die Einzelheiten einer Beurkundung.mehr

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News 13.10.2021 Neue Rechtslage verschlechterte die Aussichten

Verschlechtern sich die Erfolgsaussichten während eines Rechtsstreits infolge einer BGH-Entscheidung erheblich, muss der Anwalt seinen Mandanten auch bei erfolgter Kostendeckungszusage der Rechtsschutzversicherung hierüber aufklären.mehr

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News 01.10.2021 Untergegangener Zugewinnausgleichsanspruch

Ist ein Rechtsanwalt damit beauftragt worden, einen güterrechtlichen Auskunftsanspruch abzuwehren, dann muss er seinen Mandanten auf die Möglichkeit hinweisen, einen offensichtlich bestehenden eigenen Zugewinnausgleichsanspruch geltend zu machen. Verjährt dieser, haftet der Anwalt.mehr

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News 12.08.2021 Belehrungspflicht bei Aussichtslosigkeit

Endet die Berufung mit einer Entscheidung, kostet dies den Unterliegenden 4,0 Gerichtsgebühren, doppelt so viele wie bei vorheriger Rücknahme. Entsprechende Beratung des Mandanten durch den Prozessbevollmächtigten ist gefragt, umso mehr, wenn zuvor ein richterlicher Hinweis zur beabsichtigten Entscheidung ergeht. Wie sieht es aus, wenn eine Rechtschutzversicherung involviert ist?mehr

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News 02.03.2021 Anwaltshaftung

Der BGH stellt hohe Anforderungen an die Identifizierbarkeit eines Rechtsmittelführers: Vertritt ein Rechtsanwalt erstinstanzlich mehrere Streitgenossen, muss er innerhalb der Berufungsfrist unmissverständlich deutlich machen, wer Berufungskläger ist. Andernfalls ist die Berufung unzulässig.mehr

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News 21.08.2020 Schutzwirkung gegenüber Dritten

Entfaltet der Anwaltsvertrag Schutzwirkung gegenüber Dritten? Wann bestehen für den Rechtsanwalt Beratungspflichten gegenüber Personen im nahen Umfeld des Mandanten und in Bezug auf Ansprüche, die zwar nicht explizit Gegenstand des Mandats sind, aber dazu in Verbindung stehen? Ein BGH-Urteil zeigt dazu Kriterien auf.mehr

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News 05.08.2020 beA und Anwaltshaftung

Fehler beim Übermitteln von Schriftsätzen im elektronischen Rechtsverkehr können auch noch nach 8 Monaten geheilt werden, wenn der Anwalt nach entsprechendem Hinweis, zu dem das Gericht verpflichtet ist, zügig handelt. Hier enthielt die Kündigungsschutzklage keine zur unmittelbaren Bearbeitung durch das Gericht geeigneten Schriftsätze.mehr

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News 12.03.2020 BGH zu Haftungsgrundsätzen

Ein Rechtsanwalt, der zu einer Scheidungsfolgenvereinbarung berät, muss auf die Notwendigkeit hinweisen, einen Steuerberater hinzuzuziehen, wenn sich wegen der Übertragung von Grundeigentum eine steuerliche Belastung aufdrängt und er im Hinblick auf die steuerrechtlichen Unwägbarkeiten zur Beratung nicht bereit oder imstande ist.mehr

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News 14.02.2020 Anwaltshaftung

Ein Rechtsanwalt muss die Zwangsvollstreckung zügig betreiben, wenn ansonsten die Gefahr besteht, dass der Mandant mit seiner Forderung ausfällt. Wenn er umständlich vorgeht, obwohl er von den wirtschaftlichen Problemen des Schuldners Kenntnis hat, kann ihm Haftung drohen.mehr

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News 22.08.2019 Anwaltshaftung

Die Rechtsschutzversicherung kann Schadensersatzansprüche gegen den Rechtsanwalt wegen Pflichtverletzungen aus dem Anwaltsvertrag trotz erfolgter Deckungszusage geltend machen. Die Deckungszusage sieht den Schutz des Versicherungsnehmers vor und entfaltet für den beauftragten Rechtsanwalt in der Regel keine Schutzwirkung.mehr

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News 25.07.2019 Anwaltspostfach und Anwaltshaftung

Vorsicht beim Umgang mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach: Fehler können schnell zum Haftungsfall werden. So z.B. wenn Karte und PIN zur Urlaubsvertretung an einen Kollegen gegeben werden und dieser einen fristwahrenden Schriftsatz einreicht. Wie können Urlaubsvertretung und beA korrekt in Einklang gebracht werden?mehr

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News 24.06.2019 Frist versäumt

Der Gesetzgeber hat per Verordnung auf den 1.1.2018 entschieden, dass mehrere elektronische Dokumente nicht mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt werden dürfen (§ 4 Abs. 2 ERVV). Das hat fatale Folgen, wenn ein wichtiger Schriftsatz auf diesem Wege zum Gericht gelangt, hat sich aber nur langsam rumgesprochen. Nach BSG, BVerwG und BAG bestätigte nun auch der BGH diese geänderte Rechtslage.mehr

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News 01.04.2019 BGH zu anwaltlicher Organisation

Zwar wird der Kanzleialltag immer elektronischer, bei der Fristenkontrolle ist jedoch nach einem aktuellen Beschluss des BGH Papier weiter wichtig und ein Ausdruck vom elektronischen Fristenkalender unerlässlich. Nur so sei hohe Sicherheit für eine Fristenwahrung zu gewährleisten und ein anwaltliches Organisationsverschulden vermeidbar.mehr

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News 18.03.2019 Zugang eines Kündigungsschreibens

Vertrauen ist grundsätzlich gut, aber seitens des Anwalts gegenüber Aussagen seiner Mandanten nicht angebracht. Bei Informationen zu Rechtstatsachen darf kein juristisches Wissen vorausgesetzt werden. Nach sorgfältigem Befragen muss der Anwalt selbst die rechtlichen Schlüsse ziehen. Es ging um den Zugang eines Kündigungsschreibens.mehr

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News 08.02.2019 Fristversäumnis

Mandanten haften für ihre Anwälte. Das bekam eine Frau in einer familienrechtlichen Sache zu spüren, deren Anwältin bzw. deren Büropersonal gleich mehrere Formfehler bei einer Berufungsbegründungs-Fristverlängerung unterliefen. Die Anwältin hatte den Antrag während ihres Urlaubs ihrer Kanzleiangestellten zur Unterschrift überlassen. Diese steuerte weitere Fehler bei. mehr

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News 13.04.2017 Auskunftspflicht

Nicht nur der Rechtsanwalt selbst, auch die Rechtsanwaltskammer ist verpflichtet und auch berechtigt, unzufriedenen Mandanten auf Antrag Auskunft über Berufshaftpflicht und Versicherungsnummer eines Anwalts für die Verfolgung von Regressansprüchen zu geben. Das ergibt sich u. a. aus der BRAO.mehr

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News 27.07.2016 Anwaltshaftung

Der BGH hat die Schadensersatzklage des ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, gegen die Kanzlei Gleiss Lutz abgewiesen. Der Grund: Mandant der Kanzlei im Zusammenhang mit dem Kauf der EnBW-Anteile war allein das Land. Mappus sei nicht in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen gewesen.mehr

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Serie 28.01.2016 Anwaltshaftung

Auszubildenden darf der Anwalt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht die Eintragung von Fristen und Terminen überlassen. Nur bei echten personellen Engpässen ist das erlaubt, wenn eine entsprechend engmaschige Kontrolle durch den Anwalt selbst erfolgt.  mehr

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Serie 03.07.2015 Kanzleiführung - alles noch im Griff?

Die renommierte Wirtschaftskanzlei Hengeler Mueller muss rund 4,5 Millionen Euro Beratungshonorar an den Insolvenzverwalter des früheren Solarzellenherstellers Q-Cells zahlen. Sie hätten zu lange ohne Aussicht auf Erfolg weiter beraten und damit andere Insolvenzgläubiger geschädigt. Das Urteil, sollte es in der nächsten Instanz halten, hat weitreichende Konsequenzen für die Anwaltschaft.mehr

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News 27.02.2015 Anwaltshaftung

Der vom EnBW-Skandal gebeutelte Ex-Ministerpräsident wollte von der Kanzlei Gleiss Lutz Schadensersatz in sechsstelliger Höhe wegen Verletzung von Beratungs- und Aufklärungspflichten beim Aktienerwerb. Das LG Stuttgart winkte ab, da Vertragspartner das Land Baden–Württemberg war und kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vorlagen.mehr

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Serie 25.09.2014 Anwaltshaftung

Schätzungen zufolge beschäftigt sich der Bundesgerichtshof jährlich mit etwa 200 Regressen gegen pflichtversicherte Rechtsberater. Per annum sollen  mehrere Milliarden Euro an Ansprüchen wegen Beraterpfusch gegen die Vermögensschadenshaftpflichtversicherer angemeldet werden. Doch die Berufshaftpflicht der Anwälte ist keine Haftpflicht für Gerichtsfehler und Mandanten-Illusionen.mehr

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Serie 11.09.2014 Anwaltshaftung

Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Das gilt für alle Berufe – auch den des Anwalts. Bislang gingen Experten über Jahrzehnte davon aus, dass jeder Anwalt im Schnitt alle 5 Jahre einen Regressfall an seine Haftpflicht meldet. Wie oft Anwälte auch tatsächlich verurteilt wurden und wie hoch die Schäden sind, gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen der Versicherungsbranche. Der BGH jedenfalls weitet den Pflichtenkanon der Anwälte stetig aus.mehr

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News 15.10.2013 Anwaltshaftung

Manchmal sind Mandanten nicht redselig oder wissen nicht, worauf es im Prozess ankommt. Sie liefern dem Anwalt zwar eine Anspruch begründende Behauptung, doch ohne Beweise kann man keinen Prozess gewinnen. Zufriedengeben darf der Anwalt sich damit nicht. Er muss tiefer nach "Beweisgold" schürfen. Insbesondere muss er verhindern, dass Angriffs- oder Verteidigungsmittel als verspätet zurückgewiesen werden.mehr

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News 17.06.2013 Anwaltshaftung

Tut uns leid, lieber Anwalt, die Berufung Deines Mandanten ist aussichtslos, nimm das Rechtsmittel lieber zurück. Wer das als Anwalt ohne nähere Prüfung seinem Mandanten dann auch tatsächlich rät, läuft direkt in die Haftungsfalle.mehr

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