Rz. 29

§ 70 Nr. 4 wurde durch das 6. SGGÄndG neu gefasst. Infolge der Änderung des § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Verweisung auf diese Vorschrift entfallen. Stattdessen ist nunmehr von gemeinsamen Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen die Rede. Dadurch sind neben den bisher genannten Entscheidungsgremien im Vertragsarztrecht, wie etwa dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (seit Inkrafttreten des GMG zum 1.1.2004: Gemeinsamer Bundesausschuss) nach § 91 SGB V (BSG, Urteil v. 20.9.1988, 6 RKa 3/88, SozR 1500 § 51 Nr. 50) und den Schiedsämtern nach § 89 SGB V auch die entsprechenden Gremien nach dem SGB XI beteiligtenfähig. Die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI zählt zwar nicht zu den in § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGG aufgeführten gemeinsamen Gremien von Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern oder anderen Leistungserbringern und Krankenkassen, wohl aber das Schiedsamt nach § 89 SGB V, wie sich auch aus der ausdrücklichen Erwähnung in § 71 Abs. 4 SGG schließen lässt. Ferner muss zu den gemeinsamen Gremien die Schiedsstelle nach § 114 SGB V gerechnet wer­den, an der die Krankenkassen und die Krankenhausträger beteiligt sind. Es besteht aber kein sachlicher Grund, die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI abweichend zu behandeln, und nicht sie, sondern das jeweilige Land als allein beteiligtenfähig anzusehen, zumal dieses nicht Träger der Schiedsstelle ist, sondern nur die Rechtsaufsicht führt (§ 76 Abs. 4 SGB XI). Die Schiedsstelle im Bereich des Pflegeversicherungsrechts gleicht nach ihrer Funktion, ihrer Aufgabe und ihrer Zusammensetzung derjenigen nach § 114 SGB V, die wiederum dem Schiedsamt nach § 89 SGB V nachgebildet worden ist. Wenn sie von der Verweisung in § 70 Nr. 4 nicht erfasst worden ist, kann dies nur mit einem Versehen des Gesetzgebers erklärt werden, der es versäumt hat, die im materiellen Recht normierten Parallelen zum Leistungserbringerrecht der Krankenversicherung auch im gerichtlichen Verfahrensrecht nachzuvollziehen (so zutreffend BSG, Urteil v. 17.12.2009, B 3 P 3/08 R, SozR 4-3300 § 89 Nr. 2; Urteil v. 14.12.2000, B 3 P 19/00 R, SozR 3-3300 § 85 Nr. 1).

 

Rz. 30

Der Prothetik-Einigungsausschuss i. S. d. § 4 Anl. 12 zum BMV-Zahnärzte ist im sozialgerichtlichen Verfahren beteiligtenfähig (vgl. BSG, Urteil v. 21.11.1986, 6 RKa 20/86, USK 86217). Entsprechendes gilt für den Berufungsausschuss nach § 97 SGB V (vgl. schon BSG, Urteil v. 15.4.1986, 6 RKa 25/84, SozR 1500 § 96 Nr. 32; Hencke, SGB V, § 97 Rn. 7). Auch Zulassungsausschüsse (§ 96 SGB V) sind beteiligtenfähig. Ausweislich von § 96 Abs. 2 SGB V handelt es sich um ein gemeinsames Entscheidungsgremium i. S. d. § 70 Nr. 4. Indessen werden Zulassungsausschüsse nur ausnahmsweise am Verfahren beteiligt sein, da Gegenstand des Verfahrens allein der Bescheid des Berufungsausschusses, nicht hingegen der ursprüngliche Bescheid des Zulassungsausschusses ist (vgl. BSG, Urteil 28.8.1996, 6 Rka 37/95, SozR 3-1500 § 54 Nr. 30). Auch soweit es die in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) tätigen Prüfungsstelle und den Beschwerdeausschuss anlangt, sind diese als gemeinsame Gremien i. S. d. § 70 Nr. 4 beteiligtenfähig. Für den Beschwerdeausschuss folgt dies aus § 106 Abs. 4 Satz 2 SGB V und für die Prüfungsstelle aus § 106 Abs. 4a SGB V (hierzu Hencke, SGB V, § 106 Rn. 39). Wiederum gilt aber, dass das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss ein eigenständiges zweitinstanzliches Verwaltungsverfahren ist; nur dessen Bescheid ist Gegenstand des Gerichtsverfahrens (vgl. BSG, Urteil v. 21.4.1993, 14a Rka 11/92, BSGE 72 S. 214, 219). Beteiligtenfähig ist auch der Bewertungsausschuss (BSG, Urteil v. 11.9.2002, B 6 KA 34/01 R, SozR 3-2500 § 87 Nr. 35).

 

Rz. 31

Im Übrigen sind die Entscheidungen von Ausschüssen der Körperschaft zuzurechnen, bei der das Gremium gebildet ist. Bei dem Disziplinarausschuss handelt es sich um einen allein der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung zugeordneten Ausschuss, dessen Entscheidungen der Trägerkörperschaft zugerechnet werden. Deshalb sind Klagen von Ärzten oder Zahnärzten, mit denen sie sich gegen Entscheidungen des Disziplinarausschusses wehren, gegen die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung als seinem Rechtsträger zu richten. Der Disziplinarausschuss ist aber beteiligtenfähig, soweit die Disziplinarordnung dem Vorstand das Recht einräumt, Klage gegen die Verweigerung der Eröffnung eines Disziplinarverfahrens zu erheben (BSG, Urteil v. 28.1.2004, B 6 KA 4/03 R, SozR 4-1500 § 70 Nr. 1; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 24.1.2011, L 27 P 10/09 KL).

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