Rz. 51

§ 185 ZPO legt die Voraussetzungen für die subsidiäre öffentliche Zustellung fest. Die öffentliche Zustellung ist eine unterstellte Zustellung, weil eine Übergabe des Schriftstücks faktisch nicht stattfindet. Die Zustellungsfiktion des § 188 ZPO tritt unabhängig davon ein, ob der Zustellungsadressat von der Benachrichtigung oder von dem zuzustellenden Schriftstück tatsächlich Kenntnis nimmt (FG München, Beschluss v. 22.5.2015, 7 K 952/15). Sie ist auf Fälle beschränkt, in denen sie als letzte Möglichkeit übrig bleibt, nachdem alle geeigneten und zumutbaren Nachforschungen angestellt wurden, um den Aufenthalt des Zustellungsadressaten zu ermitteln (BVerfG, Beschluss v. 26.10.1987, 1 BvR 198/87, NJW 1988 S. 2361; BFH, Beschluss v. 25.2.2016, X S 23/15(PKH), BFH/NV 2016 S. 945; BGH, Urteil v. 19.12.2001, VIII ZR 282/00, BGHZ 149 S. 311; LSG Hamburg, Urteil v. 23.9.2015, L 2 AL 16/15). Grundvoraussetzung der öffentlichen Zustellung ist, dass der Zustellasdressat noch lebt. Die öffentliche Zustellung ist auch dann wirksam, wenn die Voraussetzungen zwar nicht vorlagen, dies für das Gericht bei der Bewilligung der öffentlichen Zustellung indes nicht erkennbar war (OLG Oldenburg, Beschluss v. 19.10.2015, 14 UF 74/15).

 

Rz. 52

Nach § 185 Nr. 1 ZPO ist eine öffentliche Zustellung zulässig, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Zumutbare Nachforschungen müssen durchgeführt werden. Unterbleiben Ermittlungen zu einer etwaigen aktuellen Anschrift des Beteiligten und hat Gerichtspost den Beteiligten tatsächlich unter der von ihm gewählten Postfachadresse erreicht, so fehlt es an einer vom Gericht gewählten wirksamen öffentlichen Zustellung (LSG Hamburg, Urteil v. 23.9.2015, L 2 AL 16/15). Unbekannt ist der Aufenthaltsort dann, wenn er nicht zu ermitteln ist, etwa durch Nachfragen beim Einwohnermeldeamt, bei Sozialversicherungsträgern und Arbeitgeber. Ist der Aufenthaltsort unbekannt, kommt eine öffentliche Zustellung dennoch nur in Betracht, wenn eine Zustellung an einern Vertreter (§§ 170, 171 ZPO) oder Zustellungsbevollmächtigten (§ 184 ZPO) ausscheidet.

 

Rz. 53

Die öffentliche Zustellung nach § 185 Nr. 2 ZPO betrifft Fälle, in denen eine juristische Person zwar zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrieb verpflichtet ist (hierzu § 39 Abs. 1 Satz 2 AktG, § 10 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, §§ 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 13d Abs. 2 HGB), eine Zustellung ungeachtet dessen scheitert. Die Vorschrift bezweckt eine erleichterte Zustellung an Gesellschaften, die außerhalb des Liquidations- oder Insolvenzverfahrens eliminiert werden.

 

Rz. 54

Eine Zustellung im Ausland ist i. S.d § 185 Nr. 3 ZPO nicht möglich oder verspricht keinen Erfolg, wenn wegen Fehlens von Auslandsvertretungen oder aus anderen Gründen kein Rechtshilfeverkehr besteht. Die Vorschrift im Zuständigkeitsbereich der EuZustVO nicht anwendbar (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 185 Rn. 9).

 

Rz. 55

§ 185 Nr. 4 ZPO regelt den Fall, dass Ort der Zustellung die Wohnung einer Immunität genießenden Person ist. Das sind Personen, die unter §§ 18 ff. GVG fallen, wenn sie die Annahme der Zustellung verweigern.

 

Rz. 56

Die Bewilligung und Ausführung der öffentlichen Zustellung richtet sich nach § 186 ZPO. Ob öffentlich zugestellt wird, entscheidet das Prozessgericht durch Beschluss. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Die Zustellung erfolgt durch Aushang einer Benachrichtigung an der Gerichtstafel oder durch Einstellung in ein elektronisches Informationssystem, das im Gericht öffentlich zugänglich ist. Die Benachrichtigung kann zusätzlich in einem vom Gericht für Bekanntmachungen bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem veröffentlicht werden (§ 186 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Nicht mehr vorgesehen ist aus Datenschutzgründen (vgl. BT-Drs. 14/4554 S. 24) der Aushang des zuzustellenden Schriftstücks bzw. eines Auszugs daraus. Aus der Benachrichtigung muss die Person, für die zugestellt werden soll, der Name und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsadressaten, Datum und Aktenzeichen des Schriftstücks sowie ein aussagefähiger inhaltlicher Betreff zu erkennen sein. Es ist außerdem die Stelle zu bezeichnen, wo das Schriftstück eingesehen werden kann. Ferner müssen die in § 186 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorgesehenen Hinweise auf die öffentliche Zustellung und ihre Rechtsfolgen enthalten sein. Zusätzlich zum Aushang kann nach § 187 ZPO angeordnet werden, dass die Benachrichtigung in der in § 186 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorgeschriebenen Form einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist. Einen Monat ab Aushang der Benachrichtigung gilt das Schriftstück als zugestellt, sofern das Gericht keine längere Frist bestimmt hat (§ 188 ZPO).

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