Gesetzestext

 

(1) 1Bei der Versteigerung vor Ort soll dem Zuschlag an den Meistbietenden ein dreimaliger Aufruf vorausgehen. 2Bei einer Versteigerung im Internet ist der Zuschlag der Person erteilt, die am Ende der Versteigerung das höchste, wenigstens das nach § 817a Absatz 1 Satz 1 zu erreichende Mindestgebot abgegeben hat; sie ist von dem Zuschlag zu benachrichtigen. 3§ 156 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.

(2) Die zugeschlagene Sache darf nur abgeliefert werden, wenn das Kaufgeld gezahlt worden ist oder bei Ablieferung gezahlt wird.

(3) 1Hat der Meistbietende nicht zu der in den Versteigerungsbedingungen bestimmten Zeit oder in Ermangelung einer solchen Bestimmung nicht vor dem Schluss des Versteigerungstermins die Ablieferung gegen Zahlung des Kaufgeldes verlangt, so wird die Sache anderweit versteigert. 2Der Meistbietende wird zu einem weiteren Gebot nicht zugelassen; er haftet für den Ausfall, auf den Mehrerlös hat er keinen Anspruch.

(4) 1Wird der Zuschlag dem Gläubiger erteilt, so ist dieser von der Verpflichtung zur baren Zahlung so weit befreit, als der Erlös nach Abzug der Kosten der Zwangsvollstreckung zu seiner Befriedigung zu verwenden ist, sofern nicht dem Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden. 2Soweit der Gläubiger von der Verpflichtung zur baren Zahlung befreit ist, gilt der Betrag als von dem Schuldner an den Gläubiger gezahlt.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift gilt für die Versteigerung nach § 814. Sie bestimmt den Ablauf der Versteigerung (Abs 1), regelt die Ablieferung der Pfandsache (Abs 2) sowie einzelne Versteigerungsbedingungen (Abs 3) und fingiert die Zahlung des Schuldners bei Ersteigerung durch den Gläubiger (Abs 4).

B. Ablauf der Versteigerung vor Ort (§ 814 II Nr 1).

I. Rechtsnatur und anwendbare Vorschriften.

 

Rn 2

Die Versteigerung folgt nicht den privatrechtlichen Regeln über den Pfandverkauf nach §§ 1235 ff BGB, sondern stellt einen staatlichen Hoheitsakt dar (RGZ 156, 395, 398; BGHZ 55, 20, 25; vgl BFHE 146, 484, 488). Zu Voraussetzungen und anwendbaren Vorschriften s § 814 Rn 2–7. Durch den Zuschlag kommt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Staat und dem Meistbietenden zustande (str; ausf zum Meinungsstand MüKoZPO/Gruber Rz 3 ff).

II. Vorbereitung.

 

Rn 3

Der GV muss Pfandsachen, die nach § 808 II im Gewahrsam des Schuldners belassen wurden, abholen und zum Versteigerungsort bringen. Gegen den Willen des Schuldners darf er dessen Wohnung jedoch nur aufgrund richterlicher Anordnung durchsuchen (§ 758a; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 2). Vor Beginn des Termins sind die zu versteigernden Sachen bereitzustellen, damit sie von möglichen Bietern besichtigt werden können (§ 94 GVGA). Bei der Eröffnung des Termins sind die Versteigerungsbedingungen bekannt zu machen, insb der gewöhnliche Verkaufswert der Sache und das Mindestgebot (§ 817a I 2); dann fordert der GV zum Bieten auf (§ 95 I u II GVGA).

III. Gebot.

 

Rn 4

Das Gebot ist eine Prozesshandlung (BGH NJW-RR 05, 1359, 1361 [BGH 14.04.2005 - V ZB 9/05]) und unterliegt den allgemeinen Regeln für prozessuale Erklärungen (s Einl Rn 49). Es kann nicht nach §§ 119 ff BGB wegen Willensmängeln angefochten werden (hM; MüKoZPO/Gruber Rz 7 mwN; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; St/J/Würdinger Rz 8; aA Zö/Herget Rz 5), aber bis zum Zuschlag widerrufen werden (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; St/J/Würdinger Rz 8; aA Zö/Herget Rz 5). Ein Gebot kann nur im Termin abgegeben werden (LG Itzehoe DGVZ 78, 122, 123). Es erlischt, wenn ein Übergebot abgegeben oder die Versteigerung ohne Erteilung des Zuschlags geschlossen wird (Abs 1 Hs 2, § 156 S 2 BGB), aber nicht mit Zurückweisung des Gebots durch den GV, da § 146 BGB nicht (auch nicht entsprechend) anzuwenden ist (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; aA MüKoZPO/Gruber Rz 6; Zö/Herget Rz 5).

IV. Zuschlag.

 

Rn 5

Den Zuschlag erhält nach dreimaligem Aufruf der Meistbietende, es sei denn, das Mindestgebot nach § 817a ist nicht erreicht, der Bieter ist ausgeschlossen (zB nach Abs 3 S 2, § 450 BGB) oder es ergibt sich ein Grund, der der Fortsetzung der Zwangsvollstreckung entgegensteht. Erst wenn der Zuschlag erteilt ist, sind keine Übergebote mehr zulässig (MüKoZPO/Gruber Rz 8). Ist der dreimalige Aufruf unterblieben, hindert das die Wirksamkeit des Zuschlags nicht (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; Zö/Herget Rz 6).

C. Ablauf der Versteigerung im Internet (§ 814 II Nr 2).

I. Rechtsnatur und anwendbare Vorschriften.

 

Rn 6

Insoweit gilt zunächst das Gleiche wie für die Versteigerung vor Ort (s Rn 2). Die Regelungen über den Fernabsatzvertrag (§§ 312b ff BGB) und den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff BGB) sind nicht anwendbar. Weitere Einzelheiten der Versteigerung sind durch Rechtsverordnungen der Landesregierungen oder ggf der Landesjustizverwaltungen zu regeln (s § 814 Rn 4).

II. Versteigerungsplattform.

 

Rn 7

Für die Versteigerung können nicht die bereits vorhandenen gewerblichen Auktionsplattformen genutzt werden. Sie soll über eine hierfür eigens geschaffene Plattform durchgeführt werden, auf der die Versteigerung nach öffentlichem Recht erfolgt (BTDrs 16/12811, 8). Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt un...

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