Gesetzestext

 

1Hat der Gläubiger eine bewegliche Sache des Schuldners im Besitz, in Ansehung deren ihm ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht für seine Forderung zusteht, so kann der Schuldner der Zwangsvollstreckung in sein übriges Vermögen nach § 766 widersprechen, soweit die Forderung durch den Wert der Sache gedeckt ist. 2Steht dem Gläubiger ein solches Recht in Ansehung der Sache auch für eine andere Forderung zu, so ist der Widerspruch nur zulässig, wenn auch diese Forderung durch den Wert der Sache gedeckt ist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Nach § 777 S 1 kann der Schuldner der Zwangsvollstreckung in sein übriges Vermögen widersprechen, wenn der Gläubiger eine bewegliche Sache des Schuldners in Besitz hat, an der ihm ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht für seine Forderung zusteht, und die Forderung durch den Wert dieser Sache gedeckt ist. Damit ergänzt § 777 S 1 die Vorschrift des § 803 I 2, wonach die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht weiter ausgedehnt werden darf, als dies zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung erforderlich ist. Der Zweck des § 777 liegt darin, die Zwangsvollstreckung in das Schuldnervermögen zu verhindern, soweit dieses zur Befriedigung des bereits anderweitig gesicherten Gläubigers nicht benötigt wird.

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

§ 777 gilt für die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen; der Schuldner hat die Möglichkeit, sowohl gegen Maßnahmen der Mobiliar- als auch der Immobiliarzwangsvollstreckung vorzugehen. Die Vollstreckung in das Vermögen des Schuldners muss begonnen haben; sie darf noch nicht beendet sein; § 777 gilt auch noch im Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren.

 

Rn 3

Im Verfahren der eidesstattlichen Versicherung ist der Einwand der ausreichenden Sicherung des Gläubigers nach § 900 IV geltend zu machen (BGH NJW-RR 11, 1693, 1694 [BGH 17.08.2011 - I ZB 5/11]; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann § 778 Rz 19; aA Zö/Geimer Rz 8; vgl Zö/Herget § 766 Rz 11).

C. Voraussetzungen.

 

Rn 4

§ 777 ist anzuwenden, wenn der Gläubiger eine bewegliche Sache in Besitz hat, an der ihm ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Andere Sicherheiten, wie Bürgschaften oder Garantien, reichen nicht; § 777 spricht ausdrücklich von beweglichen Sachen; selbst grundbuchmäßig abgesicherte Rechte fallen nicht unter diese Vorschrift (RGZ 98, 106, 109). Dies gilt auch für vom Grundstück getrennte Erzeugnisse und Zubehör; Grundpfandrechte erstrecken sich gem §§ 1120, 1192 BGB auf die vom Grundstück getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile.

 

Rn 5

Es muss sich um eine Sache des Schuldners handeln; Miteigentum des Schuldners genügt. Die Vollstreckungsforderung muss durch den Wert der Sache einschl Zinsen und Vollstreckungskosten voll gedeckt sein. Sichert die Sache gleichzeitig eine weitere Forderung, muss, um den Widerspruch des Schuldners zu rechtfertigen, auch diese Forderung durch den Wert der Sache gedeckt sein, § 777 S 2. Inhaberpapiere werden beweglichen Sachen gleichgestellt; dagegen reichen Orderpapiere, so Wechsel und Orderschecks, nicht aus (St/J/Münzberg Rz 2; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 4). Eine analoge Anwendung des § 777 ist jedoch dann möglich, wenn die sich aus den Papieren ergebende Forderung den Gläubiger wegen der Werthaltigkeit ausreichende Sicherung gewährt; derartiges ist regelmäßig dann der Fall, wenn sich die Forderung gegen den Staat oder gegen ein Kreditinstitut richtet, oder aber dann, wenn Geldbeträge hinterlegt sind und der Gläubiger einen vom Verhalten des Schuldners unabhängigen Anspruch gegen die Hinterlegungsstelle hat. Hat der Gläubiger somit ein Pfandrecht an einer entspr Forderung, kann § 777 eingreifen (Köln OLGZ 88, 214, 217; St/J/Münzberg Rz 6; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 5; Schuschke/Walker/Raebel Rz 6). Eine analoge Anwendung des § 777 wird auch für sonstige Forderungen befürwortet, über die der Gläubiger ohne weiteres verfügen kann, so Mietkautionen und Treuhandkonten; diese Forderungen müssen dem Gläubiger jedoch in Ansehung der Forderung zustehen, wegen der vollstreckt wird; es muss sich zudem um absolut sichere Forderungen handeln (St/J/Münzberg Rz 6; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 10). Traditionspapiere, wie Lagerschein gem § 448 HGB, Order-Lagerschein gem § 475g HGB und Konnossement gem § 650 HGB, sind den beweglichen Sachen gleichzustellen (Wieczorek/Schütze/Paulus Rz 8; St/J/Münzberg Rz 2). Bewegliche Sachen sind auch Geldmittel (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 4).

 

Rn 6

Dem Gläubiger muss ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht zustehen. Dieses Pfandrecht kann ein Vertragspfandrecht iSd §§ 1204 ff BGB oder ein gesetzliches Pfandrecht gem § 1257 BGB sein. § 777 umfasst die gesetzlichen mit einem Besitz verbundenen Pfandrechte wie dasjenige des Werkunternehmers, des Kommissionärs, des Spediteurs, des Lagerhalters oder des Frachtführers; besitzlose gesetzliche Pfandrechte, wie das Pfandrecht des Vermieters oder des Verpächters, fallen dann unter § 777, wenn der Gläubiger die Sache aufgrund des Pfandrechts in Besitz genommen h...

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