Gesetzestext

 

Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich.

A. Ratio.

 

Rn 1

Die Auslegung von § 736 hat sich durch die Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der (Außen-)GbR nach §§ 705 ff BGB durch die höchstrichterliche Rspr (BGHZ 146, 341 = NJW 01, 1056; dazu K. Schmidt NJW 01, 997) insofern verändert, als anerkannt wurde, dass zur Vollstreckung in ihr Vermögen neben dem Urt gegen die Gesellschaft als solche auch ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urt ausreicht (BGH NJW 04, 3632 [BGH 16.07.2004 - IXa ZB 288/03]; NJW 07, 1814 [BGH 17.10.2006 - XI ZR 19/05]). Die Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestätigt, dass sie als Gesamthandsgemeinschaft mit körperschaftlicher Organisation selbstständiges Objekt der Haftung und Vollstreckung ist (MüKoZPO/Heßler § 736 Rz 2). § 736 flankiert insoweit die §§ 717, 719 BGB vollstreckungsrechtlich (zum Themenkreis Reuter AcP 07, 673).

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Unmittelbar betrifft § 736 die Zwangsvollstreckung aus Urteilen nach § 704 I, (über § 795 auch die aus Titeln nach § 794 I) in das Vermögen einer (Außen-)GbR iSd §§ 705 ff BGB. Ein Titel gegen die Gesellschaft ist ausreichend (BGH NJW 04, 3632, 2364 [BGH 16.07.2004 - IXa ZB 288/03]). Alternativ ist ein Vorgehen gegen alle Gesellschafter möglich (BGH NJW 11, 2048 mit Anm Schwenker IBR 12, 117 [BGH 22.03.2011 - II ZR 249/09]; krit Lenenbach WM 11, 385). Zu einer Rechtskrafterstreckung kommt es nicht (BGH NJW 11, 662). Für stille Gesellschaften und Innengesellschaften, die im rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht sichtbar in Erscheinung treten und kein Gesellschaftsvermögen akkumuliert haben, gilt § 736 nicht (Musielak/Lackmann § 736 Rz 3), ebenso wenig für Gesellschaften, die in Abweichung von § 718 BGB überein gekommen sind, das Vermögen als Bruchteils- und nicht als Gesamthandvermögen zu halten (MüKoZPO/Heßler § 736 Rz 6). Für die OHG (und analog für die EWIV; Zö/Seibel § 736 Rz 9), die KG nach § 161 II HGB sowie entsprechend für die Partnerschaftsgesellschaft nach § 7 II PartGG gilt nicht § 736, sondern § 124 II HGB, so dass ein Titel gegen die Gesellschaft erstritten werden muss (K. Schmidt NJW 08, 1841; ThoPu/Seiler § 736 Rz 5). Auf Gründungs- und Vorgesellschaften ist § 736 entsprechend anwendbar (s § 735 Rn 2). Solange die Gesellschaft noch nicht auseinandergesetzt worden ist und die Gesellschaft noch über Vermögen verfügt, kann nach § 736 gegen sie oder ihre Gesellschafter auch vollstreckt werden (MüKoZPO/Heßler § 736 Rz 4). § 736 gilt für alle Vollstreckungsarten, die die ZPO zur Verfügung stellt (s § 735 Rn 2) mit der Maßgabe, dass Handlungen und Unterlassungen nach §§ 883 ff im Wege der Vollstreckung nur erwirkt werden können, wenn sie sich auf das Gesellschaftsvermögen richten und allen Gesellschaftern gemeinsam abverlangt werden können (Musielak/Lackmann § 736 Rz 2).

C. Tatbestand.

I. Titel gegen alle Gesellschafter.

 

Rn 3

Nach §§ 736 I, 750 I muss der Titel sich gegen alle Gesellschafter richten, die im Zeitpunkt des Vollstreckungsbeginns nach § 55 GVGA der Gesellschaft angehören. Ein so beschaffener Titel hat den Vorteil, dass dem Gläubiger neben dem gesamten Gesellschaftsvermögen (auch in Grundstücke und im Fall des § 800; BGH NJW 04, 3632 [BGH 16.07.2004 - IXa ZB 288/03]) als Vollstreckungsobjekt in den Grenzen eines angemessenen Vertrauensschutzes (BGH NJW 06, 765, 766 [BGH 12.12.2005 - II ZR 283/03]) grds auch das Privatvermögen derjenigen Gesellschafter zur Verfügung steht, die im Titel aufgeführt sind (Schuschke/Walker/Schuschke § 736 Rz 2), insb in deren Gesellschaftsanteil nach § 859 I (s Rn 5; ThoPu/Seiler § 736 Rz 2). Ein Titel gegen die Gesellschaft ist hierfür nicht erforderlich (BGH NJW 01, 1056 [BGH 29.01.2001 - II ZR 331/00]). Die persönliche Haftung tritt nur dann nicht ein, wenn sie wirksam auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt worden ist und dieser Umstand im Schuldtitel zum Ausdruck gebracht wird. Dazu genügt die Angabe im Urteilstenor (MüKoZPO/Heßler § 736 Rz 33).

 

Rn 4

Die Gesellschafter können gesondert in unterschiedlichen Titeln verurteilt worden sein (Schlesw WM 06, 584), vorausgesetzt ihr Inhalt ist deckungsgleich. Erforderlich ist ein Gesamtschuldtitel gegen alle Gesellschafter, der auf einer Gesellschaftsschuld beruht (str: BGH NJW 08, 1378, 1379; Hambg Rpfleger 11, 426; K. Schmidt NJW 01, 993, 997; aA Schlesw Rpfleger 06, 261 [OLG Schleswig 20.12.2005 - 2 W 205/05]). Zwar ist jeder Gesellschafter Vollstreckungsschuldner und damit auch Gewahrsamsinhaber (Musielak/Lackmann § 736 Rz 6). Es genügt aber, dass ein gegen alle Gesellschafter gerichteter Titel dem vertretungsberechtigten geschäftsführenden Gesellschafter unter ihnen zugestellt wird (BGH NJW 07, 995 [BGH 07.12.2006 - V ZB 166/05]). Gegen einen Vollstreckungszugriff auf sein Privatvermögen kann sich der Gesellschafter je nach Art des Einwands mit der Erinnerung nach § 766 oder der Drittwiderspruchsklage nach § 771...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt HSO FV Sachsen online Kompaktversion. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen