Rn 20

Die in § 690 I Nr 3 Hs 1 vorgeschriebene ›Bezeichnung des Anspruchs unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung‹ ist räumlich beschränkt auf die im Formular auf Papier und online vorgegebenen Feldlängen (Formularzwang, § 703c). Der so verfügbare Platz reicht aus, um den Anforderungen an Individualisierung zu genügen (vgl BGH NJW 08, 1220 [BGH 23.01.2008 - VIII ZR 46/07]). Lediglich dem Ag selbst (BGH 25.4.17 – VIII ZR 217/16 Rz 16) muss erkennbar sein, weswegen und in welcher Höhe Ansprüche gegen ihn geltend gemacht werden. Dazu ist erforderlich, dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will (BGH 17.9.19 – X ZR 124/18, MDR 19, 1461 Rz 24). So erfasst die Bezeichnung als Schadensersatz zB nicht auch einen Bereicherungsanspruch; sie sind wesensmäßig und verjährungsrechtlich verschieden (BGH WM 08, 2158 [BGH 23.09.2008 - XI ZR 253/07]). Hemmung der Verjährung hindert es nicht, wenn vom ›kleinen‹ Schadensersatz im Mahnantrag auf den ›großen‹ übergegangen wird, denn dies ist nur eine Frage der Schadensberechnung (BGH 5.8.14 – XI ZR 172/13). Voraussetzung für verjährungshemmende Wirkung ist es nicht, dass für einen außenstehenden Dritten aus dem MB selbst erkennbar ist, welche konkreten Forderungen gegen den Ag gerichtet werden (BGH 13.5.11 – V ZR 49/10 Rz 13). Zur Individualisierung ausreichende Erkenntnisse dürfen auf Informationen beruhen, die dem Ag ohne Hinweis im MB zur Verfügung stehen (BGH 14.7.10 – VIII ZR 229/09 – Rz 11). Es genügt auch, wenn die übrigen Angaben im Mahnbescheid eine Kennzeichnung des Anspruchs ermöglichen (BGH 17.11.10 – VIII ZR 211/09 Rz 11). Wird im Mahnbescheid zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs auf Rechnungen oder andere Unterlagen Bezug genommen, die dem Ag bereits bekannt sind, braucht das entsprechende Schriftstück dem MB nicht in Abschrift beigefügt zu sein (BGH 17.9.19 – X ZR 124/18, MDR 19, 1461 Rz 25). Ist im MB auf eine Rechnung oder eine sonstige Urkunde Bezug genommen, kann dies für die Individualisierung der Forderung jedenfalls dann herangezogen werden, wenn die Rechnung oder Urkunde dem Ag zuvor zugegangen ist (BGH 10.10.13 – VII ZR 155/11). Bei Mehrheit von Forderungen ist jede einzeln zu bezeichnen (BGH GrundE 08, 119). Das Erfordernis, einen Gesamtbetrag bereits im MB hinreichend aufzuschlüsseln, besteht nur dann, wenn eine Mehrzahl von selbständigen Einzelforderungen geltend gemacht wird (BGH 17.9.19 – X ZR 124/18, MDR 19, 1461 – Rz 28), nicht aber, wenn sich eine einheitliche Schadensersatzforderung lediglich aus mehreren unselbständigen Rechnungsposten zusammensetzt (BGH 26.2.15 – III ZR 53/14 Rz 4; 10.10.13 – VII ZR 155/11 Rz 17). Unterschreitet der im Antrag auf MB angegebene Gesamtbetrag der Ansprüche geringfügig den in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben genannten Gesamtbetrag, auf das ohne dessen Beifügung zur Individualisierung verwiesen wird, ist dies unschädlich, wenn für den Ag ohne weiteres ersichtlich ist, dass es sich um ein Schreibversehen handelt (BGH 8.5.18 – II ZR 314/16). Macht der ASt einen Teilbetrag aus mehreren (selbständigen) Einzelforderungen geltend, muss der eingeforderte Betrag im MB auf die Einzelforderungen aufgeschlüsselt sein, ggf unter Bezugnahme auf Rechnungen und sonstige Urkunden (BGH 10.10.13 – VII ZR 155/11 Rz 17). Anzugeben ist, ob Rechte aus eigenem oder abgeleitetem Recht (Abtretung, Einziehungsermächtigung) geltend gemacht werden, denn der Streitgegenstand ist unterschiedlich (BGH 26.2.15 – III ZR 53/14). Holt der ASt die dem Mahnantrag fehlende Individualisierung erst in rechtsverjährter Zeit nach, wirkt dies nicht zurück (BGH 26.2.15 – III ZR 53/14). Die Auffassung in BGH NJW 08, 3498 [BGH 10.07.2008 - IX ZR 160/07], es sei erforderlich, wenn die Verjährung gehemmt werden solle, Schriftstücke dem MB in Abschrift beizufügen, die dem Ag nicht bekannt sind, aber zur Bezeichnung des Anspruchs angegeben – und mit dem Antrag eingereicht – werden, ist weder mit dem Formularzwang (§ 703c), noch mit der Ersetzung von Akten durch einen Aktenausdruck (§ 696 II 1) vereinbar (§ 693 Rn 8). Selbst § 703a II Nr 2 erhebt für das Urkundenmahnverfahren nicht den Anspruch, dass die Urkunden bereits dem Mahnantrag beigefügt sind (§ 703a Rz 1). Vielmehr untersagen es die Ausfüllhinweise zu jedem Formularantrag, Beweismittel (zB Belege) beizufügen, mit der Warnung, sie müssten ungeprüft zurückgesandt werden (s § 703a Rn 1). Sie sollen im Mahnantrag lediglich bezeichnet und erst der Anspruchsbegründung nach Abgabe beigefügt werden. Anlagen können im automatisierten Mahnverfahren aus technischen Gründen nicht dem MB zugeordnet und mit verschickt werden (AG Hagen 4.5.09 – 08–5555627–05–N; vgl BGH 17.11.10 – VIII ZR 211/09 – Rz 2). Die MB werden elektronisch aus Datensätzen erstellt...

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