Gesetzestext

 

Wegen unterbliebener Erklärung ist eine Urkunde nur dann als anerkannt anzusehen, wenn die Partei durch das Gericht zur Erklärung über die Echtheit der Urkunde aufgefordert ist.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift ergänzt die besonderen Hinweispflichten im Verfahren vor den Amtsgerichten um einen weiteren Punkt. Sie dient, wie § 499 und insb auch § 504 dem Schutz der rechtsunkundigen Partei, die im amtsgerichtlichen Verfahren regelmäßig nicht anwaltlich vertreten sein muss und konkretisiert insoweit die allgemeine Hinweispflicht gem § 139 (St/J/Leipold Rz 2; MüKoZPO/Deubner Rz 1; aA Musielak/Wittschier Rz 1; B/L/H/A/G/Bünnigmann Rz 1, die von einer ›Erweiterung‹ ausgehen). Dies gilt unabhängig davon, ob die aufzufordernde Partei tatsächlich anwaltlich vertreten ist oder nicht. Die Schutzfunktion bezieht sich auf die Anerkenntniswirkung gem § 439 III für den Fall, dass der Gegner der beweisführenden Partei eine Privaturkunde (§ 416) zu Beweiszwecken vorlegt und der Gegner deren Echtheit nicht anzweifelt (vgl insoweit auch § 138 III). Auch hier, wie etwa bei § 39, würde ein Schweigen der gegnerischen Partei iS einer ›rügelosen Einlassung‹ die Anerkenntnisfiktion des § 439 III auslösen und sperrt die Verletzung der Hinweispflicht gem § 510 durch das Gericht, vergleichbar mit §§ 504, 39 S 2, bei Fehlen des entsprechenden Hinweises die Anwendbarkeit der Regelung in § 439 III (vgl MüKoZPO/Deubner Rz 4). Demgegenüber ist § 510 auf öffentliche Urkunden iSv § 415 nicht anwendbar und berührt auch nicht deren Echtheitsvermutung gem § 437. § 510 gilt iÜ nicht für Verfahren im Anwendungsbereich des FamFG, insb für Ehesachen und Familienstreitsachen, § 113 I 2 FamFG (bzw nach altem Recht güterrechtliche Streitigkeiten, Folgesachen und Lebenspartnerschaftsverfahren gem §§ 608, 621b, 624 III, 661 I Nr 3, II aF).

B. Aufforderung.

 

Rn 2

§ 510 postuliert eine Pflicht des Gerichts zur Aufforderung des Gegners betreffend eine Erklärung über die Echtheit einer vom Beweisführer vorgelegten Urkunde. Nicht erforderlich ist ein expliziter Hinweis auf die in § 439 III geregelten Folgen des Unterbleibens einer entsprechenden Erklärung (MüKoZPO/Deubner Rz 2). Die Aufforderung kann schriftlich iRd schriftlichen Verfahrens oder etwa gem § 273, aber auch mündlich, etwa telefonisch im vereinfachten Verfahren gem § 495a und bei der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch in dieser erfolgen. Sie ist entsprechend § 139 IV 1 aktenkundig zu machen, was zumindest unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten dafür spricht, sie bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch in das Protokoll gem § 510a aufzunehmen. Eine Pflicht hierzu gem § 160 II besteht jedoch nicht (aA Musielak/Wittschier Rz 2; MüKoZPO/Deubner Rz 3 mwN). Die Feststellung der Aufforderung im Tatbestand des Urteils reicht insoweit aus (St/J/Leipold Rz 1; B/L/H/A/G/Bünnigmann Rz 1; vgl auch Frankf MDR 05, 647 [KG Berlin 01.11.2004 - 26 U 98/04]).

C. Fehlende Aufforderung.

 

Rn 3

Bei Fehlen der Aufforderung gem § 510 tritt die Wirkung der Regelung in § 439 III nicht ein. Die Aufforderung kann jedoch jederzeit im Verlauf des Verfahrens und auch des Berufungsverfahrens nachgeholt werden. In einem solchen Fall liegt bei einem (unverzüglichen) Bestreiten der Echtheit der Urkunde auf die nachgeholte Aufforderung hin, bzw in der Berufungsinstanz auch unbeschadet des Erfolgens einer entsprechenden Aufforderung überhaupt, keine Verspätung iSv §§ 296, 296a bzw 531 vor.

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