Rn 6

Das Ende des selbstständigen Beweisverfahrens ist gem § 204 II 1 BGB bedeutsam für die weitere Dauer der Hemmung der Verjährung, für die Antwort auf die Frage, ob die Beteiligten ihre gem § 411 III bestehende Option zur Anhörung des Sachverständigen und zur Gutachtenergänzung noch ausüben können, und für die Frage, ob die Entscheidung nach § 494a ergehen kann. Die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens erfolgt durch sachliche Erledigung, nicht durch Beschluss des Gerichts (Celle BauR 09, 1476; Ddorf IBR 12, 367); der Beschluss des Gerichts des ersten Rechtszuges, das selbstständige Beweisverfahren sei beendet, ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (Karlsr 29.10.14 – 9 W 129/14). Betrifft das selbstständige Beweisverfahren mehrere behauptete Mängel, ist die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens für jeden Mangel gesondert zu prüfen (LG München II NJW 13, 89 [LG Saarbrücken 12.10.2012 - 13 S 100/12]).

Wird eine richterliche Frist zur Stellungnahme gesetzt, ist das selbstständige Beweisverfahren nur dann mit Ablauf dieser Frist beendet (zur Präklusionswirkung § 493 Rn 5), wenn die richterlich unterzeichnete (Kobl OLGR 00, 178) Fristsetzung förmlich zugestellt (Schlesw OLGR 03, 470; Celle BauR 05, 1961) und die Parteien auch auf die Folgen der Nichtbeachtung ordnungsgemäß hingewiesen worden sind (Celle NJW-RR 09, 1364; Braunschw IBR 12, 622 Saarbr BauR 12, 1442; Köln IBR 13, 390). Demgegenüber soll bei schriftlicher Gutachtenerstellung das selbstständige Beweisverfahren mit dem spätesten Datum des Eingangs des Gutachtens bei den Beteiligten bzw Verfahrensbevollmächtigten (Ddorf NJW-RR 96, 1527 [OLG Düsseldorf 05.12.1995 - 21 U 68/95]) enden, sofern weder das Gericht von sich aus weitere Anordnungen insbesondere keine Fristsetzung trifft, noch die Parteien durch Stellung weiterer Fragen oder Anträge oder Erhebung von Einwänden innerhalb angemessener Frist auf den Fortgang des selbstständigen Beweisverfahrens hinwirken (Brandbg BauR 07, 443; BGH IBR 11, 58; Ddorf BauR 14, 283, 291); die Angemessenheit des Zeitraums richtet sich nach den konkreten schutzwürdigen Interessen der Beteiligten, wobei Gehalt und Umfang der gutachterlichen Äußerung bedeutsam sind. Kommt ein Antrag auf Fortsetzung des selbstständigen Beweisverfahrens knapp sechs Monate nach Zugang des Gutachtens, erfolgt er nicht binnen angemessener Frist (Nürnbg IBR 15, 54). Es erscheint indes bedenklich, diese unterschiedlichen Beendigungszeitpunkte von dem ›Zufall‹ einer ordnungsgemäßen richterlichen Fristsetzung abhängig zu machen.

Es erscheint zweifelhaft, im Grundsatz davon auszugehen, dass das selbstständige Beweisverfahren beendet sei, solange keine förmliche Beweisaufnahme zu allen im Anordnungsbeschluss enthaltenen Beweisfragen stattgefunden hat (so aber LG Stuttgart IBR 12, 1250). Vielmehr ist das selbstständige Beweisverfahren grds beendet, wenn der mit der Beweisaufnahme befasste Richter zum Ausdruck bringt, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht stattfindet, und dagegen innerhalb angemessener Frist keine Einwände erhoben werden (BGH NJW 11, 594; Stuttg IBR 14, 386 [OLG Stuttgart 02.01.2014 - 10 W 34/13]). Betreffend Zeugenaussagen endet das selbstständige Beweisverfahren mit Genehmigung des Protokolls der Vernehmung.

Bei mündlicher Anhörung des Sachverständigen tritt Beendigung mit dem Verlesen des Sitzungsprotokolls oder der Vorlage des Protokolls zur Durchsicht ein (BGH NZBau 09, 598). Erklärt der Sachverständige in dem selbstständigen Beweisverfahren, dass eine weitere Aufklärung nur unter Einbeziehung des Nachbargrundstücks möglich ist, und holt der ASt trotz gerichtlicher Aufforderung die Zustimmung dieses Nachbarn nicht ein, endet das selbstständige Beweisverfahren mit Ablauf der gesetzten Frist (LG Düsseldorf BauR 11, 1201); denn es ist Sache des Beweisführers, die Voraussetzungen für die vom Sachverständigen durchzuführenden Arbeiten zu schaffen (Celle NJW-RR 09, 1364). Das selbstständige Beweisverfahren endet mit Abschluss der eigentlichen Beweisaufnahme; andere Verfahrensgeschehnisse, wie etwa die Streitwertfestsetzung (so Ddorf BauR 14, 283, 291) oder die mit dem Antrag auf Einholung eines neuen Gutachtens verbundene Kritik an einem eingeholten Gutachten, bleiben insoweit außer Betracht (LG München II NJW 13, 89); Gleiches gilt für den Antrag auf Bestimmung eines Termins zur Protokollierung eines Vergleichs. Der Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens steht nicht entgegen, dass Bauteilöffnungen unverschlossen geblieben sind (Stuttg BauR 14, 1526).

 

Rn 7

Die Beendigung wird hinausgeschoben, wenn binnen angemessener Frist Ergänzungsfragen angebracht werden (BGH NJW 02, 1640; Ddorf BauR 04, 1978; Hamm BauR 05, 752; Celle BauR 08, 2094); Beantragt in einem selbstständigen Beweisverfahren ein Verfahrensbeteiligter die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zum Sachverständigengutachten um drei Tage, ist wegen der möglichen gravierenden Auswirkungen des Einwendungsausschlusses aufgrund möglicherweise im...

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