Gesetzestext

 

(1) Hat der Kläger für den Fall, dass der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist den erhobenen Anspruch befriedigt, das Recht, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder die Aufhebung eines Vertrages herbeizuführen, so kann er verlangen, dass die Frist im Urteil bestimmt wird.

(2) Das Gleiche gilt, wenn dem Kläger das Recht, die Anordnung einer Verwaltung zu verlangen, für den Fall zusteht, dass der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist die beanspruchte Sicherheit leistet, sowie im Falle des § 2193 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Bestimmung einer Frist zur Vollziehung der Auflage.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Fristbestimmung im Urt soll dem Gläubiger die für die begünstigten Erfüllungsanprüche erforderliche Fristsetzung ersparen. Nach Fristablauf ist der Sekundäranspruch zwar einzuklagen, im Vorprozess beschiedene Einreden können nicht mehr geltend gemacht werden.

 

Tenorierungsbeispiel:

1) Der Bekl wird verurteilt, die Maschine Marke …, Artikel Nr. …, Farbe …, an den Kl herauszugeben.

2) Dem Bekl wird zur Herausgabe eine (in das Ermessen des Gerichtes gestellte) Frist gesetzt. Nach Ablauf dieser Frist lehnt der Kl die Leistung ab.

3) Für den Fall, dass die gesetzte Frist fruchtlos verstreicht, wird der Bekl verurteilt, einen Betrag in Höhe von … EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Fristablauf an den Bekl zu zahlen.

B. TB-Voraussetzungen.

I. Abs 1.

 

Rn 2

Solche Rechte, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder die Aufhebung eines Vertrages herbeizuführen, hat der Kl neben dem Hauptanwendungsfall des § 281 BGB zB durch analoge Anwendung auf Rechte nach §§ 250, 264 II, 354 BGB, § 375 HGB. § 281 BGB findet nach hM Anwendung auf eine Herausgabeklage aus § 985 BGB, die nicht auch (zusätzlich) auf Vertrag gestützt ist (München 23.4.08 15 U 5245/07 juris).

Die Fristsetzung muss beantragt werden, die Dauer der Frist kann ins Ermessen des Gerichts gestellt werden. Die Frist beginnt mit Rechtskraft des Urteils. Die Fristbestimmung erhöht den Streitwert nicht.

II. Abs 2.

 

Rn 3

Ein Recht auf Anordnung der Verwaltung kann zB nach §§ 1052, 2128 BGB verlangt werden.

III. Zulässigkeit der Schadensersatztenorierung.

 

Rn 4

Nur im Verfahren vor dem AG (§ 510b iVm § 888a) oder dem ArbG (§ 61 II ArbGG iVm § 888a) kann das Gericht bei Handlungspflichten (nicht bei Herausgabeansprüchen – BGH NJW-RR 18, 331 [BGH 28.09.2017 - V ZB 63/16]) eine Entschädigung für den Fall des ergebnislosen Fristablaufs festsetzen.

Ansonsten ist die Geltendmachung eines bedingten Schadensersatzes nur nach § 259 möglich (BGH NJW-RR 18, 331 [BGH 28.09.2017 - V ZB 63/16]). Diese Klagehäufung (§ 260) entspricht dem Gläubigerbedürfnis, eine doppelte Prozessführung zu vermeiden, und damit zugleich dem Gebot der Prozesswirtschaftlichkeit (BGH NJW 99, 954 [BGH 14.12.1998 - II ZR 330/97]; BGH NJW 18, 786 [BGH 09.11.2017 - IX ZR 305/16]). Deshalb kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife nicht an (Ddorf OLGR 99, 409).

Ggü einem solchen vom Fristablauf abhängigen Schadensersatzanspruch ist eine Aufrechnung mit einer Gegenforderung nicht möglich (Ddorf OLGR 00, 108). Der Bekl kann die Aufrechnung mit einer Vollstreckungsgegenklage (§ 767) geltend machen. Da die Aufrechnungslage erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses entstanden ist, ist der Bekl nicht präkludiert (§ 767 II).

IV. Streitwert.

 

Rn 5

Da alle Anträge denselben Gegenstand betreffen, wenn der Kl für den Fall der Nichterfüllung seines Leistungsantrages zusätzlich Fristsetzung und Verurteilung des Bekl zur Zahlung von Schadensersatz begehrt, werden ihre Werte wegen der wirtschaftlichen Identität nicht zusammengerechnet (Frankf AGS 11, 446 [OLG Jena 24.06.2011 - 1 WF 276/11]). Maßgeblich ist der Antrag mit dem höheren Wert (BGH NJW-RR 18, 331 [BGH 28.09.2017 - V ZB 63/16]).

C. Hinweise zur Verhandlung und Prozesstaktik.

 

Rn 6

Unter den Voraussetzungen des § 259 kann die befristete Herausgabeklage nach § 255 mit einer unter die Bedingung der Nichtherausgabe gestellten Schadensersatzklage verbunden werden (BGH NJW-RR 18, 331 [BGH 28.09.2017 - V ZB 63/16]; München NJW-RR 18, 1245 [OLG München 08.08.2018 - 7 U 4106/17]). Für die erforderliche Besorgnis der Nichterfüllung des Schadensersatzanspruchs genügt es, wenn der Schuldner den Anspruch ernsthaft bestreitet (BGH NJW-RR 05, 1518).

 

Rn 7

Will Gläubiger im Fall der Klagehäufung neben Herausgabe und Fristsetzung zusätzlich Schadensersatz statt Leistung, muss er im Antrag oder durch Erklärung im Schriftsatz deutlich machen, ob in seinem Klagebegehren bereits das bedingte Schadensersatzverlangen liegt oder ob er sich das Wahlrecht erhalten will. Diese Klarstellung erfolgt entweder durch Erklärung im Antrag für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der Frist die Primärleistung abzulehnen oder den Schadensersatzantrag unter die weitere Bedingung eines nach Fristablauf erklärten Schadensersatzverlangens zu stellen. Ohne diese Klarstellung ist in dem nur unter die Bedingung des fruchtlosen Fristablaufs gestellten Schadensersatzantrag ein entsprechendes bedingtes Schadensersatzverlangen zu sehen. Dann ist mit Fris...

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