Rn 4

Die Vorschrift gilt nur, wenn der Kläger – auch eine juristische Person (EuGH NJW 93, 2431) – seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz (BGH NJW-RR 05, 148, 149 [BGH 30.06.2004 - VIII ZR 273/03]) nicht in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR (zusätzlich zu den EU-Staaten: Island, Liechtenstein, Norwegen) hat. Der gewöhnliche Aufenthalt wird nach dem Lebensmittelpunkt, dem Schwerpunkt seiner Bindungen bestimmt (BGH NJW 75, 1068 [BGH 05.02.1975 - IV ZR 103/73]; 93, 2047, 2048 [BGH 03.02.1993 - XII ZB 93/90]). Der Sitz juristischer Personen richtet sich nach § 17. Korrespondierend mit der Maßgeblichkeit des gewöhnlichen Aufenthaltes bei natürlichen Personen ist der Verwaltungssitz maßgebend, dh der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, mithin der Ort, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden. Somit kommt es nicht auf den Gründungssitz an. Ob die Gesellschaft an diesem Ort über Vermögen verfügt, ist ohne Belang. Hat eine juristische Person ihren Verwaltungssitz im EU- oder EWR-Raum, muss sie keine Sicherheit leisten (BGH NJW-RR 17, 1320 [BGH 23.08.2017 - IV ZR 93/17] Rz 15, 25); umgekehrt gilt § 110, wenn die juristische Person im Inland und an ihrem satzungsgemäßen Sitz keine Geschäftsräume oder eine tatsächlich dauerhafte zustellungsfähige Anschrift unterhält und sich der Verwaltungssitz außerhalb des EU-/EWR-Raumes befindet (Karlsr NJW-RR 08, 944, 945). Kommen mehrere Orte als Sitz in Betracht ist es nicht erforderlich, dass sich alle in einem Mitgliedstaat befinden. Entscheidend ist, dass sich der Unternehmenssitz und die Zustellmöglichkeit auf EU-, bzw. EWR-Gebiet befinden und kein Ort in einem Drittstaat als mgl Unternehmenssitz in Betracht kommt (BGH MDR 16, 1109, 1110 [BGH 21.06.2016 - X ZR 41/15]). Keine Pflicht zur Sicherheitsleistung besteht, wenn der im EU/EWR-Raum ansässige Kl seine Forderung von einer außerhalb des Gebietes ansässigen Person erworben hat. In diesen Fällen droht nicht eine von § 110 zu vermeidende Auslandsvollstreckung (auch nicht, wenn die dt GmbH vermögenslos ist, BGH NJW 84, 2762 [BGH 13.06.1984 - IVa ZR 196/82] zu § 110 aF; differenzierender Hambg RIW 81, 196). Eine gewillkürte Prozessstandschaft von EU/EWR-ansässigen Klägern für Gebietsfremde ist grds unzulässig (vgl Musielak/Voit/Foerste § 110 Rz 4). Klagt eine Partei kraft Amtes (Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter), ist entscheidend, wo das verwaltete Vermögen liegt, da dies für die Schutzwürdigkeit des Beklagten erheblich ist; besteht auch inländisches Vermögen, ist zu fragen, ob dies eine ausreichende Sicherheit bietet, Abs 2 Nr 3 (Musielak/Voit/Foerste § 110 Rz 4). Nicht maßgebend ist die Staatsangehörigkeit des Klägers (BGH NJW-RR 18, 1458 [BGH 23.10.2018 - XI ZR 549/17] Rz 13; LG Karlsruhe IPRax 05, 145 [LG Karlsruhe 02.10.2003 - 8 O 139/03]). Aufenthalt und Nationalität des Beklagten spielen ebenfalls keine Rolle.

 

Rn 5

Die Vorschrift gilt im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren, sobald auf Widerspruch mündliche Verhandlung angeordnet wird. Dies ergibt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen. Die vorherige Nichtanwendbarkeit – denkbar etwa bei Antragstellung in einer Schutzschrift – folgt nicht aus dem Wortlaut. Dieser spricht zwar nur von Klagen und im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren werden die Parteien erst bei stattfindender mündlicher Verhandlung als Arrest- bzw Verfügungskläger bezeichnet. Maßgebend ist vielmehr das vorrangige Eilinteresse des Arrest- bzw Verfügungsgläubigers. Wird mündliche Verhandlung anberaumt, tritt das Beschleunigungsinteresse zurück und überwiegt das Schutzinteresse des Beklagten. Der Sinn der Ausländersicherheit, den Beklagten vor den Risiken der Vollstreckung seiner Kostenforderung zu schützen, gebietet dann eine Anwendung auch im Eilverfahren (LG Hamburg IPRax 04, 528, 529; Leible NJW 95, 2817, 2819; Stürner IPRax 04, 513 ff [LG Hamburg 24.01.2003 - 327 O 386/02]; aA LG Bonn v 22.2.19 – 31 O 3/19, juris Rz 25; LG Hamburg v 28.2.2017 – 327 O 29/17 – juris Rz 37 – generell keine Anwendung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren).

 

Rn 6

Keine Anwendung findet die Vorschrift im Mahnverfahren vor Übergang ins streitige Verfahren, im Aufgebotsverfahren, im Verfahren der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen oder schiedsrichterlichen Vergleichen, §§ 1051–1058, 1060 ff (BGHZ 52, 321, 322 ff = BGH NJW 69, 2089) und im selbstständigen Beweisverfahren. Nicht anwendbar ist die Regelung in FGG- und Familienverfahren. Mangels Vergleichbarkeit der Grundsätze zur Kostentragung, § 81 I 1 FamFG (Billigkeit) scheidet auch eine analoge Anwendung aus (Frankf OLGR 05, 320; MüKoZPO/Schulz § 110 Rz 6; aA Musielak/Voit/Foerste § 110 Rz 2 für echte Streitverfahren).

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