Gesetzestext

 

(1) 1Für die Entgegennahme und Übermittlung von Anträgen natürlicher Personen auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (Übermittlungsstelle). 2Die Landesregierungen können die Aufgaben der Übermittlungsstelle einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte durch Rechtsverordnung zuweisen. 3Sie können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 4§ 21 Satz 1 des Auslandsunterhaltsgesetzes bleibt unberührt.

(2) 1Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die in Artikel 16 Abs. 1 der Richtlinie 2003/8/EG vorgesehenen Standardformulare für Anträge auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe und für deren Übermittlung einzuführen. 2Soweit Standardformulare für Anträge auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe und für deren Übermittlung eingeführt sind, müssen sich der Antragsteller und die Übermittlungsstelle ihrer bedienen.

(3) 1Die Übermittlungsstelle kann die Übermittlung durch Beschluss vollständig oder teilweise ablehnen, wenn der Antrag offensichtlich unbegründet ist oder offensichtlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/8/EG fällt. 2Sie kann von Amts wegen Übersetzungen von dem Antrag beigefügten fremdsprachigen Anlagen fertigen, soweit dies zur Vorbereitung einer Entscheidung nach Satz 1 erforderlich ist. 3Gegen die ablehnende Entscheidung findet die sofortige Beschwerde nach Maßgabe des § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 statt.

(4) 1Die Übermittlungsstelle fertigt von Amts wegen Übersetzungen der Eintragungen im Standardformular für Anträge auf Prozesskostenhilfe sowie der beizufügenden Anlagen

a) in eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats der zuständigen Empfangsstelle, die zugleich einer der Amtssprachen der Europäischen Union entspricht, oder
b) in eine andere von diesem Mitgliedstaat zugelassene Sprache.

2Die Übermittlungsstelle prüft die Vollständigkeit des Antrags und wirkt darauf hin, dass Anlagen, die nach ihrer Kenntnis zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind, beigefügt werden.

(5) 1Die Übermittlungsstelle übersendet den Antrag und die beizufügenden Anlagen ohne Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten an die zuständige Empfangsstelle des Mitgliedstaats des Gerichtsstands oder des Vollstreckungsmitgliedstaats. 2Die Übermittlung erfolgt innerhalb von 14 Tagen nach Vorliegen der gemäß Absatz 4 zu fertigenden Übersetzungen.

(6) 1Hat die zuständige Stelle des anderen Mitgliedstaats das Ersuchen um Prozesskostenhilfe auf Grund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers abgelehnt oder eine Ablehnung angekündigt, so stellt die Übermittlungsstelle auf Antrag eine Bescheinigung der Bedürftigkeit aus, wenn der Antragsteller in einem entsprechenden deutschen Verfahren nach § 115 Abs. 1 und 2 [jetzt] § 115 Abs. 1 bis 3 als bedürftig anzusehen wäre. 2Absatz 4 Satz 1 gilt für die Übersetzung der Bescheinigung entsprechend. 3Die Übermittlungsstelle übersendet der Empfangsstelle des anderen Mitgliedstaats die Bescheinigung der Bedürftigkeit zwecks Ergänzung des ursprünglichen Ersuchens um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe.

A. Übermittlungsstellen.

 

Rn 1

Die deutschen Übermittlungsstellen (Amtsgerichte, ggf konzentrierte Zuständigkeit gem Abs 1 S 2 sowie in Unterhaltssachen gem § 21 I AUG) können dem europäischen Gerichtsatlas unter https://e-justice.europa.eu/content_legal_aid-390-de.do unter Angabe der Postleitzahl entnommen werden. Bei den Amtsgerichten ist funktional der Rechtspfleger zuständig (§ 20 Nr 6 RPflG).

B. Formulare und Übersetzungen.

 

Rn 2

Im Europäischen Gerichtsatlas (s.o. Rn 1) sind auch die in der Vorschrift genannten Formulare (Übermittlungsantrag und eigentlicher PKH-Antrag) abrufbar. Die Formulare sind vom Antragsteller in deutscher Sprache auszufüllen. Der zu übermittelnde PKH-Antrag wird dann ggf samt Anlagen von der Übermittlungsstelle in die im Empfangsmitgliedstaat vorgeschriebene Sprache (ermittelbar über den Europäischen Gerichtsatlas) übersetzt. Die Übersetzung erfolgt vAw auf Kosten der Übermittlungsstelle. Allerdings sind dem Antragsteller die Übersetzungskosten aufzuerlegen, wenn der PKH-Antrag im Empfangsmitgliedstaat scheitert (§ 28 III GKG, vgl Art 13 VI der RL).

C. Ablehnung durch Übermittlungsstelle.

 

Rn 3

Die Übermittlungsstelle kann die Übermittlung in den Fällen des Abs 3 durch Beschl ablehnen, zB bei erheblichen formalen Mängeln des Antrags und unvollständigen Angaben (Hamm 3.2.10 – 5 WF 11/10).

D. Bedürftigkeitsbescheinigung.

 

Rn 4

Abs 6 ermöglicht die Ausstellung einer Bedürftigkeitsbescheinigung nach den Maßstäben des deutschen Rechts um in Fällen zu helfen, in denen der Antragsteller aufgrund der im Forumstaat gegebenen Verhältnisse dort nicht als bedürftig erscheint, angesichts der in Deutschland ggf höheren Lebenshaltungskosten aber trotzdem die Prozesskosten nicht tragen kann (Art 5 IV der RL und § 1078 III für den spiegelbildlichen Fall).

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