Gesetzestext

 

(1) Vor der Festsetzung von Ordnungsmitteln ist der Verpflichtete zu hören. Dies gilt auch für die Anordnung von unmittelbarem Zwang, es sei denn, dass hierdurch die Vollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert würde.

(2) Dem Verpflichteten sind mit der Festsetzung von Ordnungsmitteln oder der Anordnung von unmittelbarem Zwang die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

(3) Die vorherige Durchführung eines Verfahrens nach § 165 ist nicht Voraussetzung für die Festsetzung von Ordnungsmitteln oder die Anordnung von unmittelbarem Zwang. Die Durchführung eines solchen Verfahrens steht der Festsetzung von Ordnungsmitteln oder der Anordnung von unmittelbarem Zwang nicht entgegen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

§ 92 enthält ergänzende Bestimmungen für die Durchführung des Vollstreckungsverfahrens bei Titeln, die auf Herausgabe einer Person oder die Regelung von Umgang gerichtet sind. Nach Abs 1 ist der Verpflichtete vor der Festsetzung von Ordnungsmitteln grds zu hören. Nach Abs 2 trägt er auch die Kosten, die durch die Festsetzung von Ordnungsmitteln oder durch die Anordnung von unmittelbarem Zwang entstanden sind. Abs 3 legt zudem fest, dass die Durchführung eines Vermittlungsverfahrens nach § 165 eine Festsetzung von Ordnungsmitteln oder eine Anordnung von unmittelbarem Zwang nicht hindert, für diese aber auch keine Voraussetzung ist.

B. Anhörung (Abs 1).

 

Rn 2

Vor Erlass eines Beschlusses, durch den ein Ordnungsmittel festgesetzt oder unmittelbarer Zwang angeordnet wird, ist der Verpflichtete zu hören. Dadurch wird dem Verfassungsgebot des rechtlichen Gehörs (Art 103 I GG) entsprochen. Die Anhörung kann persönlich oder schriftlich, per Telefon oder E-Mail erfolgen (BeckOK-FamFG/Sieghörtner Rz 1). Ist der Verpflichtete anwaltlich vertreten, genügt auch allein die Anhörung seines Verfahrensbevollmächtigten.

 

Rn 3

Umstritten ist, ob in Kindschaftssachen zudem die §§ 159–162 zu beachten sind (dafür MüKoFamFG/Zimmermann Rz 2; Haußleiter/Gomille Rz 2; aA Karlsr FamRZ 15, 2000; Nürnbg FamRZ 18, 596; Prütting/Helms/Hammer Rz 3). Zum Schutze der Effektivität der Durchsetzung des Titels erfolgt im Vollstreckungsverfahren gerade keine umfassende Kindeswohlprüfung des Titels mehr, sodass auch die §§ 159 ff richtigerweise keine Anwendung finden, sondern durch die hinsichtlich der Anhörungsvoraussetzungen abschließenden §§ 86 ff verdrängt werden.

 

Rn 4

Eine Anhörung des Verpflichteten hat grds auch vor einer Anordnung von unmittelbarem Zwang zu erfolgen. Sie kann allerdings unterbleiben, wenn sie den Vollstreckungserfolg vereiteln oder gefährden würde (§ 92 I 2). Dies ist bspw der Fall, wenn zu befürchten ist, dass sich der Verpflichtete dem unmittelbaren Zwang durch Untertauchen entziehen oder die Maßnahme bei einer vorherigen Anhörung zu spät kommen würde.

C. Kosten (Abs 2).

 

Rn 5

In dem Beschluss, der die Ordnungsmittel festsetzt oder den Einsatz von unmittelbarem Zwang anordnet, ist auch eine Entscheidung darüber zu treffen, wer die Kosten dieses Verfahrens zu tragen hat. Abweichend von §§ 87 V, 81 entscheidet das Gericht über diese Kosten nicht nach seinem Ermessen, sondern legt sie stets dem Verpflichteten auf.

D. Vermittlungsverfahren (Abs 3).

 

Rn 6

§ 92 III klärt die noch unter Geltung des FGG umstrittene Frage, ob vor der Festsetzung von Ordnungsmitteln bzw der Anordnung von unmittelbarem Zwang ein Vermittlungsverfahren nach § 165 durchzuführen ist (BeckOK-FamFG/Sieghörtner Rz 5 mwN).

 

Rn 7

Wie das Gesetz nun ausdrücklich klarstellt, ist dies nicht der Fall. Beide Verfahren sind voneinander unabhängig. Ein eingeleitetes und noch laufendes Vermittlungsverfahren hindert andererseits auch die weitere Durchführung der Vollstreckung grds nicht, solange das Gericht nicht eine Anordnung nach § 93 I 1 Nr 5 erlässt.

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