Rn 2

Nach § 243 entscheidet das Gericht über die Kostenverteilung in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen. Während in den Familienstreitsachen iSv § 112 Nr 2, 3 gem § 113 I 2 iVm §§ 91 ff über die Kosten zu entscheiden ist, ermöglicht § 243 in Unterhaltssachen eine flexibler und weniger formal zu treffende Kostenentscheidung. Hierzu besteht nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch deshalb Anlass, da in Unterhaltssachen dem Dauercharakter der Verpflichtung bei der Festsetzung des Verfahrenswerts nach § 51 FamGKG nur begrenzt Rechnung getragen werden kann (BTDrs 16/6308, 259). Die iRd Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden wesentlichen Gesichtspunkte der ZPO-Kostenvorschriften sind unter den Nr 1–4 aufgezählt. Insb kann nunmehr eine unterlassene oder ungenügende Auskunftserteilung stärker als bisher kostenrechtlich sanktioniert werden. Die in den Nr 1–4 aufgezählten Gesichtspunkte sind nicht abschließend (›insbesondere‹). So kann zB bei Erledigung in der Hauptsache der Rechtsgedanke des § 91a ZPO Berücksichtigung finden (München FuR 19, 549; Hamm MDR 18, 1504; FamRZ 13, 1510; Jena FamRZ 11, 491; aA Köln FamRZ 13, 1059: unmittelbare Anwendung von § 91a gem § 113 I 2); bei Rücknahme des Antrags der Rechtsgedanke des § 269 ZPO (Saarbr FamRZ 14, 1731; Köln FamRZ 11, 1246). Werden dem Antragsteller in einer Unterhaltssache wegen Antragsrücknahme gem § 243 die Kosten des Verfahrens auferlegt, unterscheidet sich dies inhaltlich nicht von einer Kostenentscheidung nach § 269 Abs 3 S 2 ZPO; dem Antragsteller ist deshalb die Gebührenermäßigung nach Nr 1221 KV-FamGKG zu gewähren (Bambg JurBüro 20, 262). Schließen die Beteiligten in einer Unterhaltssache einen Vergleich ohne Kostenregelung, ist die gesetzliche Wertung des § 98 ZPO (Kostenaufhebung) neben den weiteren, in § 243 S 2 als Regelbeispiele aufgeführten Gesichtspunkten zu berücksichtigen (BGH MDR 11, 1439 mwN; Frankf 10.11.20 – 4 WF 112/20, juris; Brandbg 19.9.16 – 13 WF 167/16, juris; Karlsr FamRZ 13, 1508; Stuttg FamRZ 13, 2007; Saarbr FamRZ 13, 1419). In der Rechtsmittelinstanz kann der Rechtsgedanke des § 97 II ZPO in die Kostenentscheidung einfließen. In Unterhaltssachen mit mehr als zwei Verfahrensbeteiligten richtet sich die Kostenentscheidung nach der Baumbachschen Formel, wobei das Ergebnis im Hinblick auf die Kriterien der Ermessensausübung nach § 243 FamFG ggf wertend zu korrigieren ist (Frankf NZFam 19, 627; AG Hambg 28.2.20 – 277 F 255/16, juris).

 

Rn 3

Auch wenn das Gericht grds in der Bewertung frei ist, welche Gewichtung den einzelnen Kriterien verliehen und wie damit letztlich die Kostenquote ermittelt wird, ist er verpflichtet, eine umfassende Ermessensprüfung anhand aller kostenrechtlich relevanten Umstände durchzuführen (BGH FamRZ 17, 816; 11, 1933). Dabei können materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche ebenso mit einbezogen werden, wie die Vermögensverhältnisse der Beteiligten (Frankf NZFam 19, 627 mwN).

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