Gesetzestext

 

(1) 1Entscheidungen, durch die im Ausland eine Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben, dem Ehebande nach oder unter Aufrechterhaltung des Ehebandes geschieden oder durch die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zwischen den Beteiligten festgestellt worden ist, werden nur anerkannt, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. 2Hat ein Gericht oder eine Behörde des Staates entschieden, dem beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung angehört haben, hängt die Anerkennung nicht von einer Feststellung der Landesjustizverwaltung ab.

(2) 1Zuständig ist die Justizverwaltung des Landes, in dem ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 2Hat keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist die Justizverwaltung des Landes zuständig, in dem eine neue Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet werden soll; die Landesjustizverwaltung kann den Nachweis verlangen, dass die Eheschließung oder die Begründung der Lebenspartnerschaft angemeldet ist. 3Wenn eine andere Zuständigkeit nicht gegeben ist, ist die Justizverwaltung des Landes Berlin zuständig.

(3) 1Die Landesregierungen können die den Landesjustizverwaltungen nach dieser Vorschrift zustehenden Befugnisse durch Rechtsverordnung auf einen oder mehrere Präsidenten der Oberlandesgerichte übertragen. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(4) 1Die Entscheidung ergeht auf Antrag. 2Den Antrag kann stellen, wer ein rechtliches Interesse an der Anerkennung glaubhaft macht.

(5) Lehnt die Landesjustizverwaltung den Antrag ab, kann der Antragsteller beim Oberlandesgericht die Entscheidung beantragen.

(6) 1Stellt die Landesjustizverwaltung fest, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen, kann ein Ehegatte, der den Antrag nicht gestellt hat, beim Oberlandesgericht die Entscheidung beantragen. 2Die Entscheidung der Landesjustizverwaltung wird mit der Bekanntgabe an den Antragsteller wirksam. 3Die Landesjustizverwaltung kann jedoch in ihrer Entscheidung bestimmen, dass die Entscheidung erst nach Ablauf einer von ihr bestimmten Frist wirksam wird.

(7) 1Zuständig ist ein Zivilsenat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Landesjustizverwaltung ihren Sitz hat. 2Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. 3Für das Verfahren gelten die Abschnitte 4 und 5 sowie § 14 Abs. 1 und 2 und § 48 Abs. 2 entsprechend.

(8) Die vorstehenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn die Feststellung begehrt wird, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Entscheidung nicht vorliegen.

(9) Die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen oder nicht vorliegen, ist für Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend.

(10) War am 1. November 1941 in einem deutschen Familienbuch (Heiratsregister) auf Grund einer ausländischen Entscheidung die Nichtigerklärung, Aufhebung, Scheidung oder Trennung oder das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe vermerkt, steht der Vermerk einer Anerkennung nach dieser Vorschrift gleich.

A. Anwendungsbereich.

 

Rn 1

§ 107 regelt die Anerkennung ausl Entscheidungen in Ehesachen.

I. Vorrangige Rechtsakte.

 

Rn 2

Vorrangige völkerrechtliche Abkommen (§ 97 I 1) bestehen mit der Schweiz u Tunesien (MüKoFamFG/Rauscher Rz 10f). Als europäische Regelung hat die Brüssel IIa-VO Vorrang (§ 97 I 2) für Ehesachen (§ 98 Rn 2). Art 21 ff Brüssel IIa-VO regeln die Anerkennung v Entscheidungen (Art 2 Nr 4 Brüssel IIa-VO) aus Brüssel-IIa-MS: Diese sind in allen anderen MS ohne weitere Nachprüfung anzuerkennen (Art 21 I Brüssel IIa-VO). Im Umgang mit Privatscheidungen ist zu differenzieren: solche mit nur deklaratorischer behördlicher bzw gerichtlicher Bestätigung oder Registrierung sind nach hL von der Brüssel IIa-VO nicht erfasst (offen EuGH IPRax 17, 90 – Sahyouni I; EuGH IPrax 18, 261 – Sahyouni II; ausf Pika/Weller IPRax 17, 65 f mwN); sehr str ist ihre Anwendbarkeit auf Privatscheidungen unter öffentlicher Kontrolle (bejahend zB Prütting/Helms/Hau § 98 Rz 7 – aA etwa Keidel/Dimmler Rz 7), für italienische Scheidung beim Zivilstandsbeamten bejahend KG FamRZ 20, 1215, der BGH hat die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (BeckRS 20, 32498). Ohne förmliches Verfahren wird über die Anerkennung grds inzident entschieden (Art 21 IV Brüssel IIa-VO), eine klarstellende Feststellung ist auf Antrag möglich (Art 21 III Brüssel IIa-VO, Verfahren nach § 32 iVm §§ 16 ff IntFamRVG).

II. Autonomes Recht.

 

Rn 3

Dem autonomen Anerkennungsverfahren unterliegen in Dänemark sowie in Drittstaaten ergangene rechtskräftige Entscheidungen in Ehesachen (KG FamRZ 19, 1534; MüKoFamFG/Rauscher Rz 21). ›Ehesache‹ ist weiter als in § 121 zu verstehen u erfasst neben Scheidungen mit oder ohne Auflösung des Ehebandes auch Eheaufhebungen, Ehenichtigerklärungen u Feststellungen über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe. Umstr ist die Anwendung auf gleichgeschlechtliche Ehen (hM befürwortend, vgl BeckOKFamFG/Sieghörtner Rz 13; MüKoFamFG/R...

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