Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Gefahrtarif 2008 der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe. Bäckerei- und Konditoreibetriebe. keine getrennte Veranlagung für den Vertrieb. gemeinsame Gefahrtarifstelle 1. Zuordnung nach dem Gewerbezweigprinzip. Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers

 

Leitsatz (amtlich)

Der Gefahrentarif 2008 der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten liegt, soweit er sich auf die Gefahrtarifstelle 1 mit dem Gewerbezweig "Bäckereien und Konditoreien" unter Verzicht der nach dem Gefahrtarif 2005 noch vorhandenen gesonderten Gefahrtarifstelle für den Vertrieb bezieht, innerhalb des dem Satzungsgeber durch § 157 SGB 7 eingeräumten Gestaltungsspielraums (Anschluss an LSG Stuttgart vom 15.4.2015 - L 3 U 3466/12, juris).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 14.07.2020; Aktenzeichen B 2 U 17/20 B)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 29. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auf 115.579,21 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif der Beklagten ab dem 1. Januar 2008 streitig. Insbesondere wendet sich die Klägerin, die gemäß bestandskräftigen und zwischen den Beteiligten auch nicht umstrittenen Bescheid vom 17. April 1991 der Zuständigkeit der Beklagten unterfällt, dagegen, dass sie ab dem 1. Januar 2008 ausschließlich in den Gefahrtarifstellen 01 (Bäckereien, Konditoreien Gefahrklasse 5,20) und Gefahrtarifstelle 19 (Bürobereiche Gefahrklasse 0,50) durch Veranlagungsbescheid vom 22. März 2008 veranlagt worden ist.

Vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2007 waren die Bereiche Büro, Produktion und Vertrieb zu getrennten Gefahrtarifstellen veranlagt. Auf Grundlage des Gefahrtarifs 2005 war der Gewerbezweig „Bäckereien/Konditoreien“ zur Gefahrtarifstelle 1 unter die Gewerbegruppe 11 „Herstellung von Back- und Konditoreiwaren, soweit nicht in Gefahrtarifstelle 2 genannt; Herstellung von Grundteigen, Teiglingen und Hefeklößen“ zur Gefahrklasse 6,0, der Vertrieb zur Gefahrtarifstelle 19 (Gefahrklasse 3,0) und das Büro zur Gefahrtarifstelle 18 (Gefahrklasse 0,8) veranlagt.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2008 verabschiedete die Beklagte in der Vertreterversammlung vom 28. Juni 2007 den hier streiterheblichen neuen Gefahrtarif. Dieser sah jetzt keine getrennte Veranlagung für den Vertrieb mehr vor. Lediglich der Bürobereich erhielt weiterhin eine eigene Gefahrtarifstelle (jetzt 19) mit der Gefahrklasse 0,5. Im Übrigen wurde der Gewerbezweig „Bäckereien/Konditoreien“ der Gefahrtarifstelle 1 unter die Gewerbegruppe 11 „Herstellung von Back- und Konditoreiwaren, soweit nicht in Gefahrtarifstelle 2 genannt; Herstellung von Grundteigen, Teiglingen und Hefeklößen“ mit der Gefahrklasse 5,2 zugeordnet.

Nach Maßgabe dieses Gefahrtarifes veranlagte die Beklagte die Klägerin - bis auf den Bürobereich - zur Gefahrtarifstelle 1 mit der Gefahrklasse 5,2; den Bürobereich wies sie der Gefahrtarifstelle 19, Gefahrklasse 0,5 zu (Bescheid vom 22. März 2008). Hiergegen legte die Klägerin am 14. April 2008 Widerspruch ein. Sie beanstandete, dass bei der Veranlagung ihres Unternehmens nicht berücksichtigt worden sei, dass ihr Vertriebsbereich aus 55 Filialen bestehe. Der Vertriebsbereich sei daher in entsprechender Anwendung des Gefahrtarifs der Berufsgenossenschaft Handel und Waren zu veranlagen. Die Filialbetriebe seien von dem handwerksmäßig betriebenen Produktionsbereich abgetrennt und verfügten über einen eigenen Personalstamm. Entgegen dem bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Gefahrtarif seien die Bereiche Büro, Produktion und Vertrieb nicht zu getrennten Gefahrtarifstellen veranlagt worden. Dies sei nach den Vorgaben der §§ 157 ff. des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) aber geboten.

Entsprechend der neuen Veranlagung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 08. April 2009 den Beitrag für das Jahr 2008 auf der Grundlage einer Schätzung nach § 165 Abs. 3 SGB VII i. H. v. 106.767,05 Euro fest. Hiergegen legte die Klägerin am 7. Mai 2009 fristgerecht Widerspruch ein und begehrte eine Korrektur im Hinblick auf die von ihr beanstandete falsche Zuordnung zu den Gefahrklassen. Mit Bescheid vom 9. Juli 2009 setzte die Beklagte den Beitrag für das Jahr 2008 endgültig auf 110.145,13 Euro, mit Bescheid vom 6. April 2011 den Beitrag für das Jahr 2009 auf 113.469,73 Euro und mit Bescheid vom 10. April 2011 den Beitrag für das Jahr 2010 auf 115.399,15 Euro fest. Sie wandte dabei jeweils die Veranlagung zu den Gefahrklassen wie im angefochtenen Bescheid vom 22. März 2008 an.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 25. Mai 2011 wies die Beklagte den eingelegten Widerspruch gegen den Veranlagungsbescheid vom 22. März 2008 und die Widersprüche gegen die Beitragsbescheide für die Jahre 2008 bis 2010 zurück. Der Veranlagungsbescheid sei nicht zu beanstanden. Der Vertrieb selbst hergestellter Wa...

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