Entscheidungsstichwort (Thema)

Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner

 

Orientierungssatz

1. Zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner ist erforderlich, dass der Befreiungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht gestellt wird.

2. Die Unkenntnis von der gesetzlichen Frist begründet nicht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich einer versäumten Dreimonatsfrist.

3. Es gehört zu den Pflichten des Krankenversicherungsträgers, versicherungspflichtige Rentner rechtzeitig über die Befreiungsmöglichkeit und die Kürze der dafür zur Verfügung stehenden Frist zu belehren. Für die Bejahung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs hinsichtlich einer Fristversäumnis ist Kausalität zwischen der Beratungspflichtverletzung und dem sozialrechtlichen Schaden erforderlich.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 26.08.2010 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zu befreien ist.

Die am 00.00.1956 geborene Klägerin erhält aufgrund eines Antrags vom 13.09.2006 von der Deutschen Rentenversicherung Bund seit dem 01.07.2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte die Rente mit Bescheid vom 15.05.2007, ab 01.07.2007 begann die monatlich laufende Rentenzahlung. Bis zum 19.04.2007 erhielt die Klägerin Krankengeld. Sie war mit einem am 04.05.2009 verstorbenen Beamten verheiratet. Seit dem 01.04.2009 ist sie bei der Beigeladenen gesetzlich krankenversichert.

Mit Bescheid vom 25.05.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass diese ab dem 01.07.2006 bei ihr in der KVdR pflichtversichert sei. Das Schreiben enthält den Hinweis: "Weitere Informationen hält unser Beratungsblatt Als Rentner TK-versichert für Sie bereit." Das Merkblatt enthält folgenden Hinweis: "Wer durch die Rentenbewilligung versicherungspflichtig wird, kann sich hiervon befreien lassen. Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht gestellt werden." Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob das Merkblatt dem Bescheid vom 25.05.2007 tatsächlich beigefügt war.

Mit Schreiben vom 29.09.2007 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe "erst jetzt durch Zufall" erfahren, dass für sie die Möglichkeit bestehe, über ihren Ehemann beihilfeberechtigt zu sein, solange sie die Einkommensgrenze von 18.000,00 EUR nicht überschreite. Mit Schreiben vom 11.09.2007 habe ihr die Rheinische Versorgungskasse mitgeteilt, dass ihre Einkünfte aus einer betrieblichen Altersversorgung unter diesem Betrag lägen. Da sie seit ca. 20 Jahren mit einer Zusatzversicherung bei der privaten Versicherungsgesellschaft ihres Mannes versichert sei, habe sie diese beauftragt zu prüfen, ob und zu welchen Konditionen eine Aufnahme in die private Krankenversicherung möglich wäre. Sie habe den Mitarbeiter der privaten Krankenversicherung gebeten, die Prüfung schnellstmöglich abzuschließen und werde die Beklagte umgehend vom Ergebnis in Kenntnis setzen. Mit Schreiben vom 16.10.2007, das bei der Beklagten am 17.10.2007 einging, teilte die Klägerin mit, dass sie sich privat krankenversichern könne. Sie beantragte eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR zum 31.10.2007.

Mit Bescheid vom 22.10.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht zu stellen sei. Die Klägerin habe diesen Antrag nicht fristgerecht gestellt. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht sei daher nicht möglich.

Im Widerspruchsverfahren erklärte die Klägerin, dass sie keinerlei Kenntnis von der Antragsfrist gehabt habe. Das von der Beklagten erwähnte Beratungsblatt habe sie nicht erhalten. Daher sei ihr Wiedereinsetzung in die Antragsfrist zu gewähren, jedenfalls sei es der Beklagten nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verwehrt, sich auf den Fristablauf zu berufen.

Mit Bescheid vom 12.12.2007 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Gem. § 8 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 SGB V sei der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen. Die Klägerin unterliege ab dem 20.04.2007 der Versicherungspflicht in der KVdR. Der Antrag auf Befreiung sei erst im Oktober 2007, d.h. nicht fristgerecht bei der Beklagten eingegangen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 27 SGB X sei nach dem Urteil des BSG vom 09.02.1993 - 12 RK 28/92 - ausgeschlossen. Auch ein Beratungsfehler der Beklagten liege nicht vor. Die Klägerin sei im Zusammenhang mit dem Eintritt der Krankenversicherungspflicht nicht mit einem Beratun...

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