Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur gerichtlichen Nachprüfung, Umfang, Inkrafttreten und Anforderungen an die Begründung einer Entscheidung einer Schiedsstelle für die Pflegeversicherung. externer Vergleich der Entgeltgestaltung

 

Orientierungssatz

1. Die Entscheidung einer Schiedsstelle für die Pflegeversicherung nach § 85 Abs 5 SGB 11 unterliegt nur der eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung.

2. Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung von Vergütungsvereinbarungen durch das Schiedsamt ist auf die Prüfung beschränkt, ob der Entscheidung zutreffend ermittelte Tatsachen zugrunde gelegt worden sind, ob das Schiedsamt die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes eingehalten und sein Gestaltungsermessen - soweit ihm ein solches zukomme - sachgerecht ausgeübt hat (vgl BSG vom 19.3.1997 - 6 RKa 36/96 = SozR 3-2500 § 85 Nr 20).

3. Die Festsetzung der Pflegesätze auf der Grundlage von Durchschnittsbeträgen der Vergütungen anderer Einrichtungen ist unter Berücksichtigung des zentralen Anliegens der Pflegeversicherung, zu individuellen Vergütungsvereinbarungen mit den Pflegeeinrichtungen zu kommen, die Heranziehung von Durchschnittsberechnungen nicht geboten. Soweit auf die Entgeltgestaltung anderer Einrichtungen Bezug genommen wird, muss ggf dargelegt werden, worauf im Einzelnen abgestellt wurde.

4. Auch wenn an die Begründung einer Schiedsstellenentscheidung keine übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, sind die wesentlichen Gründe für eine Beanstandung der Kalkulationsgrundlagen zu nennen, weil ansonsten eine sachgerechte Überprüfung der Entscheidung weder für die Beteiligten, noch für die Gerichte möglich ist.

5. Das Inkrafttreten des Schiedsspruches zum Zeitpunkt des Eingangs des Schiedsantrages bei der Schiedsstelle ist sachgerecht. Auch unter Berücksichtigung der Regelung in § 85 Abs 6 S 2 SGB 11, wonach ein rückwirkendes Inkrafttreten von Pflegesätzen nicht zulässig ist, erscheint es zweckmäßig, auf den Zeitpunkt des Eingangs des Schiedsantrages abzustellen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.12.2000; Aktenzeichen B 3 P 19/00 R)

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Aufhebung einer Schiedsstellenentscheidung.

Die Klägerin betreibt eine zur Versorgung zugelassene vollstationäre Pflegeeinrichtung im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (PflVG). Die Vergütung bestimmte sich bis einschließlich 1997 nach der ersten Alternative der Übergangsbestimmungen in Artikel 49 a PflVG. Der Versuch einer Einigung der Beteiligten über die ab 1.1.1998 zu zahlenden Pflegesätze im sogenannten vereinfachten Pflegesatzverfahren (Aufforderung zu den Verhandlungen durch die Klägerin unter dem 13.10.1997) scheiterte. Die Beigeladene zu 3) machte im Zuge der weiteren Verhandlungen unter dem 22.12.97 folgendes Angebot:

Pflegeaufwand

55,74

73,20

111,46

Unterk/Verpfl

31,20

31,20

31,20

Pflegesätze

86,94

104,40

142,66

insg.

Am 2. Januar 1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Festsetzung der Pflegesätze. Mit ihrem Antrag machte sie geltend, die Beigeladene zu 3) habe als Vertreterin der Landesverbände der Pflegekassen in dem Angebot vom 22.12.97 die Behandlungspflege und den Sozialdienst nicht hinreichend berücksichtigt. Auch sei sie ihrer Personalkostenkalkulation mit der Erwägung entgegengetreten, daß sie den Anteil der geringfügig Beschäftigten auf 20% erhöhen könne. Dieses Ansinnen stehe indessen mit dem Versorgungsvertrag nicht in Einklang und sei auch mit der Aufrechterhaltung eines angemessenen Leistungsstandards nicht zu vereinbaren. Die vorgenommenen Kürzungen bei den Fremdleistungen (Wäsche, Gebäudereinigung), dem Verwaltungsbedarf und dem Pflegesachaufwand fänden im Gesetz keine Grundlage. Die BSHG-bezogenen Pflegesätze, die auch ab dem 1.1.1998 Geltung hätten, betrügen unter Berücksichtigung von Pflege, Kost, Logis und Investitionsfolgekostenanteil von DM 38,94 in Pflegestufe G 115,60 DM, Stufe I 138,70 DM, Stufe II 161,80 DM und in Stufe III 184,90 DM. Die Klägerin beantragte für die Zeit ab 1.1.1998 folgende Pflegesätze:

Pflegeaufwand

81,47

106,29

146,59

Unterk/Verpfl.

43,47

43,47

43,47

Pflegesätze

124,94

149,76

190,06

insg.

Diesen Pflegesätzen lägen unter anderem Personalkosten für die Versorgung von zwei Wachkomapatienten in Höhe von 265.000,- DM zu Grunde.

Die Beigeladenen wiesen im Schiedsstellenverfahren darauf hin, daß die unterschiedlichen Personalkostenansätze in den verschiedenen Pflegesatzkalkulationen der Klägerin erklärungsbedürftig seien. Ferner sei aus wirtschaftlichen Gründen eine Veränderung der Stellenstruktur zu erwägen. Die gesonderte Berechnung der Kosten für die Wachkomapatienten sei nach dem SGB XI nicht zulässig. Sie beantragten die Festsetzung folgender Pflegesätze:

Pflegeaufwand

61,68

82,32

127,56

Unterk/Verpfl.

31,77

31,77

31,77

Pflegesätze

93,45

114,09

159,33

insg.

Auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5.2.1998 erließ die Beklagte am gleichen Tage folgenden Schiedsspruch:

"Vom 5.2.1998 bis zum 31.12.1998 werden als Pflegeentgelt DM 68,95 (Pflegestufe I), DM 89,64 (Pflegestufe I...

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