Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ordnungsgeld. Beschwerdeverfahren. Entscheidung des LSG bei nachträglicher Entschuldigung des Ausbleibens des Zeugen. kein zusätzlicher Beschluss des SG

 

Leitsatz (amtlich)

Das Landessozialgericht ist nicht gehindert, im Beschwerdeverfahren des Zeugen gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes selbst über nachträglich vorgetragene Entschuldigungsgründe für das Ausbleiben zu entscheiden; eines zweiten Beschlusses des Sozialgerichts bedarf es nicht (vgl dazu LSG Celle-Bremen 26.4.2012 - L 15 SF 8/12 B (AS)).

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 4. Juni 2012 aufgehoben.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 500,00 € sowie gegen die Auferlegung der durch ihr Ausbleiben im Termin vom 31. Mai 2012 verursachten Kosten.

Die Beschwerdeführerin ist Allein-Geschäftsführerin der B. Hausmeisterdienst und Gebäudemanagement GmbH und war in einem beim Sozialgericht (SG) Hannover anhängigen Klageverfahren S 69 AL 226/07 eines ihrer früheren Mitarbeiter zu dem auf den 31. Mai 2012 festgesetzten Termin als Zeugin geladen worden. Die Ladung zu dem Termin wurde ihr ausweislich der Zustellungsurkunde am 13. April 2012 zugestellt.

Zum Termin am 31. Mai 2012 erschien die Beschwerdeführerin nicht, und sie teilte ihr Ausbleiben dem SG auch nicht zuvor mit. Mit Beschluss vom 4. Juni 2012 hat das SG der Beschwerdeführerin daraufhin die durch ihr Ausbleiben im Termin vom 31. Mai 2012 verursachten Kosten auferlegt und zugleich gegen sie ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, für je 250,00 € einen Tag Ordnungshaft festgesetzt. Die Beschwerdeführerin sei trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne Angabe von Gründen nicht zum Termin erschienen. Auf die möglichen Folgen des Ausbleibens ohne genügende Entschuldigung sei sie hingewiesen worden. Der Beschwerdeführerin sei aufgegeben worden, im Falle der Verhinderung unter Darlegung der Gründe rechtzeitig eine Entbindung zum Erscheinen zu beantragen. Durch ihr Nichterscheinen habe die Zeugenvernehmung nicht durchgeführt werden können.

Gegen den der Beschwerdeführerin am 14. Juni 2012 zugestellten Beschluss vom 4. Juni 2012 hat sie am 26. Juni 2012 Beschwerde erhoben. Die Säumnis sei durch ein Büroversehen des Sekretariats der Beschwerdeführerin entstanden. Der Termin für die Zeugenvernehmung sei von der Beschwerdeführerin an ihr Sekretariat abgegeben, jedoch nicht im Terminverwaltungssystem MS Outlook eingetragen gewesen. Bisher habe es noch nie ein Terminversehen ihrer Sekretärin und Buchhalterin, Frau C., und somit auch keinen Grund zur verstärkten Überwachung gegeben. Frau D. sei sorgfältig ausgewählt, mit dem Outlook versiert und sehr zuverlässig. In ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 15. Juni 2012 erklärt Frau D., sie sei der festen Überzeugung, den Termin am 31. Mai 2012 eingetragen zu haben. Tatsächlich war der Termin jedoch nicht eingetragen, und es erfolgte auch nicht wie sonst üblich eine Erinnerung an den Termin über Outlook. Sie könne sich nur erklären, dass der Termin aufgrund vorheriger Probleme mit der Hardware und dem Neuaufspielen von Programmen im System nicht gesichert worden sei. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass deshalb kein Verschulden an der Säumnis vorliege. Zudem sei sie am 31. Mai 2012 arbeitsunfähig erkrankt. Hierzu reichte die Beschwerdeführerin eine von ihrer behandelnden Zahnärztin, Frau Dr. E., am 31. Mai 2012 festgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 31. Mai 2012 bis 4. Juni 2012 ein. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei wegen einer sehr schmerzhaften postoperalen Entzündung im Kieferbereich erfolgt. Die Beschwerdeführerin habe den Mund kaum öffnen und nicht wohlartikuliert sprechen können. Diese Arbeitsunfähigkeit sei allerdings nicht kausal für das Nichterscheinen beziehungsweise die fehlende Entschuldigung gewesen. Wenn der Termin im Terminverwaltungssystem der Beschwerdeführerin eingetragen und mit der üblichen Vorfrist ersichtlich gewesen wäre, hätte sich die Beschwerdeführerin bei Gericht zuvor entschuldigt. Die Beschwerdeführerin versicherte, noch nie eine richterliche Ladung versäumt zu haben und bei der nächsten Terminierung in der Sache die Terminüberwachung nicht zu delegieren.

II.

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 380 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen, ohne dass es eines Antrages bedarf. Zugleich ist gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festzusetzen. Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn...

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