Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherung. Freie und Hansestadt Hamburg. alleinige Arbeitgeberin für in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis beschäftigte Rechtsreferendare. Verpflichtung zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Freie und Hansestadt Hamburg ist grundsätzlich alleinige Arbeitgeberin der von ihr nach dem derzeit geltenden Hamburgischen Landesrecht in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis beschäftigten Rechtsreferendare.

2. Werden diese einer Ausbildungsstation (hier: einer Rechtsanwaltskanzlei) zugewiesen, und erhalten sie von den dortigen Ausbildern in Anerkennung des wirtschaftlichen Nutzens ihrer zu Ausbildungszwecken ausgeübten Tätigkeit neben der von der Freien und Hansestadt Hamburg gezahlten Unterhaltsbeihilfe eine über der Geringfügigkeitsgrenze liegende zusätzliche Vergütung, handelt es sich sowohl bei der Unterhaltsbeihilfe als auch bei der zusätzlich gezahlten Vergütung um Arbeitsentgelt aus einem einheitlichen, nicht abtrennbaren (Ausbildungs)-Beschäftigungsverhältnis.

3. Hieraus folgt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg zur Zahlung des auf die Unterhaltsbeihilfe und die zusätzliche Vergütung entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung verpflichtet ist. Dass der zusätzlichen Vergütung eine Vereinbarung zwischen der Ausbildungsstelle und den Referendaren zugrunde liegt, auf welche die Freie und Hansestadt Hamburg keinen Einfluss hat oder nimmt, führt zu keiner anderen Beurteilung.

4. Der Senat folgt mit dieser Beurteilung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu vergleichbaren Sachverhalten und führt diese fort (vgl BSG vom 29.8.1963 - 3 RK 86/59 = BSGE 20, 6 = SozR Nr 41 zu § 165 RVO, vom 26.3.1998 - B 12 KR 17/97 R = SozR 3-2400 § 14 Nr 15, vom 3.2.1994 - 12 RK 18/93 = SozR 3-2400 § 14 Nr 8, vom 11.3.1970 - 3 RK 40/67 = BSGE 31, 66 = SozR Nr 10 zu § 1229 RVO, vom 19.12.2011 - B 12 KR 42/11 B, ferner das noch nicht im Volltext vorliegende Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 1/11 R = SozR 4-2400 § 14 Nr 16; in diesem Sinne auch LSG Erfurt vom 30.8.2005 - L 6 KR 718/03; zur Versicherungsfreiheit von Referendaren im Beamtenverhältnis auf Widerruf bereits BSG vom 31.5.1978 - 12 RK 48/76 = BSGE 46, 241 = SozR 2200 § 1229 Nr 7; 12 RK 49/76 = BB 1978, 1418; 12 RK 25/77 = SozR 2200 § 1229 Nr 8).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 31.03.2015; Aktenzeichen B 12 R 1/13 R)

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen. Die Kosten des Klageverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der beigeladenen Bundesagentur für Arbeit tragen die Klägerin zu 56 Prozent und die Beigeladene zu 1 zu 44 Prozent; im Übrigen tragen die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Streit der Beteiligten betrifft die Frage, ob die Klägerin verpflichtet ist, Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege und Arbeitslosenversicherung wegen Zahlungen abzuführen, die Rechtsreferendare und Rechtsreferendarinnen (im Folgenden: Referendare) neben der von der Klägerin gezahlten Unterhaltsbeihilfe von der Ausbildungsstelle erhielten, der sie zugewiesen waren.

Seit dem 01.08.2002 beruft die Klägerin Absolventinnen und Absolventen der Ersten Juristischen Staatsprüfung für den Vorbereitungsdienst nicht mehr in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf, sondern in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis (§§ 28 Abs. 1 Satz 1, 28a der hamburgischen Juristenausbildungsordnung ≪HmbJAO≫ in der Fassung des Zwölften Änderungsgesetzes vom 03.07.2002 ≪HGVBl. 2002, S. 122≫, ab 01.07.2003 §§ 36 Abs. 1 Satz 1, 37 des hamburgischen Juristenausbildungsgesetz ≪HmbJAG≫ vom 11.06.2003 ≪HmbGVBl. 2003, 156≫). Sie führen die Bezeichnung Referendarin oder Referendar (§ 28 Abs. 1 Satz 2 HmbJAO, § 36 Abs. 1 Satz 2 HmbJAG). Nach § 28a Abs. 2 HmbJAO bzw. § 37 Abs. 2 HmbJAG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Unterhaltsbeihilfe von Rechtsreferendaren (RRefUBV HA) vom 30.07.2002 (HmbGVBl. 2002, 216) erhalten die Referendare eine Unterhaltsbeihilfe von 850 € (seit 01.08.2008: 900 €) monatlich, die an Feiertagen und im Krankheitsfall ungekürzt fortgezahlt wird. Erhält ein Referendar ein Entgelt im Rahmen der Ausbildung von dritter Seite oder ein Entgelt für andere Tätigkeiten, so wird das 500 € übersteigende Entgelt zur Hälfte auf die Unterhaltsbeihilfe nach § 1 Abs. 1 Satz 1 RRefUBV HA angerechnet (§ 28a Abs. 2 Satz 2 HmbJAO, § 37 Abs. 2 Satz 2 HmbJAG in Verbindung mit § 3 RRefUBV HA). Referendaren wird nach beamtenrechtlichen Vorschriften eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährt (§ 28a Abs. 3 HmbJAO, § 37 Abs. 2 Satz 4 HmbJAG). Die Klägerin führt für die Referendare Beit...

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