Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage. Wiederholungsgefahr

 

Orientierungssatz

1. Nach § 131 Abs. 1 S. 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich nach Klageerhebung vor der gerichtlichen Entscheidung durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

2. Zur Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage ist u. a. eine bestehende konkrete Wiederholungsgefahr erforderlich; d. h. die nicht entfernt liegende Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage zwischen den Beteiligten (BSG Urteil vom 18. 7. 2019, B 8 SO 2/18 R). Dies ist ausgeschlossen, wenn die Leistungsbeziehungen zwischen den Beteiligten beendet sind und offen ist, ob ein neuer Anspruch erworben werden kann.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. August 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Zuweisung der Maßnahme „Ganzheitliche Eingliederung mit integrativem Ansatz“ an den Kläger.

Der 1968 geborene Kläger war von August 2011 bis zum 30. Juni 2017 als pädagogischer Mitarbeiter beim BW beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung. Ab dem 1. Juli 2017 war der Kläger arbeitslos und erhielt Arbeitslosengeld von der Beklagten.

Am 6. November 2017 wies die Beklagte den Kläger in eine „Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III des Dritten Buches Sozialgesetzbuch“ (SGB III) zu. Die Maßnahmebezeichnung lautete „Ganzheitliche Eingliederungsleistung mit integrativem Ansatz“, Zuweisungsbeginn war der 20. November 2017, Zuweisungsende der 19. Februar 2018. Das Schreiben ist mit Hinweisen zu Mitwirkungspflichten des Klägers versehen und mit einer Rechtsfolgenbelehrung für den Fall des Fernbleibens, des Abbruchs der Maßnahme oder des Ausschlusses wegen maßnahmewidrigen Verhaltens. Gegen das Schreiben, welches mit einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht versehen war, wendete sich der Kläger mit dem am 19. November 2017 erhobenen Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2017 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig, weil mit dem angefochtenen Schreiben Rechte weder begründet, noch geändert, entzogen oder festgestellt worden seien und es sich aus diesem Grund nicht um einen Verwaltungsakt handele.

Hiergegen wendete sich der Kläger mit Klage und Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Letzter blieb im Ergebnis in der zweiten Instanz erfolglos (S 14 AL 17/18 ER und L 2 AL 6/18 B ER). In dem die erstinstanzliche Entscheidung aufhebenden und den Antrag als unzulässig verwerfenden Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg (LSG) vom 19. Februar 2018 ist unter anderem ausgeführt:

„Entgegen der Auffassung des Antragstellers und des Sozialgerichts handelt es sich bei der „Zuweisung“ nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), sodass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese unzulässig sind. Auch wenn der Wortlaut missverständlich ist, handelt es sich bei der „Zuweisung“ um das Angebot einer Maßnahme zur beruflichen Eingliederung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III, das – unabhängig von dem überwiegend begünstigenden und nicht belastenden Charakter – bei fehlender Durchsetzbarkeit der Teilnahmeobliegenheit durch Verwaltungszwang noch keine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung im Sinne des § 31 SGB X trifft, sondern lediglich um eine behördliche Verfahrenshandlung, die der Vorbereitung der eigentlichen Sachentscheidung (Förderung bei Teilnahme an der Maßnahme oder Prüfung und ggf. Feststellung einer Sperrzeit bei Nichtteilnahme) dient (ebenso für das Angebot einer Trainingsmaßnahme nach §§ 48 ff. SGB III a.F.: Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Januar 2005 – B 11a/11 AL 39/04 R, SGb 2005, 594; für die Aufforderung zur Mitwirkung nach §§ 60 ff. Sozialgesetzbuch Erstes Buch ≪SGB I≫ mit dem Hinweis auf eine ansonsten mögliche Versagung nach § 66 SGB I: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. Juni 2015 – L 4 AS 242/15 B ER, juris). Es liegt auch kein durch die missverständliche Wortwahl begründeter sogenannter formeller Verwaltungsakt vor. Spätestens mit dem Widerspruchsbescheid hat die Beklagte auch aus Sicht eines verständigen Empfängers klargestellt, dass das Schreiben vom 6. November 2017 noch keinen Regelungsgehalt mit unmittelbarer Rechtswirkung für sich in Anspruch nimmt.“

Der Kläger hat an der Maßnahme bis zu deren Ende am 19. Februar 2018 teilgenommen. Vom 19. Februar 2018 bis zum 31. Juli 2018 war der Kläger bei der Freien und Hansestadt Hamburg als Sozialarbeiter beschäftigt. Im Anschluss daran bezog er erneut Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 12. Dezember 2018.

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