Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Familienversicherung. GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführerin. hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit. Gewinnerzielungsabsicht

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Ausschluss der Familienversicherung einer Ehefrau, die Gesellschafterin und (Mit-)Geschäftsführerin zweier GmbH ist.

 

Orientierungssatz

1. Tätigkeiten in Ausübung von Gesellschafterrechten (z.B. als Gesellschafter einer GmbH) sind keine selbständigen Erwerbstätigkeiten, wenn diese sich allein dem gesellschaftsrechtlichen Bereich zuordnen lassen. Insofern stellt sich auch der aus dem Halten von Gesellschaftsanteilen erzielte Gewinn nicht als typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundene Einkunftsart dar.

2. Organwalter juristischer Personen (z.B. die Geschäftsführerin einer GmbH), die neben der gesellschaftsrechtlichen Verbindung in einer weiteren Beziehung zur juristischen Person stehen und dabei Tätigkeiten ausüben, die nicht allein dem körperschaftlichen oder gesellschaftsrechtlichen Bereich zuzuordnen sind, oder die Aufgaben wahrnehmen, die hinsichtlich ihres Umfangs oder ihrer Art nach über das hinausgehen, was Satzung, Vertrag, Beschlüsse der Organe und allgemeine Übung an Arbeitsverpflichtungen festlegen, oder eine Vergütungsvereinbarung getroffen haben, üben grundsätzlich eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus (vgl ua BSG vom 29.02.2012 - B 12 KR 4/10 R = BSGE 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10 und vom 04.06.2009 - B 12 KR 3/08 R = SozR 4-2500 § 10 Nr 9).

3. Der Anwendungsbereich von § 15 Abs 1 Satz 1 SGB 4 ist allein auf die relevanten Einkünfte aus typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Tätigkeiten beschränkt und umfasst nicht etwa "jegliches" Einkommen aus selbständiger (nicht abhängiger) Tätigkeit.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juli 2011 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 18. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2009 wird aufgehoben, soweit er die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 13. Juni 2007 betrifft.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 13. Juni 2007 bei der Beklagten familienversichert war.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die am 1. Januar 1962 geborene Klägerin seit 2001 bei der Beklagten familienversichert ist.

Ihr Ehemann, der seit 1984 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen freiwillig versicherte Beigeladene zu 1), gründete im Herbst 1991 die G Garten- und Landschaftsbau GmbH (im Folgenden: GmbH) und war zunächst ihr einziger Gesellschafter und Geschäftsführer. § 7 des Gesellschaftsvertrages sieht vor, dass Beschlüsse der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden, soweit nicht das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit erfordert. Je 100.- DM eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Nachdem die Klägerin Ende 1997 unentgeltlich die Hälfte der GmbH-Anteile von ihrem Ehemann erhalten hatte, wurde sie im Laufe des Jahres 1998 als ebenfalls alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin in das Handelsregister eingetragen. Am 31. Mai 2001 beschlossen die Eheleute, “aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft und des deutlich verminderten Geschäftsumfangs„ den bis dahin bestehenden Anstellungsvertrag mit der Klägerin mit Wirkung zum 1. Juni 2001 aufzuheben. Das Büro der GmbH liegt im Keller der von der Klägerin, ihrem Ehemann und ihrem Sohn bewohnten Doppelhaushälfte.

Im Rahmen ihrer bis zum 31. Mai 2001 bei der Beklagten bestehenden freiwilligen Krankenversicherung hatte die Klägerin unter dem 26. September 2000 gegenüber der Beklagten angegeben, dass sie seit dem 1. Januar 2000 in ihrer selbständigen Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden ein monatliches Gehalt von 3.000 DM erhalte. Im Zusammenhang mit der ab 1. Juni 2001 bei der Beklagten durchgeführten Familienversicherung gab die Klägerin auf den entsprechenden Vordrucken jeweils an, dass sie weder in einem Arbeitsverhältnis stehe noch eine selbständige Tätigkeit ausübe und auch keinerlei Einkommen erziele.

Bereits mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Dezember 1998 hatten Frau S Er und die Klägerin die K Auto- & Motorrad-Ausstattungs GmbH (im Folgenden: K GmbH) gegründet, deren einzige Geschäftsführerin zunächst ebenfalls die Klägerin war. Der Unternehmensgegenstand dieser GmbH war der Handel mit Ersatzteilen, Zubehör und sonstiger Ausstattung für Autos und Motorräder aller Art im Einzel- und Großhandel sowie im Im- und Export sowie ab 2001 auch das Betreiben von gastronomischen Betrieben und die Beteiligung an diesen. Im November 2000 erhielt die K GmbH die unbefristete Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Betr...

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