Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Vorabentscheidung nach Art 234 EG. Anspruch auf Kostenerstattung für Notfallbehandlung in einer Privatklinik im EU-Ausland. Zulässigkeit der Beschränkung der Kostenerstattung bei individuell einzeln vertraglich geregelter Bezahlung der Sachleistung. Vereinbarkeit mit Art 18, 49 und 50 EG. rückwirkende Geltung von § 13 Abs 4 und 5 SGB 5. Kostenerstattung beim Fehlen der vorherigen Zustimmung. Transparenzgebot

 

Leitsatz (amtlich)

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:

Umfasst der Anspruch auf Kostenerstattung nach Art 34 Abs 4 und 5 VO 574/72 EWG (juris: EWGV 574/72) auch Kosten, die durch eine Notfallbehandlung einer zur Inanspruchnahme der Leistungen nach Art 31 VO 1408/71 EWG (juris: EWGV 1408/74) berechtigten Rentnerin in einer Privatklinik des Aufenthaltsortes veranlasst wurden, wenn das zuständige Krankenhaus die Behandlung als Sachleistung wegen Überlastung abgelehnt hat?

Kann eine Beschränkung der Kostenerstattung auf Erstattungssätze nach Art 34 Abs 4 VO 574/72 EWG (juris: EWGV 574/72) erfolgen, wenn die Bezahlung der Sachleistung der Krankenhäuser durch den zuständigen Träger nicht abstrakt-generell nach Sätzen erfolgt, sondern individuell einzeln vertraglich geregelt ist und zudem nach nationalem Recht auch keine Beschränkung der Sachleistung auf Behandlung in bestimmten Krankenhäusern besteht?

Ist eine nationale Vorschrift, nach der eine Erstattung der Kosten einer Behandlung in einem Privatkrankenhaus im EU-Ausland auch im Falle einer Notfallbehandlung ausgeschlossen ist, mit Art 49 und 50 sowie Art 18 EG vereinbar?

2. § 13 Abs 4 und 5 SGB 5 gelten auch rückwirkend für noch nicht bestandskräftig beschiedene Ansprüche.

3. Die Erstattung der Kosten einer Notfallbehandlung durch ein Krankenhaus im EU-Ausland darf entgegen § 13 Abs 3 S 1 SGB 5 nicht bereits wegen fehlender vorheriger Zustimmung abgelehnt werden.

4. Das Transparenzgebot verlangt Klarheit und Verständlichkeit einer Regelung.

 

Orientierungssatz

Az des EuGH: C-336/08

 

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Dem Europäischen Gerichtshof werden gemäß Artikel 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (in der Fassung des Amsterdamer Vertrages vom 2. Oktober 1997 - EG) folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:

1. Umfasst der Anspruch auf Kostenerstattung nach Art. 34 Abs. 4 und 5 VO 574/72 EWG auch Kosten, die durch eine Notfallbehandlung einer zur Inanspruchnahme der Leistungen nach Art. 31 VO 1408/71 EWG berechtigten Rentnerin in einer Privatklinik des Aufenthaltsortes veranlasst wurden, wenn das zuständige Krankenhaus die Behandlung als Sachleistung wegen Überlastung abgelehnt hat?

2. Kann eine Beschränkung der Kostenerstattung auf Erstattungssätze nach Art. 34 Abs. 4 VO 574/72 EWG erfolgen, wenn die Bezahlung der Sachleistung der Krankenhäuser durch den zuständigen Träger nicht abstrakt-generell nach Sätzen erfolgt, sondern individuell einzeln vertraglich geregelt ist und zudem nach nationalem Recht auch keine Beschränkung der Sachleistung auf Behandlung in bestimmten Krankenhäusern besteht.

3. Ist eine nationale Vorschrift, nach der eine Erstattung der Kosten einer Behandlung in einem Privatkrankenhaus im EU-Ausland auch im Falle einer Notfallbehandlung ausgeschlossen ist, mit Art. 49 und 50 sowie Art. 18 EG vereinbar?

 

Gründe

I.

Die 1936 geborene Klägerin ist bei der Beklagten hier in Deutschland als Rentnerin gesetzlich krankenversichert. Sie begehrt von ihr die Erstattung der Kosten einer Behandlung auf der Intensivstation eines Privatkrankenhauses in Spanien in Höhe von noch 9.115,34 €.

Sie hielt sich im August 2003 in Spanien auf. Sie hatte einen Krankenschein E 111 mitgenommen, war jedoch nicht privat reisekrankenversichert.

Am 02. August 2003 erkrankte sie mit Übelkeit, Erbrechen und Verschwommensehen. Am 03. August 2003 wurde sie im Krankenwagen zur Notfallstation in das öffentliche C-Krankenhaus M gefahren. Dort schickte man sie nach zehn Stunden wegen Bettenmangels ohne weitere Diagnostik wieder nach Hause. Nachdem sich am 06. August 2003 eine Lähmung der Beine entwickelt hatte, vermutete der hinzugezogene Notarzt einen Schlaganfall und wies die Klägerin erneut in das C-Krankenhaus ein. Die Notfallaufnahme des Krankenhauses wies sie ab, weil kein Bett frei sei, und leitete sie an das private U.Hospital weiter. Dort wurde sie aufgrund der Schwere der Erkrankung auf der Intensivstation aufgenommen.

Sie leidet seither an beinahe vollständiger Lähmung. Am 07. August 2003 trat zusätzlich eine Aspirationspneumonie ein. Die Klägerin wurde beatmungspflichtig. Eine Rückverlegung auf die Beatmungsstation des C Krankenhauses oder eine Verlegung in die Universitätsklinik M war mangels freier Beatmungsbetten bis zum 19. August 2003 nicht möglich. An diesem Tag wurde sie in das C Krankenhaus verlegt.

Die Privatklinik stellte der Klägerin am 19. August 2003 21.954,18 € Behandlungskosten in Rechnung. Von diesen Kosten erstattete die Beklagte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nac...

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