Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. stationäre Hilfe. Pflicht zur Übernahme sämtlicher Unterbringungskosten einschließlich des Barbetrags und der Bekleidungsbeihilfe durch den Sozialhilfeträger. kein Leistungsausschluss aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II. Berücksichtigung als Einkommen

 

Leitsatz (amtlich)

Der SGB 12-Leistungsträger hat bei einem Hilfeempfänger, der im Rahmen einer Maßnahme nach § 67 SGB 12 in einer Einrichtung untergebracht ist, die nach Abzug des Eigenanteils des Hilfeempfängers (SGB 2-Leistungen) verbleibenden ungedeckten Heimkosten zu tragen und daneben dem Hilfeempfänger auch den Barbetrag sowie die Bekleidungsbeihilfe - gegebenenfalls unter Anrechnung der nach Abzug des Eigenanteils verbleibenden SGB 2-Leistungen - zu gewähren (Festhaltung an LSG Stuttgart vom 18.4.2012 - L 2 SO 5276/10 = Sozialrecht aktuell 2012, 260). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die SGB 2-Leistungen aufgrund niedriger Pauschbeträge für die Kosten der Unterkunft niedriger ausfallen als vom SGB 12-Leistungsträger (aus einem anderen Bundesland) bei der Bedarfsberechnung zugrunde gelegt.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Oktober 2013 aufgehoben, der Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2013 abgeändert und der Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit Dezember 2010 bis Juni 2012 den Barbetrag und eine Bekleidungsbeihilfe abzüglich der der Klägerin nach Einbehalt ihres Eigenanteils verbleibenden SGB II-Leistungen zu gewähren.

Der Beklagte hat der Klägerin ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 30. Juni 2012 im Streit.

Die Klägerin bezog ab dem 1. Mai 2007 zunächst von der Landeshauptstadt M. und ab dem 1. Januar 2008 vom Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den Bestimmungen des 6. Kapitels SGB XII (Bl. 51 Verwaltungsakte -VA-). Seit dem 4. August 2010 befindet sich die zuvor wohnungslos gewesene Klägerin im J.-Haus (JIH), B., einer Facheinrichtung für wohnungslose Menschen (stationäres Wohnheim).

Am 5. August 2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten, ihr Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem SGB XII zu gewähren. Sie gab hierbei u.a. an, bei ihr bestehe eine Langzeitarbeitslosigkeit und Wohnungslosigkeit. Außerdem sei sie “trockene Alkoholikerin„ und leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Einkommen beziehe sie aktuell nicht. Rentenversichert sei sie durch “Arbeitslosengeld II-Empfang„ und Krankenversicherung als “Alg II-Empfängerin„. Weiter gab sie an, sich am 4. August 2010 arbeitsuchend gemeldet zu haben (Bl. 127 VA).

Ausweislich des im Zusammenhang damit vorgelegten Gesamtplanes/Hilfeplanes vom 22. Oktober 2010 gehörten zu den vereinbarten Maßnahmen unter anderem eine Teilnahme (täglich 5 bis 6 Stunden ) an einer Arbeitstherapie, regelmäßige Gespräche und Reflektion bei Konfliktsituationen, Hilfe zur Gestaltung des Alltages (Tagesrhythmus mit Essen, Hygiene, Arbeit, Einkauf, Freizeitgestaltung et cetera begleitet leben), Teilnahme an Freizeitaktivitäten, Begleitung bei Behördenangelegenheiten, Hilfestellung Richtung Verselbstständigung sowie bis Mai 2011 Mitarbeit in der tagesstrukturierenden Maßnahme des JIH, ab Mai 2011 Ein-Euro-Job, vermittelt durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Klägerin würde auch weiter an der tagesstrukturierenden Maßnahme teilnehmen. Derzeit arbeite sie im Haus im Bereich Reinigung und helfe in der Waschküche mit. Sie würde auch gerne in den hausinternen Bereich Verkauf in der Kleiderkammer reinschnuppern oder Telefondienste übernehmen (siehe im Einzelnen Bl. 132/137 VA).

Mit Bescheid vom 24. November 2010 gewährte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 30. Juni 2012 Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen gem. §§ 19 Abs. 1, 35, 82 bis 84 SGB XII (monatlich 632,00 €), einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (monatlich 96,93 €), eine Bekleidungsbeihilfe von jährlich maximal 342,00 € sowie Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten in Höhe von monatlich 993,64 €, soweit diese Leistungen nicht durch Eigenbeteiligungen der Klägerin gedeckt seien (Bl. 154 VA). Weiter führte der Beklagte aus, über den Einsatz von Einkommen und Vermögen gesondert zu entscheiden. Da die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin noch nicht abschließend geklärt seien, erbringe er die Hilfe als erweiterte Hilfe. Die Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen, den Barbetrag und die Bekleidungsbeihilfe erbringe er bis zur endgültigen Festsetzung eines Anspruchs auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II durch den zuständigen Hilfeträ...

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